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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Rekorde. Was sie ihm bieten konnte, waren häusliche Freuden – ein bequemes Heim und eine Familie. Aber wenn sie ihm das nicht schenken konnte, was dann?
    »Ich liebe dich, Jennie. Ehrlich«, hatte er gesagt, als er ihr den Antrag machte. Was sich für sie allerdings fast verzweifelt angehört hatte. Als habe er beschlossen, sie zu lieben, und versuche sich einzureden, dass er es auch tat. Und zwar sie und nicht Willa. Aber wenn sie das Kind verlor, das sie in sich trug, wenn er die Wahrheit über sie erfuhr, würde er sie verlassen. Dessen war sie sich sicher.
    Erneut drohte sie in Tränen auszubrechen. Instinktiv legte sie ihre Hände auf den Bauch. »Kannst du mich hören?«, flüsterte sie. »Bleib bei mir, Kleines, bitte bleib.«
    Schritte näherten sich dem Wohnzimmer. Schnell wischte sich Jennie die Tränen ab. Die Tür ging auf, und ihr Vater trat ein. Zuerst sah er sie wütend an, dann durchquerte er den Raum, legte die Hände auf ihre Schultern und sagte ruhig: »Ich wünschte, es wäre erst nach der Hochzeit passiert, aber ich muss gestehen, ich bin froh, dass es überhaupt passiert ist. Ich freue mich für dich, Jennie. Ehrlich. Es gibt keine größere Freude als ein Kind. Weil ich weiß, welche Freude du mir geschenkt hast.«
    »Danke, Dad«, antwortete sie mit brüchiger Stimme.
    »Ja. Gut. Kommen Sie rein, mein Junge!«, rief der Reverend. Die Tür ging auf, und Seamie trat ein. »Ich habe etwas Sherry in der Küche«, fügte der Reverend hinzu. »Ich hole ein paar Gläser. Ich finde, wir könnten alle einen Schluck vertragen.«
    Sobald er fort war, nahm Seamie Jennie in die Arme. »Er hat mir nicht den Kopf abgerissen!«, flüsterte er ihr zu. »Er hängt heute das Aufgebot aus und traut uns in drei Wochen.«
    »Ach, Seamie! Das ist wundervoll!«
    »Ja, das ist es. Ich bin so erleichtert. Er war viel netter, als ich erwartet hatte. Viel netter, als ich mich unter solchen Umständen verhalten würde.« Er legte die Hand auf Jennies Bauch. »Wenn es ein Mädchen wird, werde ich sie vor Kerlen wie mir beschützen.« Lachend fügte er hinzu: »Ich kann es gar nicht erwarten, dein Ehemann zu werden. Und der Vater unseres Kindes. Das ist alles, was ich mir wünsche, Jennie. Ehrlich.«
    Jennie lächelte schwach. Ein Gefühl der Angst packte sie, als sie ihn ansah. Sie versuchte, es abzuschütteln und sich einzureden, nicht albern, sondern dankbar zu sein für das winzige Leben, das in ihr wuchs. Für das Wunder, dessen sie teilhaftig wurde.
    Neun Monate, dachte sie. Das ist alles, was ich brauche. In neun Monaten hält er unser Kind in den Armen und ist glücklich. Glücklich über das Kind. Glücklich mit seinem Leben. Glücklich mit mir.

   20   
    D rei Millionen Pfund. Für Boote«, sagte Joe Bristow. Er saß im Arbeitszimmer seines Hauses in Mayfair. »Wie viele kriegen wir dafür? Zwei? Drei?«
    »Acht. Und es sind Schiffe, keine Boote«, sagte der Mann, der ihm gegenübersaß. »Die besten Kriegsschiffe, die je gebaut wurden.« Er leerte das Glas Whisky in seiner Hand, stand auf und ging zum Fenster.
    George Burgess sitzt nie lange still, dachte Joe, als er ihn beobachtete. Der blasse, sommersprossige Mann, dessen rotblondes Haar schon schütter wurde, war mit seinen neunundzwanzig Jahren bereits ein Kriegsheld, ein gefeierter Autor und hatte bereits die Posten eines Parlamentsmitglieds und Staatssekretärs für die Kolonien bekleidet. In seiner gegenwärtigen Funktion als Zweiter Lord der Admiralität stattete er Joe heute Abend einen Besuch ab, um ihn zu überreden, Churchills Forderung nach neuen Dreadnoughts, neuen Schlachtschiffen, zu unterstützen.
    Eigentlich sollte Joe unten am Familiendinner teilnehmen. Es war ein schöner Aprilabend, und Fiona hatte Joes Eltern, seine Brüder und deren Familien, ihren Bruder Seamie, dessen Verlobte Jennie Wilcott und ein Dutzend enger Freunde eingeladen. Jennie und Seamie wollten in zwei Wochen heiraten, und dafür sollten heute Abend eine Menge Pläne geschmiedet werden. Aber gerade als Joe sich gesetzt hatte, traf Burgess ein, der sagte, er habe dringende Angelegenheiten mit ihm zu besprechen und in Kürze werde noch ein weiterer Vertreter der Admiralität dazukommen. Joe entschuldigte sich und fuhr mit George im Fahrstuhl zu seinem Arbeitszimmer hinauf, wo die beiden Männer nun seit über einer Stunde eine hitzige Diskussion führten. George vertrat eisern den Standpunkt, dass Großbritannien nicht nur ein neues Dreadnought brauchte, wie Churchill

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