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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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als Sorgen. Sie sorgte sich, Billy Madden könnte rauskriegen, wo Josie war. Sie sorgte sich, Seamie könnte herausfinden, was sie tatsächlich in Binsey machte. Sie sorgte sich, er könnte die Wahrheit über ihren Unfall erfahren. Bei jedem Zucken und kleinen Krampf hatte sie Angst, ihr Kind zu verlieren. Und sie hatte Angst, Seamie könnte sie wegen Willa Alden verlassen. Sie hatte sein Gesicht gesehen, als er sie bei der Beerdigung ihres Vaters in den Armen gehalten hatte. Und erkannt, dass er sie immer noch liebte. In seinen Augen, seinem Gesichtsausdruck und an der zärtlichen Art, mit der er seine Wange an ihre drückte.
    »Wir alle haben unsere Sorgen, Josie«, sagte sie leise.
    Josie weinte nur noch heftiger. »Ach Jennie, es tut mir leid. Wie egoistisch ich doch bin. Natürlich haben Sie Sorgen. Sie kommen zur gleichen Zeit nieder wie ich und müssen sich auch noch um mich und mein Baby kümmern. Verzeihen Sie mir?« Sie stand auf, ging vor Jennie in die Knie und legte den Kopf in ihren Schoß.
    »Sei nicht albern. Es gibt nichts zu verzeihen«, antwortete Jennie und streichelte Josie übers Haar. »Ich weiß, es ist schwer für dich. Wirklich. Aber es sind ja nur noch sieben Monate. Das ist gar nicht so lang. Du wirst sehen.«
    Josie nickte schniefend. Und Jennie, die immer noch ihr Haar streichelte, hob den Kopf und sah aus dem Fenster in die Abenddämmerung hinaus.
    Auch für mich sind es nur noch sieben Monate, sagte sie sich. Das ist nicht so lang. Du wirst schon sehen. Nur noch sieben Monate.

   29   
    S ieh da, sieh da, wenn das nicht Mr Stiles ist. Ist mir immer eine Freude«, sagte Billy Madden und blickte von seiner Zeitung auf.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen«, erwiderte Max knapp. »Unter vier Augen.«
    Billy machte den drei Männern am Tisch ein kurzes Zeichen, woraufhin sie sich an die Bar verzogen. Max setzte sich.
    »Haben Sie das gesehen?«, fragte Billy und deutete auf einen Artikel auf dem Titelblatt. »Zwei Typen in Whitechapel haben sich wegen ein paar Pfund über den Haufen geschossen. Der eine hieß Sam Hutchins. War das nicht einer von Ihnen? Derjenige, der die heiße Ware zu dem Schiff in der Nordsee rausgeschafft hat?«
    »Stimmt«, erwiderte Max kurz angebunden. »Der andere hat ebenfalls für mich gearbeitet. Offensichtlich haben sie sich über die Bezahlung eines Jobs in die Haare gekriegt, den sie für mich machen sollten. Damit haben sie mir alles versaut. Deswegen bin ich hier.«
    Es war nicht total gelogen. Die Zeitungen hatten nicht die wirkliche Geschichte über den Vorfall im Duffin’s gebracht. Das hätte die Regierung nie zugelassen. Sie druckten, was ihnen gesagt wurde – zwei Freunde hatten sich im Suff wegen Geld in die Wolle gekriegt. Einer zog einen Revolver und erschoss den anderen. Als ihm klar wurde, was er getan hatte, erschoss er sich selbst.
    Mit keiner Silbe wurde die Anwesenheit eines dritten Mannes erwähnt. Des Mannes, der bemerkt hatte, dass man die beiden verfolgte, der sie liquidierte und dann durchs Fenster entkam. Nein, nichts über ihn.
    Max erinnerte sich an die schreckliche Szene. Wie er die Pistole zog. Das Entsetzen auf Bauers Gesicht, die stoische Ergebenheit auf Hoffmans. Wenigstens war es schnell gegangen. Er war ein ausgezeichneter Schütze und hatte beide direkt zwischen die Augen getroffen. Dann war er losgerannt und hatte es geschafft, den Polizisten und den Geheimdienstler abzuhängen, aber nur mit knapper Not.
    Zwei Agenten waren tot. Die Verbindungskette nach Berlin gerissen. Und alles nur, weil dieser Blödmann Bauer in Panik geraten und nach London gekommen war, statt in Govan auf der Werft zu bleiben. Es war unglaublich frustrierend. Sein System hatte funktioniert wie ein Uhrwerk – Gladys an Hoffman, Hoffman zur Londoner Werft und dann die schnelle Überfahrt zu dem Schiff, das in der Nordsee wartete. Und jetzt war die Kette zerstört. Berlin brauchte unbedingt die Informationen über die englische Marine und die Werften am Clyde, und jetzt hatte er keine Möglichkeit mehr, sie zu übermitteln.
    Zwei Tage vor der Schießerei hatte Max eine Nachricht von Bauer erhalten. Darin teilte er mit, dass man hinter ihm her sei. Dessen sei er sich sicher. Außerdem hätte er etwas für Berlin, etwas Wichtiges, und das müsse er nach London bringen. Sofort. Max hatte ihm mitgeteilt, dass er an Ort und Stelle bleiben und auf einen Kurier warten solle. Aber das hatte er nicht getan. Er war in den Zug gestiegen und vor Hoffmans Tür

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