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Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Titel: Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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Schauspiel der Natur.
    »Casanova«, wie wir den mutigen Schwarzen taufen, erstaunt uns mit seinem Mut und erwärmt besonders das Herz der weiblichen Beobachter. Wir hoffen und bangen mit ihm.
    Die braune Wölfin mit der wedelnden Schwanzspitze wird kecker. Sie ist aufgestanden und schaut von ihren Berghöhen auf den sie Anbetenden hinunter wie Julia von ihrem Balkon auf Romeo. Das wird nun wiederum ihrem Vater zu bunt. Der Wolf macht sich größer als er sowieso schon ist und stürmt mit einer für sein Alter erstaunlichen Geschwindigkeit auf den Eindringling zu. Eine kurze Rauferei, ein kleiner Biss und Casanova flieht – ein paar Meter. Dann dreht er sich um und versucht beim Rudelchef »gut Wetter« zu machen, mit leicht eingeklemmtem, vorsichtig wedelndem Schwanz. Schließlich legt er sich hin, während der Leitwolf zurück auf seinen Aussichtsposten klettert und sich ebenfalls hinlegt.
    Inzwischen ist »Julia«, unsere braune Wölfin, noch ein paar Meter nach unten gerobbt und nähert sich ihrerseits dem geduldig wartenden Schwarzen, der aufspringt und mit heftigem Schwanzwedeln, Herumtänzeln und Spielgesten seinen geballten Charme auf sie einprasseln lässt. Julia braucht nicht lange zu überlegen und gibt dem Spiel nach. Gemeinsam rennen die beiden nebeneinander her, rempeln sich in der Luft an und scheinen in einer Einheit zu verschmelzen.
    Das Elternpaar scheint ebenfalls dem Charme des Neuankömmlings zu erliegen. Zwar unternehmen sie gelegentlich halbherzige Versuche, ihn davonzujagen, geben aber – sobald sie ihr »Gesicht gewahrt« haben – schnell wieder auf.
    Casanova versucht inzwischen vorsichtig, die Druid-Tochter vom Rudel fortzulocken. Dies gelingt ihm auch bis zu einer gewissen Entfernung. Dann aber scheinen die Familienbande stärker zu sein als die Eroberung. Die Wölfin fühlt sich sichtbar hin und her gerissen zwischen ihrem potenziellen neuen Partner und ihrer Familie. Als das Rudel aufsteht und weiterzieht, ist sie offensichtlich ratlos. Immer wieder läuft sie zwischen Casanova und ihrer Familie hin und her. Schließlich zieht sie die Sicherheit des Rudels vor und bleibt bei den Eltern.
    Der verhinderte Frauendieb muss die Taktik ändern und versucht, durch zaghaftes Annähern und soziale Unterwerfungsgesten Aufnahme beim Vater der Angebeteten zu finden.
    Am Ende des Tages, als ich schweren Herzens Abschied nehmen muss, um nach Bozeman zurückzufahren, scheint dies Casanova gelungen zu sein. Die Druids haben fortan ein Mitglied mehr in ihrer Familie.
    Ich bin dankbar für den schönen Tag und das Schauspiel, das die Wölfe uns geboten haben.
    Wieder einmal haben die Druids ihrem Ruf als Stars des Yellowstone-Parks alle Ehre gemacht.
     
    Die Druids und ihre Stars: 21M und 42F
    »Die Druids« – der Name wird ehrfürchtig geflüstert. Besucher drängen sich um Spektive und möchten einen Blick auf sie erhaschen. Jeder kennt sie, viele haben den National-Geographic-Beitrag des Tierfilmers Bob Landis gesehen. Für sie stehen die Druids stellvertretend für die Yellowstone-Wölfe.
    Und wahrlich, sie haben sich diesen Ruf verdient. Einst waren sie mit 37 Wölfen eines der größten Wolfsrudel der Welt. Ihre Leitwölfe (21M und 42F) sind Kinder der 1995 angesiedelten Kanada-Wölfe. Die vielen schicksalhaften Erlebnisse ihrer Rudelmitglieder haben sie bekannt gemacht.
    Begonnen hat alles noch in Williston Lake in British Columbia, Kanada. Im Januar 1996 wurde eine Gruppe von fünf Wölfen, zwei erwachsenen (38M und 39F) und drei einjährige Jungwölfinnen (40F, 41F und 42F) in das Rose-Creek-Gehege gebracht. Um sie nicht mit dem Rose-Creek-Rudel zu verwechseln (das hier 1995 angesiedelt wurde), benannte man sie nach dem fast 3.200 Meter hohen Druid-Peak-Berg, an dessen Hang die neue Heimat der Wölfe lag.
    Als ihr Gehege im April 1996 geöffnet wurde, brauchten sie 12 Tage, bevor sie sich heraustrauten, und selbst dann erforschten sie nur sehr vorsichtig das umliegende Gebiet. Dennoch hatten die Druids sehr bald den Ruf, ein aggressives Rudel zu sein. Ihr Territorium im Lamar Valley war relativ klein: nur halb so groß wie die Wolfsreviere in Kanada und ein Drittel so groß wie die riesigen Territorien in Alaska. Da das Lamar Valley wegen seiner Beutevielfalt bei allen Rudeln sehr beliebt war, kam es zwangsläufig zu Zwischenfällen mit anderen Wolfsfamilien. Die Druids töteten mehrere Wölfe der benachbarten Rudel und lagen besonders im Krieg mit den Rose-Creek-Wölfen. Viele Beobachter

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