Die Woelfin
er, in einem Kind den Messias der Vampire gefunden zu haben - die Chance auf einen Neubeginn. Doch er sah sich getäuscht. Das Kind lockte ihn in eine Falle, und am Ende landete er an einem Ort, dessen Existenz selbst er angezweifelt hatte - in der Hölle...
. und dort war sein ganzes Sein, sein Leben und Wesen, seine Macht, sein Ich zurückgeblieben, nachdem die Hölle ihn endlich wieder ausgespien hatte - durch das Tor im Kloster Monte Cargano, wo Landru bar aller Erinnerung erwacht war.
All dies und sehr viel mehr wußte Landru nun wieder. Wissen und Erfahrung eines vieltausendjährigen Lebens waren ihm wiedergegeben worden.
Doch - um welchen Preis?
Es kümmerte ihn nicht. Nicht jetzt, nicht in diesem Moment, da sein ganzes Denken und Trachten etwas anderem galt - jemand anderem, der eine Zeit dieses wiedergefundenen Lebens mit ihm geteilt hatte.
Eine Frau; ein Wesen, das einmalig war und ihm nun selbst wie ein Geschenk erschien.
Eine Frau, die er eben noch zu töten bereit gewesen war!
Die er getötet - hatte? Weil sie ihren Verletzungen vielleicht schon erlegen war?
»NONA!«
Landrus Schrei ließ den Donner verstummen, brachte das Chaos ringsum zum Stillstand. Dieser kleine Teil der Welt kam wieder zur Ruhe, als hätte sich all das Ungeheuerliche nie ereignet.
Keuchend kniete Landru da.
Seine Macht war wieder die alte, ohne Zweifel. Doch würde sie genügen, eine Tote ins Leben zurückzuholen?
Sie mußte!
Landru sprang auf. Noch in der Bewegung verwandelte er sich.
Dann hetzte ein grauer Schemen in die Nacht, in jene Richtung, in der Nona, seine Geliebte, zum Sterben verschwunden war.
Doch das Heulen des Wolfes blieb ohne Antwort.
*
Gabriels Gesicht glich einer wächsernen Maske, die Unbeschreibliches verbarg und in deren Zügen das Lächeln nur modelliert war, ohne echtes Gefühl, eine Krümmung der Lippen, mehr nicht. Seine Augen, nun wieder wie aus flüssiger Schwärze geformt, starrten dem Wolf nach und sahen ihn noch, als die Tore der Nacht längst hinter ihm zugeschlagen waren.
Da rannte er hin, sein Weibchen zu retten vor dem Tode, den er der Wolfsfrau selbst beschert hatte.
Meckerndes Lachen brach aus der Kehle des Knaben. Welch höllischer Spaß war dies doch gewesen .!
Er hatte nicht damit gerechnet, daß der Vampir ohne jedes weitere Wort davonlaufen würde; für so stark hatte er dessen Bindung an die Wölfin nicht gehalten. Er hatte geglaubt, daß Landru trotz allem noch Fragen haben würde, deren Antworten er von ihm, Gabriel, erfahren wollte. Und es hätte in der Tat noch einiges zu bereden gegeben.
Aber egal, es kümmerte den Jungen nicht. Für ein Gespräch mit dem Vampir würde später noch Zeit sein. Sollte er sich ruhig erst einmal in seinem neuen alten Leben zurechtfinden. Womöglich war es sogar besser, wenn Landru für ihre anstehende Unterhaltung wieder bei vollends klarem Verstand war. Dann nämlich würde er wirklich verstehen, worauf er sich mit diesem Pakt eingelassen hatte ...
... wenn Gabriel ihm den Preis nannte, den der Vampir für den Handel zu zahlen hatte!
Das Lachen folgte dem Knaben wie eine Horde unsichtbarer Geis-ter auf seinem Weg fort vom Pere-Lachaise.
Und seine Schritte, unhörbar hier oben, dröhnten laut wie Donner in den Tiefen des Friedhofs und störten die Ruhe jener, die vergessen unter Stein und Erde lagen.
Nona wußte nicht, wie weit sie sich vom Ort des mörderischen Kampfes entfernt hatte. Sie war gelaufen und schließlich gekrochen, bis ihre zerschlagenen Glieder sie nicht länger getragen hatten und alle Kraft in ihr versiegt war. Dann war sie zu Boden gesunken.
Die Kühle der Erde und das feuchte Laub wollten ihren Leib und Geist neu wecken, doch sie ließ es nicht geschehen. Jedes bißchen Kraft, das in ihr noch hätte entstehen können, würde ihre Qualen nur verlängern.
Und sie wollte doch nur eines - daß es endlich vorbei war! Daß dieses Leben, das einem Menschen ewigkeitslang erscheinen mußte und doch in einer einzigen Nacht erbärmlich geworden war, endete. Jetzt und hier.
Während die Feuer weiter in ihren Wunden tobten, sann sie mit dem Rest ihrer Gedanken über das Geschehene nach. Und sie kam zu einem Schluß.
Nein, sie haßte Landru nicht.
Was auch aus ihm geworden war, und was er ihr auch angetan hatte - sie konnte ihn dafür nicht hassen. Obgleich sie es wollte. Denn - vielleicht - hätte es ihr den Tod ein kleines bißchen erträglicher gemacht .
Aber das besondere Band zwischen ihnen, das sein Blut gewoben
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