Die Wohlgesinnten
zweier Bilder, die zugleich vereint und getrennt waren, das eine aufrecht auf der Terrasse stehend und das andere unten im Schnee liegend. Ihr denkt jetzt sicherlich: Na, endlich ist diese Geschichte zu Ende. Nicht doch, sie geht noch weiter.
GIGUE
Thomas fand mich auf einem Stuhl am Rande der Terrasse vor. Ich blickte auf den Wald und den Himmel, trank in kleinen Schlucken Pflaumenschnaps aus der Flasche. Die erhöhte Brüstung verwehrte mir den Blick auf den Garten, aber der Gedanke an das, was ich dort gesehen hatte, zerrüttete mich allmählich. Ein oder zwei Tage mochten verstrichen sein, fragt mich nicht, wie ich sie verbracht habe. Thomas war seitwärts um das Haus herumgegangen: Ich hatte nichts gehört, kein Motorengeräusch, keinen Ruf. Ich hielt ihm die Flasche entgegen: »Gesundheit und Brüderlichkeit. Trink!« Ich war sicherlich etwas betrunken. Thomas sah sich um, nahm einen Schluck, gab mir aber die Flasche nicht zurück. »Was zum Teufel treibst du hier?«, fragte er schließlich. Ich lächelte ihn blöde an. Er betrachtete das Haus. »Bist du allein?« – »Ich glaube, ja.« Er trat näher, sah mich an und wiederholte: »Was treibst du hier? Dein Urlaub ist seit einer Woche abgelaufen. Grothmann ist wütend, er redet davon, dich wegen Fahnenflucht vor ein Kriegsgericht zu bringen. Heutzutage brauchen Kriegsgerichte fünf Minuten.« Ich zuckte die Achseln und griff nach der Flasche, die er immer noch in der Hand hielt. Er zog sie weg. »Und du?«, fragte ich. »Was machst du hier?« – »Piontek hat mir gesagt, wo du bist. Er hat mich hergefahren. Ich komme, um dich zuholen.« – »Wir müssen also fort?«, sagte ich traurig. »Ja. Zieh dich an.« Ich stand auf und ging ins Obergeschoss. Doch statt mich anzuziehen, setzte ich mich in Unas Zimmer aufs Ledersofa und steckte mir eine Zigarette an. Es machte mir Mühe, an sie zu denken, meine Gedanken waren leer und hohl. Thomas’ Stimme auf der Treppe riss mich aus meiner Träumerei: »Beeil dich! Verdammt noch mal!« Ich zog mich an, fuhr mehr oder weniger zufällig in die Kleidungsstücke, aber auch nicht ganz ohne Sinn und Verstand: da es kalt war, langes Unterzeug, Wollstrümpfe, einen Rollkragenpullover unter dem Dienstanzug. Die Lehrjahre des Gefühls lagen auf dem Sekretär: Ich ließ das Buch in die Jacke meines Uniformrocks gleiten. Dann begann ich, die Fenster zu öffnen, um die Läden zu schließen. Thomas erschien in der Tür: »Was tust du da, um Himmels willen?« – »Na, ich mache alles zu. Das Haus soll doch wohl nicht völlig offen bleiben.« Da ließ er seiner schlechten Laune freien Lauf: »Offenbar hast du keine Ahnung, was hier vor sich geht. Seit einer Woche greifen die Russen auf ganzer Front an. Sie können jede Minute hier sein.« Rücksichtslos packte er mich am Arm: »Los, komm!« In der Eingangshalle befreite ich mich heftig aus seinem Griff und ging den großen Haustürschlüssel holen. Ich zog meinen Mantel an und setzte die Mütze auf. Sorgfältig schloss ich die Tür hinter uns ab. Im Hof vor dem Haus putzte Piontek den Scheinwerfer eines Opels. Er richtete sich auf, um zu grüßen, und wir stiegen in das Fahrzeug, Thomas neben Piontek, ich hinten. In der langen Allee, zwischen zwei Schlaglöchern, fragte Thomas Piontek: »Glauben Sie, dass wir über Tempelburg fahren können?« – »Ich weiß nicht, Standartenführer. Da scheint die Luft rein zu sein, wir können es versuchen.« Auf der Hauptstraße bog Piontek nach links ab. In Alt Draheim beluden noch einige Familien ihre mit kleinen pommerschen Pferden bespannten Fuhrwerke. Unser Wagen umfuhr die alte Burg und begann dielange Steigung der Landenge zu erklimmen. Auf der Anhöhe tauchte ein Panzer auf, niedrig und kompakt. »Scheiße!«, rief Thomas aus. »Ein T 34!« Doch Piontek hatte bereits gebremst und den Rückwärtsgang eingelegt. Der Panzer senkte seine Kanone und schoss auf uns, aber er konnte nicht so tief halten, sodass die Granate über uns hinwegging und neben der Straße am Eingang des Dorfes explodierte. Mit rasselnden Ketten fuhr der Panzer etwas vor, um flacher schießen zu können; Piontek wendete schnell auf der Straße und fuhr mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Dorf; der zweite Schuss schlug ziemlich nahe ein und ließ eine Scheibe auf der linken Seite zersplittern, dann hatten wir die Burg umfahren und waren in Deckung. Im Dorf hatten die Leute die Detonationen gehört und liefen wild durcheinander. Wir fuhren hindurch, ohne
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