Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
Vom Netzwerk:
ein Meisterwerk.
    »Hiermit wird es gehen«, sagte Billi.
    Sie arbeiteten zusammen, um sie zu bewaffnen. Während Iwan ihr das Kettenhemd zuschnürte, steckte Billi den Säbel und ein langes Messer an den Gürtel. Am Ende warf sie sich den Köcher über die Schulter und legte ihren ersten Pfeil an die Sehne, die sie sich über den Daumen hakte, um dann zu ziehen, langsam, um ihre Rückenmuskulatur die schwere Arbeit zusammen mit ihren Armen verrichten zu lassen. Die Spannung war mächtig. Sie würden die Statuette zu Pfeilspitzen verarbeiten. Und Billi würde keine Schwierigkeiten haben, Baba Jaga einen Pfeil mit Meteorspitze in den dicken Schädel zu jagen.
    Olga trat zurück und zog Billis Rüstung zurecht. »Vielleicht fließt auch in dir etwas Mongolenblut, Kind. Du bist mehr Wölfin, als du weißt.«
    Iwan stieß einen leisen, bewundernden Pfiff aus. »Jetzt bist du schön«, sagte er. Er hatte sich selbst ein Kettenhemd und ein schlichtes, gerades Schwert genommen, aber er schien sich mit Olgas großem Revolver am wohlsten zu fühlen.
    »Hier draußen werden sie im Vorteil sein«, fuhr Iwan mit Blick auf die wilde Landschaft fort. »Sie werden uns von allen Seiten angreifen. Wir brauchen ein besseres Schlachtfeld.«
    »Wir werden eines finden«, erwiderte Billi. Sie nahm eines der Handys, die sie konfisziert hatten, und warf einen Blick darauf. Kaum Empfang. »Dad? Wo bist du?«
    »Billi? Billi?«
    »Dad, wir haben Wassilissa.«
    »Billi? Wo bist du?«
    »Wir haben Wassilissa!«, rief Billi. Ihr Vater klang, als würde er ihr von der anderen Seite der Welt etwas zuschreien.
    »Wo bist du?«
    Verdammt! Billi sah sich auf der Straße um. Auf einer Seite lag ein eingezäuntes Gebiet rauer Waldlandschaft, durchsetzt mit dürren Bäumen. Schilder hingen alle zehn Meter am Zaun. Sie zeigten einen dreigeteilten schwarzen Kreis auf gelbem Grund: das internationale Warnzeichen für radioaktive Strahlung.
    »Wo bist du?«
    An einem Ort, der aus Beton bestand und stark verschmutzt war, einem Ort, an dem Baba Jaga am schwächsten sein würde. Billi las das verbeulte Straßenschild vor ihnen.
    »In Tschernobyl, Dad.«

39
    Sie fuhren den Rest des Tages über und hielten nur an, um Dörrfleisch, hartes Brot und Wasser zu sich zu nehmen. Olga sagte nichts, aber jedes Mal, wenn sie anhielt, verbrachte sie die Mahlzeit damit, den Horizont abzusuchen. Aber niemand kam.
    Mithilfe des Werkzeugkastens nahm Billi die Pfeile auseinander. Sie schnitt die Spitzen heraus, hielt dann die Venus mit den Stiefeln fest und zerschmetterte die Statuette mit einem Hammer. Wassilissa saß stumm neben ihr, während sie die Bruchstücke polierten schwarzen Steins zu etwas zurechtschlug, das Pfeilspitzen ähnelte.
    »Was tust du da?«, fragte Olga.
    Billi reichte ihr ein grobes Dreieck aus Meteoritenstein. »Das ist der Meteoritenbrocken von der Tunguska, von dem ich dir erzählt habe. Wassilissas Urgroßmutter wusste, dass er Baba Jaga damals verletzt hat.«
    Olga musterte den Stein und reichte ihn dann zurück. »Glaubst du, dass das Baba Jaga töten wird?« Ihre Stimme verriet ihre Zweifel.
    »Das will ich verdammt noch mal hoffen!«
    Bis sie ihre Mahlzeit beendet hatten, hatte Billi drei steinerne Pfeilspitzen angefertigt. Sie verbrauchte eine Tube Sekundenkleber, um sie in den Schäften zu befestigen. Sie waren nicht besonders kunstvoll, und sie hätte probieren sollen, mit ihnen zu schießen, um eine Vorstellung von ihren Flugeigenschaften zu entwickeln, aber es blieb keine Zeit: Sie mussten weiter.
    Die spätnachmittägliche Sonne stand tief am Horizont und tauchte die Landschaft in Rosa- und Orangetöne. Spärliche Waldstücke wichen überwucherten, aufgegebenen Feldern, die mit verfallenen alten Bauernhäusern und leeren Dörfern durchsetzt waren. Im Laufe des Tages wurden die menschlichen Spuren häufiger. Sie hatten die Ausläufer von Tschernobyl erreicht.
    Tschernobyl war der Ort der schlimmsten Nuklearkatastrophe in der Geschichte gewesen. In den 1980er Jahren war ein Atomreaktor explodiert und hatte eine riesige radioaktive Wolke über einen Großteil Südrusslands und der Ukraine aufsteigen lassen. Zehntausende waren über Nacht evakuiert worden und hatten nur mitnehmen können, was sie hatten tragen können. Sie waren nie zurückgekehrt. Es klang nach alter Geschichte, aber die Stadt selbst hätte erst gestern geräumt worden sein können. Die Autos, Gebäude, Parks und Gärten waren alle noch da. Nicht zerstört, wie sie es nach

Weitere Kostenlose Bücher