Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)
sich die kugelsichere Weste zurecht. »Ja, es geht mir gut.« Sie folgte Lance und den anderen Männern nach unten.
Im Eingangsbereich wurde deutlich, dass die Schlacht vorüber war. Die Luft war vom beißenden, metallischen Geruch des Pulvers erfüllt, und die Wände waren mit frischen Einschusslöchern übersät. Ein halbes Dutzend Bogatyri hatte sich im Erdgeschoss versammelt. Drei weitere lagen reglos an der Wand. Der Mann, der herausgekommen war, um seine Zeitung zu holen, lag an der Tür, und es gab vier weitere kugeldurchsiebte Leichen, Frauen, deren Körper vom Tode gebleicht waren.
Iwan stand mit Dimitri an der Tür. Billi nickte ihm leicht zu.
»Keine Wassilissa?«, fragte Gwaine. Er hatte seine Axt bereits abgewischt, aber ein wenig Blut verschmierte den glänzenden Stahl noch immer.
Billi schüttelte den Kopf und wies auf die Toten. »All dieses Blutvergießen – für nichts und wieder nichts!«
»Sie waren Unholde«, sagte er.
Billi dachte nur an das verängstigte Mädchen, das unter der Steppdecke gekauert hatte, während ihre Mutter schon tot im Flur gelegen hatte. »Ja, natürlich waren sie welche.«
24
Was für ein verdammter Schlamassel!
Billi schleuderte ihre kugelsichere Weste durch ihr Schlafzimmer. Sie krachte gegen einen eleganten antiken Stuhl und riss ihn mit zu Boden. Dann sackte Billi auf ihrem Bett zusammen.
Sie warf einen Blick auf das Satellitentelefon. Ihr Vater hatte eine Nachricht hinterlassen. Sicher wartete er begierig auf gute Nachrichten.
Wie viele Tote? Drei Bogatyri und neun Polenitsy. Ein paar Werwölfe waren in dem Durcheinander entkommen, aber es waren keine weiteren Kinder da gewesen. Es stand fest, dass Wassilissa nicht dort gewesen war. Das Foto, von dem Billi sich eingeredet hatte, dass es Wassilissa zeigte, hatte in Wirklichkeit das Werwolfskind gezeigt. Tolle Neuigkeiten!
Vielleicht hatte Elaine in der Bibliothek etwas herausgefunden. Aber wenn auch sie keinen Erfolg gehabt hatte, wusste Billi nicht, wie sie Wassilissa finden sollten, bevor es zu spät war. Es war schon Donnerstagmittag, und am Samstag würde Vollmond sein.
Sie nahm das Telefon mit und fuhr im Aufzug nach unten, um sich draußen bei ihrem Vater zu melden – hier drinnen konnte man nie wissen, wer mithörte.
Der Fahrstuhl hielt in einem der anderen Stockwerke an. Die Türen öffneten sich, und Koschtschei stand wartend davor.
Sein massiger Körper füllte die Tür vollständig aus, und er war so groß, dass er den Kopf senken musste, um hereinzukommen. Sein Anzug raschelte leise, als er ihn glattstrich und sich die Manschetten zurechtzog. Billi bemerkte das gleißende, scharlachrote Funkeln von Rubinen an seinen Manschettenknöpfen. Der Kerl war eitel und angeberisch. Es war, als ob er Iwan nachzuäffen versuchte: lässig elegante Kleidung und ein cooles Äußeres. Aber Iwan verfügte über eine mühelose Eleganz aus einem Guss, und Koschtschei war eine Million Meilen weit davon entfernt. Billi war sich nicht sicher, was genau Koschtschei gestanden hätte – abgesehen von einer Schlachterschürze.
»Geht es Ihnen gut, Lady SanGreal?«
»Ja, es geht mir gut.«
Er betrat den Aufzug, und Billi hätte schwören können, dass die Fahrstuhlkabine unter seinem Gewicht ein paar Zentimeter absackte.
»Das, was heute geschehen ist, tut mir leid. Sehr unerfreulich. Aber machen Sie sich keine Sorgen, wir werden Ihre Freundin finden.« Er zog sich den dicken Knoten seiner Krawatte zurecht und begutachtete, ja bewunderte sich in den Spiegeln, mit denen die Kabine ausgekleidet war. »Wir haben zu schnell zugeschlagen, ohne unsere Informationen noch einmal zu überprüfen. Solche Operationen bergen immer die Gefahr …«
»Fehlzuschlagen?«
»Einen zu enttäuschen. Wir werden sie finden. Ich verspreche Ihnen, dass die Polenitsy sie nicht bekommen werden.« Er sprach mit unerschütterlicher Überzeugung. »Meine besten Männer werden Ihnen als Helfer zur Verfügung stehen.«
»Und Iwan? Hilft er auch mit?«
»Leider nein. Das darf ich nicht zulassen. Er ist hier am besten aufgehoben, wo ich ihn beschützen kann.«
Wo du ihn im Auge behalten kannst, willst du sagen .
Koschtschei vollführte eine ausladende Handbewegung. »Kommen Sie, ich habe ein Geschenk.«
»Wirklich? Das wäre doch nicht nötig.«
»Oh doch, das ist es.«
Der Fahrstuhl trug sie immer weiter nach oben. Billi rückte so weit von Koschtschei ab, wie sie nur konnte, aber die Aufzugskabine war klein, und Koschtschei war ein
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