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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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sagte Elaine. Sie nickte, als würde sie sich selbst zustimmen.
    Über der Tür befand sich eine Uhr, die gerade auf elf Uhr dreißig umsprang. Billi wollte ins Bett, aber es sah aus, als ob es dazu nicht so schnell kommen würde. Sie stand auf. Sie musste sich etwas Wasser ins Gesicht spritzen und anfangen, über ihren nächsten Schritt nachzudenken. Sie fand die Waschräume und ging hinein.
    Iwan lehnte an einem Stahlbecken vor einem Spiegel. Sein Hemd hing über einem Heizkörper, und sein nasser Rücken glänzte im grellweißen Neonlicht wie Marmor. Er fuhr sich mit den Händen über die abstehenden Haare und seufzte müde. Dann hob er die Arme und drehte sich langsam um, sah sich die Verletzungen an, die Koschtschei ihm zugefügt hatte. Er stupste mit dem Finger sacht eine Reihe mit Prellungen übersäter Bauchmuskeln an. Dann bemerkte er Billi, die ihn im Spiegel beobachtete.
    »Äh …«, sagte Billi und schämte sich dafür, ertappt worden zu sein.
    Iwan sagte nichts, sondern richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine blauen Flecken. Er beugte sich näher zum Spiegel und nahm die Schwellung auf seiner Wange in Augenschein. Wasser tropfte ihm vom Kinn, und kleine, funkelnde Tröpfchen glänzten auf seinem Hals.
    »Was meinst du?«, fragte er. Er stellte sich in Positur und spannte den Bizeps an wie ein Bodybuilder. »Wenn du möchtest, kannst du mich anfassen.«
    Billi lachte; sie war dankbar, dass Iwan die Anspannung gebrochen hatte. Sie reichte ihm sein Hemd, und es fiel ihr schwer, sich auf seine Schuhe zu konzentrieren. »Du würdest noch in einem Leichensack großartig aussehen.«
    »Hoffen wir, dass wir das nie ausprobieren müssen. Und das, was man anhat, spielt keine Rolle«, sagte Iwan, während er sich das Hemd über den Kopf zog. Dann hob er eine Pistole auf. Es war eine Glock 19, eine der beiden, die er den Bogatyri abgenommen hatte. Er steckte sie sich in den Hosenbund und tätschelte sie.
    »Es kommt nur auf die Accessoires an«, sagte Billi.
    Iwan grinste sie an und ging.
    Ein paar Minuten später kehrte Billi in die Kantine zurück und ging wieder zu Elaine.
    »Ich habe Arthur angerufen. Er nimmt den nächsten Flug nach Süden«, sagte Elaine. Sie lächelte, aber es war ein steifes, gezwungenes Lächeln. »Er sollte bis zum Morgen in Kiew sein. Er wird von dort eine Fahrtmöglichkeit in den Wald finden.«
    »Geht es dir gut?«, fragte Billi, während sie sich hinsetzte.
    Drei Kippen qualmten im Aschenbecher, und Elaine zündete sich gerade eine vierte Zigarette an. »Ich brauche nur meine Vitamine.«
    »Ich wusste nicht, dass Nikotin heutzutage als wichtiger Nahrungsbestandteil zählt.« Billi nahm einen Schluck Tee und rückte mit dem Stuhl näher heran. »Was war es, was du über Baba Jaga herausgefunden hast und mir erzählen wolltest, bevor wir so ruppig unterbrochen wurden?«
    Elaine verzog bei der Erinnerung das Gesicht. »Du erinnerst dich, dass Baba Jaga verletzt wurde?«, sagte sie dann. »Anscheinend verschwand sie zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, nachdem ihr irgendeine fürchterliche Verletzung zugefügt worden war. Ersteres erregte einen Verdacht in mir. Ich schlug nach, was für Ereignisse damals stattgefunden hatten, vornehmlich Naturkatastrophen.« Ihre Augen strahlten. »Und ich habe eine große gefunden. Das Tunguska-Ereignis.«
    Tunguska? Warum sagte ihr das etwas? Hatte Wassilissa nicht behauptet, ihre Urgroßmutter sei da gewesen?
    »Was war das?«, fragte Billi.
    Elaine breitete die Arme aus. »Ein Meteorit. Knapp zehn Meter Durchmesser. Er schlug 1908 in einem Waldgebiet an der Steinigen Tunguska ein und vernichtete es. Wenn der Felsbrocken London getroffen hätte, wäre die gesamte Stadt dem Erdboden gleichgemacht worden.« Elaine beugte sich vor und flüsterte aufgeregt: »Baba Jaga ist Russland. Was dem Land zustößt, stößt auch ihr zu. Der Meteoriteneinschlag muss Druckwellen – übernatürliche Druckwellen – ausgelöst haben, die die Alte getroffen haben und sie beinahe getötet hätten. Ich glaube, sie hat die letzten hundert Jahre damit verbracht, davon zu genesen.«
    »Also müssen wir Baba Jaga bloß unter den nächsten Meteoriteneinschlag stellen? Wird einer in den kommenden beiden Tagen erwartet? Und weißt du, wo?«
    Elaine drückte die Zigarette aus. »Das hier ist sympathetische Magie, Billi. Der Meteorit hat Baba Jaga schon einmal verletzt. Eine Verbindung ist zwischen ihr und diesem Meteoriten hergestellt worden. Wenn ich recht habe, wird

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