Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
einem Patrouillenboot, das über das Wasser auf das Fischerboot zufuhr. Während es sich dem Boot näherte, feuerte es noch einmal. Die Kugel platschte auf halbem Weg zwischen dem Patrouillen- und dem Fischerboot ins Wasser, doch das Patrouillenboot bewegte sich mit vollen Segeln schnell voran.
Lark spürte erneut das Glühen, es war mehr wie die Asche eines großen Feuers. Meisterin Winter würde über sie spotten, aber sie wusste, was es war.
Ihr Amulett rief nach ihr.
Auf dem Schiff aus Kleeh wurden die Segel gehisst. Während sie an Deck nach oben gezogen wurden, wölbte sich ein Segel nach dem anderen auf majestätische Art. Das Schiff krängte und fuhr los, war aufgrund seiner Größe allerdings recht langsam.
Im Hafen tauchte ein zweites Patrouillenboot auf und schnellte mit wehenden Segeln durch die Bucht. Vor Larks Augen entwickelte sich eine Schlacht, die Kanonenkugeln flogen direkt auf das Boot mit Amelia und Mahagoni zu. Konnte es denn sein, dass nur sie das Geflügelte Pferd an Deck bemerkte?
Oder vielleicht … vielleicht sahen die anderen es auch. Vielleicht ging es genau darum.
»Hilf mir, Kalla!«, schrie Lark in den Wind. Sie lenkte Tup hinüber zum Hafen, weg von der Rotunde. Sie musste Amelia helfen. Sie wusste allerdings nicht, was sie tun sollte, wie sie das Patrouillenboot aufhalten konnte, bevor es das Schiff aus Kleeh angriff und Amelia und ihr Fohlen inmitten der Schlacht gefangen waren.
Lark blickte über ihre Schulter zurück und sah, wie Wintersonne in dem Park neben der Rotunde landete. Sie konnte Meisterin Winters Zorn beinahe spüren, als sie nach oben sah und bemerkte, dass Tup nicht hinter ihr war, sondern mit Lark auf die Bucht zusteuerte. Lark bedauerte, dass sie Meisterin Winter wieder einmal Ärger und Sorgen bereitete.
Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, an ihre eigenen Schwierigkeiten zu denken. Sie war die Einzige, die erkannte, was vor sich ging. Niemand anders konnte Amelia und Mahagoni helfen.
»Beeil dich, Tup!«, schrie sie, lockerte die Zügel und verlagerte ihr Gewicht ein bisschen nach vorn, so dass der
Winkel seiner Flügel etwas steiler wurde und er schneller fliegen konnte. Er reagierte und schlug kräftiger mit den Flügeln. Die Energie seiner Muskeln übertrug sich auf ihre Schenkel und Waden. Als er sich in die Kurve legte, spürte sie jede Bewegung. Sie waren eins geworden. Kalla sei Dank, dass sie nicht durch einen Sattel behindert wurde!
»Oh, Tup, mein braver, guter Junge! Flieg, so schnell du kannst!«
Kapitel 36
W ilhelms Zähne klapperten vor Aufregung und wegen der eisigen Kälte hoch oben in der Luft. Diamant hielt mit lang gestrecktem Hals und gespitzten Ohren direkt auf die Berge zu. Ihre silberfarbenen Flügel schimmerten in der Sonne. Wilhelm probierte noch ein bisschen mit dem Flugsattel herum. Je weiter er die Hacken in die Steigbügel schob, desto stärker konnte er das Gewicht gegen den Hinterzwiesel verlagern, und je stärker er die Schenkel und Waden gegen das Bügelleder drückte, desto besser spürte er Diamants Bewegung. Er war froh, dass die Schenkelrollen ihm halfen, die Knie tief zu halten, versuchte den Griff um den Knauf zu lockern und darauf zu vertrauen, dass Diamant das Gleichgewicht hielt und ihn nicht aus dem Sattel warf.
Er beobachtete an ihren Flügeln vorbei, wie die Muskeln über ihrer Brust hervortraten. Als er die Erde unter sich vorbeifliegen sah, wurde ihm ganz anders, die Bauernhäuser wirkten wie Spielzeug auf einem großen, unebenen Brett mit brachliegenden Feldern und schmalen Wegen. Lediglich die Straße, die sich von Oscham ins Hochland hinaufschlängelte, diente ihm als Orientierungspunkt.
Als er fand, dass sie weit genug nach Westen geflogen waren, legte er vorsichtig die Zügel auf die linke Seite von Diamants geschecktem Hals und drückte die linke Wade direkt unter dem Flügelgelenk an ihre Schulter. Gehorsam,
als wäre es eine eingeübte Reaktion, legte sie sich in die Kurve und wendete.
Als sie den Winkel veränderte, wurde Wilhelm panisch, klammerte sich mit beiden Händen an den Sattelknauf und klemmte die Schenkel unter die Knierollen. Diamants Körper wurde daraufhin kurz von einem Zittern geschüttelt. Wilhelm versuchte hastig, sich wieder zu entspannen und die Zügel zu lockern. Kurz darauf hatte sich die Stute ausbalanciert, und er fühlte sich wieder sicher, senkte die Hacken, hob den Kopf und hielt die Hände mit den Zügeln tief. Sie flogen jetzt nach Norden. Vielleicht konnten sie
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