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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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konnte?«
    Mit einem schmatzenden Laut lösten sich die Handschuhe von ihren Händen und landeten im Mülleimer.
    »Dich hat nie und nimmer die Polizei gesehen und schon gar kein Staatsanwalt zur Beerdigung freigegeben!«
    Moosi benahm sich merkwürdig. Sie wollte wissen, wieso. Sofort. Sie wollte Antworten. Und diesmal würde sie sich nicht wegschicken lassen.
    Aber auf halber Treppe kam ihr Anneliese Moosbacher aufgeregt entgegen. »Henry, wir haben ein Problem, da möchte jemand Frau von Bragelsdorf sehen. Wusstest du etwas von einer Abschiednahme? Der Raum ist gar nicht vorbereitet. Was machen wir denn jetzt?«
    »Keine Panik. Wer ist es denn?«
    Anneliese geriet ins Stottern. »Das ist, ja also, genau weiß ich das jetzt gar nicht, der Name – ach, ich habe …«
    Henry ließ sie stehen und sprang die letzten Stufen hinauf. Vor der Glastür zum Ausstellungsraum stand ein hochgewachsener Mann, die Hände auf dem Rücken ineinandergelegt, und betrachtete die Särge. Sie erkannte ihn sofort, als er sich ihr zuwandte.
    »Ich hätte anrufen sollen, nicht wahr?« Sogar die Stimme war die gleiche wie die seines Sohnes. »Viktor Bertram.« Mit ausgestreckter Hand kam er ihr entgegen.
    »Ich weiß.« Unwillkürlich lächelte Henry ihn an. Sie nahm seine Hand und spürte einen angenehm festen Gegendruck. »Henriette Körner.«
    »Kann ich Elisabeth sehen?«
    Henry schob ihn vor sich her ins Abschiedszimmer und schloss die Tür. »Nehmen Sie doch Platz, Herr Bertram.« Sie setzte sich neben ihn. »Wir haben keinen Auftrag für eine offene Aufbahr ung. Und ich kann Sie schlecht mit in die Kühlkammer nehmen.«
    »Doch, das können Sie. Mir ist das Drumherum egal. Ich will nur«, er holte tief Luft, »nur ihr Gesicht noch einmal sehen. Nur um …« Er verstummte.
    »Sie brauchen nichts zu erklären. Es ist nur so, dass sie da unten nicht allein ist. Da ist noch jemand – nun ja – in Arbeit.«
    Ihr entschuldigender Blick ließ ihn plötzlich auflachen. »Oh, keine Angst, ich habe schon öfter Tote gesehen und würde nicht in Ohnmacht fallen. Aber ich sehe ein, dass Sie mich unter den Umständen nicht mitnehmen dürfen. Sagen Sie mir einfach, wann ich wiederkommen kann.«
    Henry überlegte einen Augenblick. »Heute Nachmittag. Geben Sie mir zwei Stunden. Dann können wir uns hier wieder treffen.«
    Viktor Bertram erhob sich lächelnd.
    »Ich danke Ihnen. Aber Sie müssen Elisabeth nicht heraufbringen. Wissen Sie, auch die Räumlichkeiten der Pathologie sind mir nicht fremd. Wenn es Ihnen recht ist, besuche ich Sie in Ihren Katakomben.«
    Henry stutzte. Viktor Bertram war traurig über den Tod von Elisabeth von Bragelsdorf, aber keineswegs ein gebrochener Mann, der bei ihrem Anblick weinend zusammenklappen würde. Und der Hinweis auf die Pathologie machte sie neugierig, genau wie die Tatsache, dass er Adrians Vater war.

    Nachdem sie Viktor Bertram zur Tür begleitet hatte, wandte sie sich wieder ihrem unterbrochenen Vorhaben zu: Eberhard Moosbacher zur Rede zu stellen. Entschlossen betrat sie dessen Büro. Aber er dachte gar nicht daran, auf ihre Argumente einzugehen.
    »Moosi, ist dir klar, dass sie dir den Laden dichtmachen, wenn das rauskommt? Du bist verpflichtet zu melden, wenn dir an einem Toten etwas auffällt.«
    »Ich habe nichts gesehen«, beharrte der alte Mann.
    »Aber ich! Und ich habe es dir gesagt, gleich als er auf meinem Tisch lag. Und jetzt sage ich es dir wieder! Adrian wird dir bestätigen …«
    »Du hast mit ihm darüber geredet?« Eberhard Moosbachers Stimme bekam einen unerwartet schneidenden Ton.
    »Noch nicht, aber …«
    »Ich will nicht, dass er dich weiter hier besucht! Dies ist ein Bestattungsinstitut und keine Partnervermittlung.«
    »Wie bitte? Das ist doch Blödsinn! Er ist nur einer unserer Kunden, und gelegentlich unterhalten …«
    »Er kommt hier nicht mehr ins Haus, wenn es nicht um die Beerdigung seiner Mutter geht, ist das klar? Wir sind ein seriöses Unternehmen, Henriette. Deine Liebschaften kannst du in deiner Freizeit pflegen. Wenn dir das nicht passt, muss ich mich nach jemand anderem umsehen, der deine Aufgaben übernimmt.«
    Sprachlos starrte sie ihn an.
    »Wir haben zum Glück momentan einige Aufträge, und wie du weißt, können wir diese Einnahmen wegen der hohen Außenstände sehr gut gebrauchen. Was wir aber gar nicht brauchen können, ist ein Polizist, der hier herumschnüffelt oder eine Angestellte, die unnötige Fragen stellt. Habe ich mich deutlich ausgedrückt,

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