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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Henriette?«
    Sie schüttelte den Kopf und fasste ungeachtet seiner barschen Worte sachte seine runzlige Hand. »Noch nicht deutlich genug. Was geht hier vor? Bitte, sag es mir. Du weißt, dass ich alles mache , um dir und Anneliese zu helfen.«
    Mit einem Seufzer verpuffte sein Zorn, und er schien vor ihren Augen zusammenzuschrumpfen. Sein Gesicht wirkte fahl. Müde tätschelte er ihre Wange.
    »Und was ist mit Jürgen? Hilfst du ihm auch?«
    Ihr Gesicht verfinsterte sich. »Was hat er jetzt wieder angestellt?«
    »Wenn ich das nur genau wüsste, Henry. Herr Westermann hat gesagt: Sie verstehen doch etwas von Diskretion, Herr Moosbacher, nicht wahr? Ich hoffe das sehr, auch im Interesse Ihres Sohnes. Ganz besonders in seinem Interesse. Alles was ich verlange, ist saubere, diskrete Arbeit. Also bitte ich dich, Henry, stell keine Fragen.« Eindringlich schaute er sie an. »Denn ich werde das auch nicht tun. Und je weniger du weißt, umso besser ist es für dich.«
    »Verrätst du mir wenigstens, wer dieser Westermann überhaupt ist?« Die Tatsache, dass er mit Jürgen zu tun hatte, reichte, um ihr Misstrauen zu wecken.
    Moosbacher druckste herum. »Ein Geschäftsmann mit internationalen Verbindungen. Er wird uns helfen, finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Als Vermittler von Aufträgen in größerem Umfang. Außer diesem hat er noch weitere in Aussicht gestellt. Speziell deinetwegen. Er schätzt deine Fähigkeiten.«
    »Meine Fähigkeiten? Was weiß der denn von meinen Fähigkeiten? Der kennt mich doch gar nicht!«
    Moosbacher erwiderte nichts. Henry kämpfte mit sich und kaute an den Fingernägeln.
    »Trotzdem kriegen wir Ärger. Riesenärger! Da hilft alle Diskretion nichts. Der Mann soll verbrannt werden, also brauchen wir eine amtsärztliche Bescheinigung. Wenn ein zweiter und wirklich neutraler Arzt diese Leiche sieht, wird er keine Freigabe erteilen.«
    Eberhard Moosbacher faltete die Hände. »In diesem Fall«, er zögerte einen Moment, ehe er weitersprach, »ist die Sachlage eine andere. Wir überführen nicht selbst. Ein Unternehmen aus dem Freistaat Bayern holt unseren Kunden ab. Bayern schreibt keine zweite Leichenschau vor bei einer Feuerbestattung, und dort hatte er seinen ersten Wohnsitz.«
    »Aber wir müssen uns an die hiesigen Vorschriften …«
    Moosbacher unterbrach sie mit einer ungeduldigen Handbewegung: »Ja, ja, ja – natürlich! Aber dies ist ein Sonderfall, im, nun sagen wir mal, nicht wirklich rechtsfreien Raum, aber es ist doch eine Auslegungssache. Haben wir einen gültigen Leichenschauschein von einem ortsansässigen Arzt?«
    Henry nickte und wollte schon wieder den Mund aufmachen, aber Moosbacher unterband den Versuch.
    »Die Sterbeurkunde können wir bis morgen auch vorlegen, und dann wird der Mann ordnungsgemäß von dir für die Überführung eingesargt. Ich drücke meinen Stempel in das Formular und unterschreibe. Das war es. Die Verbrennung geht uns nichts mehr an. Die organisieren andere, und die haben das auch zu verantworten! Ende der Diskussion.«
    »Soll ich raten: Das Unternehmen in Bayern hat Herr Westermann auch ausgesucht?«
    »Ende der Diskussion heißt Ende, Henriette!«

* * *

    Viktor Bertram stand neben Elisabeth von Bragelsdorf und betrachtete sie mit melancholischem Blick. Vorsichtig streichelte er über ihre faltige Wange. Im Unterschied zu seinem Sohn zeigte er sich sehr gesprächig, ohne jegliche Berührungsängste. Henry wartete diskret im Hintergrund. »Sie sieht immer noch gut aus, meine Elisabeth. Jeden Morgen habe ich sie damals an der Straßenbahnhaltestelle getroffen, habe sie betrachtet und bewundert. Und eines Tages hat sie zurückgelächelt.«
    Er legte seine Hand auf die ihre.
    »Na ja, Liebe auf den ersten Blick ist es nicht gerade gewesen. Nicht bei ihr. Sie hat es mir ganz schön schwergemacht. Das hat mich allerdings wenig gekümmert. Ich war ein junger Wilder, ein unbekümmerter Heißsporn!« Viktor Bertram gluckste bei dieser Selbsteinschätzung. »Wochenlang bin ich um sie herum geschlichen und habe ihr ganz klassisch den Hof gemacht, bis sie endlich einmal mit mir ausgegangen ist. Aber nicht in Frankfurt. Nein. Wir sind in den Taunus gefahren, spazieren gegangen, ha ben Kaffee in einem sündhaft teuren Restaurant getrunken – schließlich wollte ich sie beeindrucken!« Er lachte leise. »Wissen Sie, Frau Körner, ich habe das nie geglaubt, aber Liebe macht wirklich blind. Und ich war so verliebt!« In die Vergangenheit versunken schloss

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