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Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Titel: Die wunderbare Welt der Rosie Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dickinson Miranda
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hatte als junges Mädchen für Mr Kowalski gearbeitet und Kowalski’s seitdem mit ihren Blumenbestellungen für alle Gelegenheiten betraut – angefangen beim Festschmuck für ihre Hochzeit, später dann die Taufen ihrer Kinder und Enkel sowie sämtliche Geburtstage, Jahrestage und in den letzten Jahren immer häufiger auch Beerdigungen.
    Ed, der sich offensichtlich nicht festlegen konnte oder wollte, wandte sich fragend an mich: »Na, wie sieht es aus, Rosie?«
    »Schau mich nicht so an, Steinmann, oder sehe ich aus, als würde ich deine Termine verwalten? Ich habe noch nichts vor, Marnie.«
    Ed seufzte. »Ich hatte mich ja mal auf einen ruhigen Abend gefreut …«
    Ich lächelte unerbittlich. »Wir haben beide noch nichts vor, Marnie.«
    Marnie stieß einen kleinen Freudenschrei aus und klatschte in die Hände. »Super!«

    Von Ed kam ein leidgeprüftes Stöhnen. »Worauf haben wir uns da gerade eingelassen?«
    »Auf die Premiere meines Theaterstücks! Ihr wisst schon, meine Laienspielgruppe, von der ich euch erzählt habe.«
    Mittlerweile stand Ed blankes Entsetzen ins Gesicht geschrieben. »Oh … nein, warte mal, mir ist da gerade was eingefallen … Ich habe … also, ich habe am Donnerstag doch schon was vor …«
    Im Nu war Marnies Freude wie weggeblasen. »Was denn? Oh Ed, kannst du das nicht verschieben? Es ist mir wirklich wichtig, dass ihr beide kommt. Es ist die Weltpremiere !«
    Ed wollte gerade etwas erwidern, doch ich kam ihm zuvor. »Um nichts in der Welt würden wir uns das entgehen lassen, Marnie.«
     
    Am Donnerstagabend standen Ed und ich dann in der nicht sehr langen Schlange vor dem Theater der Hudson River Players. Es Theater zu nennen, war vielleicht ein bisschen übertrieben: Es war ein alter Speicher unten am Hafen, der vor zehn Jahren in Veranstaltungsräume für lokale Laienspielgruppen umgebaut worden war. Ging man allerdings danach, wie viel Arbeit und Leidenschaft die Schauspieler in die »Weltpremiere« ihres neuen Stücks gesteckt hatten, so standen sie der Radio City Music Hall oder dem Madison Square Garden in nichts nach.
    »Herzlich willkommen«, empfing uns ein ganz in Schwarz gekleideter Mann. Er war spindeldürr, sein Gesicht todernst, und die Programme verteilte er mit so bedeutungsschwerem Blick, als wären es Todesurteile.
    »Dem ist auch schon das Lachen vergangen«, murmelte Ed, als wir uns in die dunklen Tiefen des schwarz verhangenen Lagerhauses wagten.

    »Würdest du bitte endlich aufhören herumzumeckern?«, zischte ich ihm zu, als wir endlich unsere Plätze gefunden hatten – auf einer schlichten Holzbank.
    »Wenn du mir nochmal erklärst, warum wir heute Abend hier sind und uns freiwillig dieser Tortur aussetzen«, gab Ed zurück und schaute sich unter den ebenso wenig begeistert aussehenden Zuschauern um.
    »Wir sind wegen Marnie hier«, erwiderte ich und versuchte mich dem schlecht kopierten Programm mit ehrlichem Interesse zu widmen, entdeckte auf den ersten Blick aber nur Rechtschreibfehler wie Regiseur und Inzenierung . »Wir haben es ihr versprochen.«
    »Aber das ist Laientheater «, stöhnte er. »Das ist tödlich . Ein langsamer und qualvoller Tod! Ich meine, schau dich doch mal um, Rosie: Niemand von den Zuschauern will heute Abend hier sein. Das hier ist schlimmer als Edgar Allen Poe in Endlosschleife. Oder nein, warte mal – war er das nicht eben, der sich da rausgeschlichen hat? Sogar ihm ist das hier zu deprimierend !«
    »Sei still und freu dich, dass du gleich um eine Erfahrung reicher bist. Es ist Marnies Stück, und Marnie gehört zur Kowalski-Familie, kapiert?«
    Ed gab sich geschlagen und ließ die Schultern hängen. »Okay, kapiert.«
    Es muss allerdings gesagt werden, dass das Stück alle Vorurteile bestätigte, die man vielleicht zuvor schon gegen experimentelles Theater gehabt hatte. Danach hatte man auf jeden Fall welche. Als wir Marnie gefragt hatten, worum es in dem Stück gehe, hatte sie uns nur bedeutungsschwanger wissen lassen, dass Armageddon: die Miniserie eine »existentialistische Komödie mit tragi-politischen Untertönen« sei – was wenig erhellend war und uns nur schlecht auf das vorbereitet hatte, was uns nun erwartete. Alle sieben Schauspieler
waren ganz in Schwarz gekleidet und schienen jeweils dreißig verschiedene Rollen zu spielen. »Wir bedienen uns des Gestus im Sinne Brechts, um eine völlige Entfremdung des Publikums von der nur scheinbaren Realität des Stücks zu erreichen, weshalb wir uns ganz bewusst für

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