Die Zaehmung
einem Mann gefallen würde und was nicht. »Und es ist deine feste Überzeugung, daß ich das Herz meines Gatten dadurch gewinnen kann, indem ich im Söller bleibe und mich nur um seinen Haushalt kümmere?«
»Ich bin mir dessen sicher, Mylady. Wollt Ihr jetzt dieses neue Gewand anprobieren?«
Drei Monate lang probierte Liana neue Kleider an. Sie bestellte Pelze, italienischen Brokat und Juwelen. Sie beschäftigte jede Frau, die eine Nadel halten konnte, damit, ihre Kleider mit Stickereien zu versehen. Und sie bestellte nicht nur ihre Garderobe, sondern ließ auch eine Reihe prächtiger Gewänder für Lord Rogan anfertigen. Ihr Vater nahm nur ein einziges Mal Kenntnis von diesen Vorbereitungen, indem er bemerkte, daß der Bräutigam für seine Kleidung schon selbst sorgen müsse. Doch Liana beachtete ihn nicht.
Wenn Liana nicht zusammen mit Helen an ihrer neuen Garderobe arbeitete, überwachte sie das Einpacken ihrer Mitgift. Alles Vermögen, was die Nevilles nicht in ihre Ländereien gesteckt hatten, bestand aus transportierbaren Gütern. Goldene Teller und Kannen wurden zusammen mit kostbaren Glasgefäßen in Stroh gepackt und auf die Wagen geladen. Liana nahm Wandteppiche, Leinwand, geschnitzte Eichenmöbel, Kerzen, Federkissen und Matratzen als Aussteuer mit. Da waren Fuhrwerke mit kostbaren Stoffen, Pelzen, eine dicke mit Eisen beschlagene Kiste voller Juwelen und eine zweite, die nur Silbermünzen enthielt.
»Du wirst von allem etwas brauchen«, sagte Helen. »Diese Männer haben nicht den geringsten Komfort in ihrem Leben gekannt.«
Liana lächelte über diese Bemerkung, weil der Komfort, den sie ihrem Mann brachte, ihr helfen würde, seine Liebe zu gewinnen.
Helen sah Lianas liebeskrankes Lächeln und stöhnte. Sie versuchte aber nicht mehr, Liana diesen Mann auszureden, da sie ja erlebt hatte, wie unmöglich jede Bemühung war, Liana zur Vernunft zu bringen. Helen half nur, die Burg der Nevilles ihrer Reichtümer zu berauben, und erteilte ihr keine Ratschläge mehr.
Die Hochzeit sollte nur im kleinsten Kreis gefeiert werden; denn die Nevilles hatten keinen großen Rückhalt bei der Aristokratie und den Vertretern des Königshauses im Land. Gilberts Vater hatte sich seinen Grafentitel erst ein paar Jahre vor seinem Tod vom König erkauft, und es gab noch viele Leute in England, die sich gut an die Zeit erinnern konnten, als die Nevilles lediglich reiche, rücksichtslose Kaufleute gewesen waren, die fünfmal so viel für eine Ware verlangten, wie sie selbst dafür bezahlt hatten. Liana war allerdings froh, daß sie einen Vorwand hatte, die enormen Kosten für eine große Hochzeitsfeier einsparen zu können! denn so konnte sie um so mehr Güter als Aussteuer mitnehmen in die Burg der Peregrines.
Liana schlief nicht viel in der Nacht vor ihrer Hochzeit. Sie ging im Geist immer wieder die Regeln durch, die sie befolgen mußte, wenn sie einen Ehemann erfreuen wollte, und sie versuchte sich ihr neues Leben als Vermählte vorzustellen. Sie malte sich aus, wie sie mit dem hübschen Lord Rogan zusammen im Bett lag — wie er sie streichelte, küßte und ihr zärtliche Worte zuflüsterte. Sie hatte beschlossen, nicht »in ihren Haaren« vermählt zu werden, sondern einen kostbaren Kopfschmuck zu tragen, weil sie wußte, daß ihr langes flachsfarbenes Haar ihr wichtigster Reiz war, und sie wollte diesen Reiz nur mit ihm — mit ihm allein — in ihrer Hochzeitsnacht teilen. Sie stellte sich vor, wie sie lange Spaziergänge miteinander unternahmen, lachten und sich bei den Händen hielten. Sie träumte davon, wie sie an einem kalten Winterabend vor dem Kaminfeuer saßen, sie ihm vorlas oder sie beide Dame spielten. Vielleicht würden sie um Küsse spielen.
Sie lächelte im Dunkeln, als sie daran dachte, was er wohl sagen würde, wenn er entdeckte, daß er das Mädchen vom See geheiratet hatte. Natürlich war jene Frau ein böses Weib gewesen; aber Rogans Frau würde eine ergebene, stille und liebevolle Lady Liana sein. Sie stellte sich seine Dankbarkeit vor, wenn sie seine schmutzigen rauhen Kleider durch feine seidene und wollene Gewänder ersetzte. Sie schloß einen Moment die Augen und malte sich aus, wie unglaublich hübsch er aussehen würde in einem von diesen dunklen Samtanzügen — einem grünen vielleicht? — und einer juwelengeschmückten Goldkette, die von einer breiten Schulter zur anderen verlief.
Sie würde ihn in die Badefreuden einführen mit ihrem nach Rosen duftenden Badeöl. Vielleicht
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