Die Zaehmung
mit Jeanne Randel verheiratet, als er erst sechzehn war und sie fünfzehn. Seine Eltern und sein Bruder William waren im Jahre zuvor auf der Burg Bevan belagert worden, bis sie dort den Hungertod starben, und die drei ältesten Peregrine-Söhne wurden so sehr von ihrem Krieg gegen die Howards in Beschlag genommen, daß sie keine Zeit zum Heiraten fanden. Daher beschlossen sie, daß Rogan heiraten sollte, damit er die Mitgift des Mädchens einbringen und ihnen ein paar Söhne zeugen konnte, die ihnen später bei ihrem Krieg gegen die Howards halfen. Rogan wehrte sich gegen die Heirat; aber seine Brüder drangen so lange in ihn, bis er zustimmte.«
Die Lady drehte sich zu Liana um und blickte sie an. »Rogan hat in seinem Leben nur Entbehrungen und Schmerzen gekannt. Nicht alle Narben an seinem Körper rühren von Kämpfen her. Auch seine Brüder und sein Vater haben daran mitgewirkt.«
»Und so haben sie Rogan zu dieser Heirat ‘überredet’, wie?« sagte Liana leise.
»Ja! aber er sträubte sich nicht länger, nachdem er sie gesehen hatte. Sie war ein hübsches kleines Ding, so freundlich und fügsam. Ihre Mutter war gestorben, als sie noch sehr jung war, und sie wurde als Mündel des Königs von Nonnen in einem Stift aufgezogen. Vielleicht war es nicht gerade eine leichte Sache für so ein Kind, ein Kloster gegen das Ehebett eines Peregrine zu vertauschen.«
Die Lady blickte Liana an, aber Liana sagte nichts. Am Morgen erst hatte sie entdecken müssen, daß ein Dutzend unehelicher Kinder ihres Mannes im Dorf lebten, und am Abend des gleichen Tages erfuhr sie, daß er schon einmal verheiratet gewesen war.«
Die Lady fuhr fort: »Ich glaube, Rogan hat sich dann in dieses Mädchen verliebt. Er hatte noch nie in seinem Leben Zärtlichkeit erfahren, und ich vermute, er war verzaubert von Jeannes gütigem Wesen. Ich erinnere mich daran, wie sie einmal von einem Spaziergang zurückkamen, und sie trugen beide Blumen im Haar.«
Liana blickte zur Seite, damit die Lady nicht den Schmerz darauf sah. Für seine erste Frau hatte er Blumen gepflückt, und bei seiner zweiten Frau konnte er sich nicht mal an deren Namen erinnern.
»Sie waren ungefähr vier Monate lang verheiratet, als die Howards Jeanne gefangennahmen. Sie war mit Rogan allein im Wald gewesen. Rowland hatte Rogan gewarnt, niemals ohne bewaffnete Begleitung die Burg zu verlassen; aber Rogan dachte, er wäre unsterblich und daß ihm nichts passieren könne, solange er mit Jeanne zusammen war. Ich glaube, sie hatten im Fluß gebadet und . . .« — die Lady sah Lianas bekümmertes Gesicht — ». . . und hielten gerade einen Mittagsschlaf, als Oliver Howards Männer über sie herfielen und Jeanne ergriffen. Rogan konnte nicht mehr an sein Schwert herankommen; aber es gelang ihm, zwei von Howards Männern vom Pferd zu ziehen und einen von ihnen zu erwürgen, ehe die anderen ihn von dem Mann fortreißen konnten. Ich fürchte, daß ein Peregrine gerade einen von Olivers jüngeren Brüdern getötet hatte, und Oliver war deshalb in keiner sehr gnädigen Stimmung. Er befahl seinen Männern, Rogan festzuhalten, während er drei Pfeile in dessen Körper schoß, nicht um Rogan zu töten, sondern um ihm seine Macht zu zeigen. Dann ritten Oliver mit seinen Männern und Jeanne davon.«
Liana starrte die Frau an, während sie sich diese grauenvolle Szene ausmalte. »Und was hat Rogan dann getan?« flüsterte sie.
»Er ging zur Burg zurück«, erwiderte die Lady. »Vier Meilen ging er mit seinen blutenden Wunden zu seinen Brüdern zurück. Und er ritt mit ihnen, als sie am nächsten die Howards angriffen. Er kämpfte mit ihnen, bis er am dritten Tag, glühend heiß vom Wundfieber, von seinem Pferd fiel. Als er wieder zu sich kam, waren zwei Wochen inzwischen vergangen, und seine beiden Brüder Basil und James waren tot.«
»Er behauptete mir gegenüber, er habe seine Brüder getötet«, sagte Liana leise.
»Rogan hat seine Verantwortung immer sehr ernst genommen. Er, Rowland und der junge Severn kämpften noch über ein Jahr lang mit den Howards. Die Peregrines hatten nicht genügend Männer und Geld, um die Burg der Howards angemessen angreifen zu können; denn diese Burg ist eine mächtige und starke Feste. Und so taten sie eben alles, was in ihren Kräften stand — stahlen den Howards Vorräte, brannten die Häuser von deren Bauern nieder und vergifteten alles Wasser, das sie erreichen konnten. Es war ein blutiges Jahr, und dann . . .« Die Stimme der Lady verlor
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