Die Zaehmung
Peregrine niemals der Sklave einer Frau werden. Schon der Gedanke daran ist absurd.«
»Nein, warte«, sagte Rogan. Er blickte nicht vom Boden auf. »Ich war ein Narr, daß ich diese Wette eingegangen bin. Ich hatte keine Ahnung, daß sie die Diebe wirklich herbeischaffen würde. Geh zu ihr und frage sie, was sie von mir verlangt. Vielleicht möchte sie ein oder zwei neue Kleider haben. Ich wollte das Geld nicht für so etwas ausgeben; aber ich werde es tun, wenn es sein muß.«
Als Severn ihm keine Antwort gab, blickte Rogan hoch. »Nun? Hast du etwa noch etwas anderes zu erledigen? Geh zu ihr.«
Severn spürte, wie ihm das Blut in den Nacken stieg. »Sie könnte etwas . . . äh . . . Persönliches von dir haben wollen. Wenn Io mich für einen Tag als Sklaven gewinnen würde, würde sie mich vermutlich an ein Bett fesseln oder . . .« Er brach ab, als er in den Augen seines Bruders diesen Funken von Neugierde aufglimmen sah. »Wer weiß schon, was deine Frau von dir verlangen wird? Vielleicht möchte sie dir einen Eselsschwanz anbinden und dich die Fußböden schrubben lassen. Wer weiß? Diese Frau hört mehr zu, als sie redet. Ich vermute, daß sie besser über uns Bescheid weiß, als wir von ihr wissen.«
»Wie es sich für ein gute Spionin gehört«, sagte Rogan dumpf.
Severn warf die Hände in die Luft. »Ob Spionin oder nicht — mir gefällt die saubere Luft, die ich jetzt hier atme, besser als der Gestank früher. Geh zu ihr und sieh zu, was sie von dir will. Sie scheint mir ein schlichtes Gemüt zu haben.« Damit verließ Severn das Zimmer und machte die Tür hinter sich zu.
Wenige Sekunden darauf verließ Rogan sein Brütezimmer und stieg die Treppe zum Söller hinauf. Er war in den letzten paar Jahren nur hier gewesen, wenn er einen Falken brauchte. Doch die Falken waren nun verschwunden, und die Wände sahen fast feucht aus von dem neuen Kalkanstrich. Drei große Wandteppiche hingen dort, und sein erster Gedanke war, daß er sie für gutes Geld verkaufen konnte. Da waren Sessel, Tische, Schemel und Nährahmen über den Raum verteilt.
Die Frauen im Raum hörten zu schwatzen auf, als sie ihn erblickten, und starrten ihn an, als wäre er ein aus der Hölle entwischter Dämon. An der gegenüberliegenden Wand saß seine Frau auf einer Bank unter einem Fenster. Er erinnerte sich gut an diesen ruhigen, forschenden Blick; aber am meisten erinnerte er sich an ihren Körper.
»Hinaus«, war alles, was er sagte, und dann stand er da und wartete, bis die verängstigten Frauen an ihm vorbeigehuscht waren.
Als er schließlich mit seiner Frau allein war im Söller, bewegte er sich keinen Zoll auf sie zu. Die dreißig Schritte, die ihn von ihr trennen mochten, waren nach seiner Meinung genau der richtige Abstand. »Was verlangst du von mir?« fragte er, seine dunklen Brauen dräuend zusammengezogen. »Ich werde mich nicht vor meinen Männern zum Narren machen lassen. Ich werde keine Fußboden schrubben oder einen Eselsschwanz tragen.«
Liana blinzelte erst erstaunt und lächelte dann. »Ich habe noch nie Gefallen daran gefunden, einen anderen Menschen wie einen Narren aussehen zu lassen.« Langsam — ganz langsam — griff sie sich an den Kopf und entfernte ihre Haube, so daß ihre langen blonden Haare über die Schultern und den Rücken hinunter rollten. Sie schüttelte kurz den Kopf. »Du mußt müde sein von der Reise. Komm hierher und setz dich zu mir. Ich habe Wein und Süßigkeiten hier.«
Er blieb stehen, wo er war, und funkelte sie an. »Versuchst du mich etwa zu verführen?«
Liana erwiderte mit einem ärgerlichen Blick zur Decke. »Ja, das tue ich. Und was ist daran so falsch? Du bist mein Gatte, und ich habe dich seit Wochen nicht mehr gesehen. Komm, erzähle mir, was du alles während deiner Abwesenheit gemacht hast, und ich werde dir erzählen, was wir im Burggraben gefunden haben.« Sie nahm einen Silberbecher von einem Tisch, füllte ihn mit Wein und trug ihn zu ihm. »Koste mal — er stammt aus Spanien.«
Rogan nahm den Becher mit Wein und trank daraus, während seine Augen die ihren keinen Moment losließen. Dann blickte er erstaunt in den Becher. Der Wein schmeckte köstlich.
Liana lachte. »Ich brachte ein paar Rezepte mit nach Moray und überredete deine Köchinnen dazu, sie auszuprobieren.« Sie legte die Hand auf seinen Arm und zog ihn sacht mit sich zur Fensterbank. »Oh, Rogan, ich hätte deine Hilfe so gut gebrauchen können. Deine Leute sind so stur — es war, als würde ich zu
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