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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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dich.«
    Ich sah schweigend zu, wie das Papier verbrannte, und wollte dann einen Knicks machen. Peter meinte nur: »Laß’ den Unsinn, das geht mir nur auf die Nerven! Diese Zeitverschwendung. Meinst du, ich habe nichts anderes zu tun, als die Leute vor mir katzbuckeln zu sehen?«
    Er ließ den Schein in den Sand zu seinen Füßen fallen und trat die Glut aus. Mein Passierschein zerfiel zu Asche und mischte sich mit der Erde zu den Füßen des Zaren. Den verschreckten Makarow schickte er weg. Die Männer in seinem Zelt nahmen ihr Lottospiel wieder auf. Sie sprachen und lachten leise, und ich hörte das pfeifende Geräusch, mit dem sie ihre Karten auf den Tisch warfen.
    »Zu Pferd bist du gekommen?« versicherte Peter sich.
    Ich nickte stumm. Meine Wangen glühten. Er legte mir seine kleinen Hände auf die Schultern. Sie fühlten sich schwer an.
    »Alleine?« fragte er weiter und begutachtete eine Locke meines Haares.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Peter Andrejewitsch Tolstoi hat mich begleitet. Es war eine schöne Reise.«
    Peter blies verächtlich durch seine Nase. »Eine schöne Reise! Gefährlich für eine schöne junge Frau in diesen Tagen, das ist alles! Dumm und leichtsinnig bist du, Martha! Weißt du, was dir alles hätte passieren können!?«
    Ich sah zu ihm auf. »Nichts, was mir hätte passieren können, ist mir nicht schon passiert in meinem Leben. Und das nehme ich gerne für meinen Zaren auf mich.«
    Er musterte mich wieder einen Augenblick schweigend. Seine Augen glitten an mir auf und ab, und er musterte meine Männerkleider, die mir knapp auf dem Körper saßen. Mein Busen, der noch runder geworden war, zeichnete sich deutlich unter der Weste ab. Ich hatte den obersten Knopf gelöst, so daß er etwas Haut erahnen konnte. Was er sah, schien ihm zu gefallen. »Und weshalb bist du hierhergekommen? Ist das Leben in Moskau so langweilig für eine schöne junge Frau? Das ist mir neu!« sagte er spöttisch.
    »Ich bin gekommen«, sagte ich langsam und jedes Wort sorgsam betonend, »weil ich bei dir sein wollte. Und weil ich das Kind des Zaren aller Russen unter meinem Herzen trage.«
    Die Lichter gingen an jenem Abend in seinem Zelt nicht aus.
     
    Der Mond erschien mir zum Greifen nahe. Er leuchtete kühl und hochmütig in die Dunkelheit und war rund und vollkommen. Auf seiner Oberfläche konnte ich durch das dunkle Rohr unruhige Schatten ausmachen. Waren dies etwa Städte wie die unseren? Oder waren es hohe Berge? Gab es dort Flüsse und vielleicht auch Menschen? War der Mond nur ein Spiegelbild der Erde? Weshalb leuchtete er in der Nacht? Ich stellte all diese Fragen an Peter, der dicht neben mir stand und eigenhändig sein Teleskop für meine Augen einstellte. Neben uns auf dem kahlen Erdboden auf der Anhöhe über dem Lager stand eine Truhe, in der er all seine Gerätschaften aufbewahrte. Sein Helfer James Bruce sandte sie ihm für ungeheure Summen Rubel aus England. Er versuchte, mir so gut als möglich zu antworten, sagte aber schließlich nur: »Die Planeten scheinen mir oft wie Menschen, Martha. Es gibt immer eine Seite, die wir nicht sehen.«
    »Selbst der Zar sieht diese Seite nicht?« fragte ich ihn leise und legte meinen Kopf an seine Schulter. Er lachte bitter auf: »Vor allem der Zar sieht diese Seite nicht!« antwortete er mir schließlich.
    Ich schüttelte den Kopf. »Es gibt eine Ausnahme.«
    »Und die wäre?« fragte er mich erstaunt.
    »Die Liebe. Zu lieben heißt, auch die dunkle Seite des anderen zu kennen und zu wollen. Du bist mein Planet, und ich erkenne dich ganz, auch ohne durch ein Rohr in den Himmel zu sehen.«
    Er lachte und legte einen Arm um meinen schon runden Bauch. »Ich mag dich in all deinen Rundungen. Bist du deshalb mein Planet?«
    »Ja«, sagte ich schlicht und drückte mich an ihn.
     
    Es war eine laute, gesellige Runde, die sich zum Abendessen in der Schlüsselburg versammelte. Menschikow hatte fünf ganze Ochsen braten lassen, und die Diener konnten kaum schnell genug Bier und Branntwein nachschenken. Als ich meinen Krug nach einem Trinkspruch absetzte, sah ich, daß Alexej die Arme vor der Brust verschränkt hielt. Er weigerte sich, sein Maß zu trinken.
    Auch Peter hatte den Zarewitsch beobachtet: »Trink!« schrie er und schlug seine Adlertasse hart auf den Tisch, so daß der Wein auf das Tischtuch schwappte. Sein Zwerg Jakim versuchte die Situation abzuschwächen, indem er mit zornigem Gesicht die Geste nachahmte: »Trink, trink!« äffte er den Zaren mit

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