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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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unter den Launen unseres Herrschers zu leiden!‹«
    Ich lächelte geschmeichelt und ergriff seine Hand, die vor Kälte rot war. Während ich in einen dicken Zobelmantel gehüllt war und eine Fellmütze und bunt bestickte Handschuhe in meinem Muff trug, war Alexej nur in seinen Rock nach polnischer Art und ein Leinenhemd gekleidet. Er sah aus wie ein aus dem Schulzimmer entlaufener Knabe. Auch sein dunkles Haar fiel lang und ungekämmt auf seine Schultern. Er betrachtete mich mit fiebrig glänzenden Augen und hing an meinen Lippen.
    »Ich habe ein Wort für dich eingelegt, Alexej. Dein Vater liebt dich …« Hier verkreuzte ich die Finger in meinem Muff, so daß Gott mir diese kleine Lüge verzeihen konnte, »… und wird stolz sein, wenn du den Bulawinaufstand niederschlägst«, antwortete ich ihm.
    Alexej konnte nicht stillstehen und lief vor Freude fast seinen Erzieher Huyssen um, der widerwillig vor mir den Kopf neigte. Ich wußte, daß der dürre Deutsche Briefe in seine Heimat sandte, in denen er sich über die Wäschemagd an der Seite des russischen Zaren lustig machte: Meine Art, mich zu kleiden, und auch meine Vorliebe für starke Schminke und großen Schmuck diente an den Höfen von Potsdam bis nach Darmstadt zur Abendunterhaltung. So grüßte ich ihn nur mit einer kühlen Neigung meines Kopfes zurück. Alexej umarmte mich stürmisch, wich dann jedoch sofort zurück: »Ich sollte dich nicht umarmen. Ich habe Schwindsucht. Doktor Blumentrost hat das festgestellt. Ich will ja nicht, daß du krank wirst, ehe du meine kleine Schwe ster zur Welt bringst!«
    Mein letzter Gedanke, ehe mir im selben Augenblick die Fruchtblase platzte und die erste, ziehende Wehe einsetzte, war: Weshalb nicht deinen kleinen Bruder?
     
    Alexej erhielt die Anweisung, als Gouverneur von Moskau mit härtesten Strafen gegen Bulawin und seine Männer vorzugehen. Mit ihm zog mein lieber Fjodor Matwejew Apraxin, der jedoch die Zeit fand, mir eine Perlenkette anläßlich der gesunden Geburt meiner Tochter Anna Petrowna zu senden. Jede Perle hatte die zarte Farbe von Rauch und war groß wie eine Kichererbse. Der Verschluß bestand aus einem Saphir, groß wie ein Taubenei. Alexej und Apraxin zogen mit über dreißigtausend Soldaten davon, die nun im kargen Winter von dem Land ernährt werden mußten! Sie fingen Bulawins Männer, wo sie nur konnten, und hängten ihre Leichen hoch an Bäume nahe den Dörfern aus denen sie stammten. Feofan Prokopowitsch sandte dagegen eine erste Ausgabe seines Werkes »Der Jugend erste Lehre«, das voller Vorschläge darüber war, wie man ein Kind erziehen sollte. Ich ließ mir die ersten Seiten vorlesen und verbat mir dann jedes weitere Wort daraus. So ein Unsinn konnte nur dem Kopf eines kinderlosen Popen entspringen! Sobald ich wieder kräftig genug war, bestieg ich mit dem Säugling Anna an meiner Brust einen Wagen nach Sankt Petersburg. Sie saugte die wochenlange Reise hindurch meine Brüste leer. An den Gasthäusern trank ich einen Humpen warmen Bieres nach dem anderen, um genügend Milch für sie zu haben.
     
    Wir waren schon mit den Vorbereitungen für das Osterfest in Sankt Petersburg beschäftigt, als Peter von einem Ausflug in die Schlüsselburg auf einer Bahre zu mir zurückkehrte. Peter Schafirow, der ihn bei der Besichtigung des neuen Ladogakanals und der Eichenwälder, die dem Schiffsbau dienen sollten, begleitet hatte, war leichenblaß, als er mir erklärte: »Der Zar ist auf einmal in Ohnmacht gefallen. Er zählte noch die Stämme durch, die wir für die Galeone brauchen werden, dann stürzte er wie ein gefällter Baum zu Boden!«
    Ich drückte ihm Anna Petrowna in den Arm und befühlte die Stirn des Zaren. Seine Augen waren in das Weiße verdreht, und sein Gesicht war aschfahl. Seine Stirn glühte jedoch vor Fieber, als ich ihn berührte. Ich schimpfte: »Das hat er sich bei all den Feiern geholt! Oder war er etwa bei einer kranken Dirne?« fragte ich Schafirow scharf.

Der wurde nur rot und senkte seinen Kopf. Schafirow hatte unter Golowin im Außenministerium gedient und saß nun als Mitglied im Privaten Rat: Für einen zur russischen Kirche übergetretenen Juden war dies ein ungeheurer Aufstieg: Er wollte für Peter leben oder sterben.
    Der Arzt Blumentrost begann augenblicklich eine Kur mit Quecksilber: Peter lag schlaff wie ein Säugling in meinem Arm, wenn ich ihn besuchte. Das Licht in der Krankenstube war durch die vorgezogenen Vorhänge gedämpft. Die Luft stockte. Peter wurde durch

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