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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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damit zu tun?« fragte ich ihn erstaunt.
    »Heiraten, Martha. Sie sind reine Politik, diese Mädchen mit den schweren Haaren und der rosigen Haut! Für jede von ihnen will ich einen deutschen Prinzen! Ob sie nun die leiblichen Kinder meines armen Bruders sind oder nicht.«
    Peter verstummte. Vor uns stand eine letzte Großfürstin. Der schräge Schnitt ihrer Augen und ihre lange schmale Nase erschienen mir flüchtig vertraut. Peter neigte den Kopf und drückte, wie mir schien, widerstrebend, einen hastigen Kuß auf die weiße, mit Altersflecken übersäte Haut ihrer Hand. Sie lächelte knochig. Der Wind fing sich in ihrem Schleier und spielte einen Augenblick damit. Die Sonne brach sich auf den Juwelen ihrer Haube. Nach der Begrüßung schritt sie mit geradem Rücken von uns weg, ohne sich einmal umzusehen.
    »Die einzige Frau, die mir hätte gefährlich werden können!« meinte Peter mit einem dünnen Lächeln, als er ihr nachsah.
    »Wie meinst du das?« lachte ich.
    »Das war die Zariza Marfa Matwejewna Apraxina. Sie war meinem Bruder, dem Zaren Fjodor, in seiner zweiter Ehe angetraut. Seine erste Frau und ihr kleiner Sohn starben an einem Fieber. Zwei Monate lang war Marfa seine Zariza, dann starb er. Tage und Nächte konnte ich nicht schlafen vor Furcht, sie könnte einen Sohn von ihm unter ihrem Herzen tragen!«
    Ich sah Fjodor Matwejewitsch Apraxins Schwester nach, wie sie ruhig den Kai der Newa entlangschritt. Ihr mit Goldfäden bestickter Sarafan schlug dabei Wellen. Sie schien wie ein gleitender Schatten im hellen, österlichen Licht des Tages.
     
    Peter Schafirow rüttelte den Zaren an der Schulter. Peter setzte sich mit einem Ruck auf, und ich erwachte ebenfalls. Die Vorhänge vor den Fenstern waren nicht zugezogen, und das milchige Licht der Sommernacht tanzte durch mein Schlafgemach. Peter wußte einen Augenblick nicht, wo er war, und schlug mit seinen Armen um sich: »Was? Wer? Mutter? Die Strelitzen?«
    Schafirow schlang mutig die Arme um ihn und flüsterte eindringlich: »Ich bin es, mein Zar, Schafirow, dein treuer Diener! Ich habe Neuigkeiten, die es mir erlauben, deinen Schlaf zu unterbrechen!«
    Ich öffnete die Augen nun ganz und lauschte angestrengt in meinen Kissen. Peter entspannte sich. »Schafirow, alter Jude! Was schleichst du hier durch die Gegend? Spuck deine Nachricht aus, und dann laß mich schlafen!« Er war nun hellwach.
    Schafirow lachte: »Bulawin ist tot. Er ist an einer Krankheit gestorben. Aus, vorbei mit dem Haderlumpen. Die Revolte ist beendet.«
    Peter klatschte in die Hände. »Ein dreifaches Halleluja! Morgen soll ein Dankgottesdienst abgehalten werden, und die Glocken des Reiches haben zu läuten! Bulawin ist tot! Verreckt, der Hund! Es gibt doch noch einen gerechten Gott!« lachte er.
    Schafirow trat von einem Fuß auf den anderen. »Was gibt es noch?« fragte der Zar ihn.
    »Die Schweden …«, begann Peter Schafirow.
    »Ja?« Ich konnte nun die Furcht in seiner Stimme hören.
    »Die Schweden ziehen nach Süden, direkt in die Verbrannte Erde hinein. Und unsere Siebten Dragoner haben General Löwenhaupt mit zwölftausend seiner Männer und einem Troß an Verpflegung den Weg abgeschnitten. Löwenhaupt und sechstausend der Soldaten konnten fliehen. Aber mehrere Tausend Karren an Verpflegung und Munition sind unser …«
    »Sie werden Hungers sterben …«, flüsterte Peter. Er sprang aus dem Bett und umarmte Schafirow. »Dies ist die erste Nacht unseres neuen Glücks!« rief er.
    Die Worte krochen wie Spinnenbeine über meine Haut, die zu prickeln begann.
    In der trüben Dunkelheit sah ich Schafirow nicken.
     
    »Wie findest du sie? Hübsch? Oder nicht?«
    Peter legte bei seiner Frage den Kopf schief und betrachtete selber zweifelnd das Gemälde, das vor ihm aufgebockt war. Er hatte es selber nahe an das Fenster geschoben, so daß das Morgenlicht voll auf die Leinwand fiel. Es zeigte eine junge Frau, deren eigenes Haar unter einer kurzen, gewellten und gepuderten Perücke verborgen war. Ihre Wangen glühten rosig, und sie trug keinen Schmuck. Auch ihr Kleid aus einem hell schimmernden Damast war eher schlicht geschnitten. Dennoch trug sie ihrem Stand gemäß einen schweren Mantel aus blauem Samt und Hermelinpelz, der ihr lose um die Schultern fiel. In einer ihrer zarten Hände hielt sie eine Rose. Sie lächelte ihren unbekannten Betrachter an. Ihre runden blauen Kinderaugen blickten dabei ohne Ausdruck ins Leere.
    »Ich weiß nicht recht«, sagte ich. »Sie wirkt angenehm.

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