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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Gänseleberpastete, den sieben Sorten Fisch oder auch nur den Pasteten und den in Fett gebratenen Käserollen wirklich zuzusprechen. Nur an dem französischen Perlwein taten wir uns reichlich gütlich, und die Laune stieg von Augenblick zu Augenblick. Die hohen französischen Spiegel an beiden langen Wänden des prachtvollen Saales warfen unser Bild hundertfach wider: die langen Reihen von Tischen, an denen die damy und die Männer getrennt saßen. Nur in der Mitte war ein runder kleiner Tisch, an dem zeitweilig die Admiralinnen Cruys und Botsis gemeinsam mit Elisabeth und Anna saßen.
    Nach den ersten Speisen sah Peter sich in der Menge der Damen, die um mich saßen, um und schrie: »Steh’ auf, Anastasia Golizyna – ich ernenne dich zur Hofnärrin ihrer Majestät!« Er griff die Prinzessin Anastasia Golizyna an den Haaren und zog sie von ihrem Sitz. Er hatte bereits drei Flaschen moldawischen Wein, zwei Humpen Prager Bier und eine Karaffe Birnenwodka getrunken. Die alte Prinzessin versuchte noch, ihr Essen herunterzukauen und machte eine abwehrende Bewegung.
    »Doch, doch, in die Mitte des Saales mit dir! Dreh dich, dreh dich, babuschka !« rief Peter weiter. Wir alle begannen johlend in die Hände zu klatschen. Anastasia Golizyna stand ungeschickt in der Mitte des Saals und drehte sich im Takt. Peter ergriff ein Stück geräucherten Lachs und warf es nach ihr. Er traf sie an der Wange, und der Fisch blieb an ihrer pastigen Schminke hängen. Ihre hohe, gepuderte Perücke verrutschte etwas. Peter jubelte: »Treffer! Treffer! Jetzt du, Katerinuschka, mal sehen, ob du besser auf die alte Fregatte schießen kannst!«
    Ich fiel in sein Lachen ein, nahm noch einen Schluck Wodka und warf mit Schwung einen Hühnerflügel nach Anastasia Golizyna. Das gebratene Fleisch traf sie an der Nase. Ich klatschte vor Freude in die Hände, und Peter schrie mit rotem Gesicht voll Stolz: »Ein Salut für die Zariza! Treffsicher wie der beste unter meinen Männern!« Die Männer zogen ihre Pistolen und schossen in die mit Stuck und Gold verzierte Decke. Die damy leerten ihre Adlertassen auf einen Zug und mußten sie sich sogleich nachfüllen lassen.
    Um drei Uhr nachmittags wurde es bereits dunkel. Dennoch warteten wir noch einige Stunden, ehe der Nachthimmel bis zum späten Morgen hin von einem Feuerwerk erhellt wurde. Die Häuser von Sankt Petersburg färbten sich rot, blau und golden unter den fauchenden Raketen, den flammenden Blumen und den glitzernden Feuerkugeln am Nachthimmel. In den Straßen um den Winterpalast und entlang des Flusses gab es Freibier, und an allen Ecken der Stadt boten fliegende Händler Fleischspeise, blintschiki mit Fisch und smetana an. Andere hielten fette Hühner, Gemüse- und Käsepasteten und mit kascha und Lammfleisch gefüllte Kohlblätter feil. Der Wodka ließ ein Feuer in den Adern der Menschen brennen: Trotz der klirrenden Kälte, die einem den Atem zerspringen ließ, spielten Musikanten auf den Plätzen auf. Die Bewohner von Sankt Petersburg tanzten ausgelassen in Pelze und Mäntel gehüllt in den Straßen und auf dem Eis des Flusses und der Kanäle. In den Gaststätten gingen die Lichter nicht aus, der Wodka floß in Strömen, und der Gestank nach dem Schießpulver des Feuerwerks lag noch fast drei Tage über den Brücken der Stadt.
    Am späten Morgen, als es hell wurde, geleitete ein Troß von Schlitten und Fackeln Peter und mich zu seinem Appartement im Winterpalast. Menschikow hatte sich ein Paar Schellen von den Musikanten gegriffen und schlug sie unentwegt mit Getöse aneinander, während er im Eingang des Winterpalastes nur unsicher einen Fuß vor den anderen setzte. Er war schon zu betrunken, um den Lärm, den er verursachte, selber noch zu vernehmen. Schafirow, Devier und Peter aber stimmten im Takt der Schellen ein Trinklied nach dem anderen an. Darja Menschikowa und Anna Devier machten ungehemmt Witze über meine Hochzeitsnacht, die mir die Ohren rot werden ließen. In unserem Schlafzimmer angelangt, wollte Menschikow schon das Bettuch zurückschlagen, doch Peter griff ihn am Nacken und schüttelte ihn wild. »Faß mein Brauttuch nicht mit deinen rußigen Fingern an, du Lump!« schrie er. Damit schob er seinen alten Freund vor die Tür und brüllte fröhlich den Rest der kleinen Gruppe an: »Hinaus, liederliches Pack! Ich muß jetzt meine ehelichen Pflichten gegenüber meiner scheuen Braut erfüllen.« Alles lachte und verzog sich langsam und unter Scherzen aus dem Raum. Aus der Ferne

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