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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Villebois!« Sie ging mit ihrem ersten Kind schwanger und wurde in jenen Monaten von Albträumen um die Sicherheit ihres Gatten gequält. Ich lachte und küßte sie auf die Stirn. »Geh’ nach Hause Ulrike. Ich bin sicher, dort wartet bereits ein Bote mit Neuigkeiten auf dich.«
    Sie knickste tief und ging rückwärts zur Tür: Gerade in diesem Augenblick klopfte es kurz, und die Klinke wurde mit Schwung heruntergezogen. Marie Hamilton kam eiligen Schrittes in den Raum. Ulrike zögerte kurz und war offensichtlich neugierig, doch ich winkte sie hinaus.
    Als wir alleine waren, verneigte Marie Hamilton sich. Ich hatte gehört, daß Marie wieder in gesegneten Umständen sei – ich konnte jedoch davon noch nicht sehr viel erkennen. Sie hatte bereits sechs Kinder zur Welt gebracht, hatte aber erstaunlicherweise noch immer den straffen Körper eines jungen Mädchens. Ich konnte nicht sagen, ob dieses Kind wieder von Peter sein sollte oder etwa von dem einstigen Strelitzen Grigori Orlow. Er war den Hinrichtungen von Moskau vor einigen Jahren entgangen und beglückte nun mit Ausdauer und Lust die damy von Sankt Petersburg. Unter der Hand wurde in den Salons geflüstert, er sei so wohlbehangen wie ein Pferd und kräftig wie ein Stier.
    »Was gibt es denn, Marie, daß du trotz deines Zustandes so durch den Palast eilst?« fragte ich meine Hofdame leicht spöttisch.
    »Es geht um den Zarewitsch, Zariza«, antwortete sie kurzatmig und schlug sich mit ihrer kleinen Hand auf den beachtlichen Busen. Dabei warf sie mir einen prüfenden Blick zu. Es war ihr offensichtlich unangenehm, daß ich von ihrem Zustand wußte.
    »Was gibt es? Ist Sophie Charlotte endlich in gesegneten Umständen?« fragte ich also nur.
    »Im Gegenteil! Der Zarewitsch hat seit der Hochzeitsnacht nicht bei ihr gelegen. Heute nachmittag hat er bei seinem Beichtvater anfragen lassen, unter welchen Umständen er Sophie Charlotte zu ihren Eltern zurückschicken könnte«, erwiderte sie erregt.
    »Und was hat der alte Krautkopf ihm geantwortet?« erkundigte ich mich ruhig.
    »Unfruchtbarkeit. Angeblich geht das ganz einfach, wenn man mit einer Frau verheiratet ist, die nicht dem russischen Glauben angehört! Wenn sie ihm nach drei Jahren kein Kind gebiert, so kann er sie verstoßen! Das sagt der Pope. Ansonsten kann er sie zur Taufe zwingen, sie kahlscheren lassen und in ein Klo ster schicken. Sophie Charlotte weint nur noch seit Tagen, und wenn Alexej ihrer ansichtig wird, so schlägt er sie, oder er wirft alles nach ihr, dessen er habhaft werden kann.«
    Ich überlegte nicht lange, sondern stand auf und klatschte in die Hände. »Meine Kutsche! Laßt anspannen! Meinen Mantel!« rief ich, als meine Kammerfrau in den Raum eilte. Sie gab meinen Befehl an einen Diener weiter, der sich im Laufschritt entfernte. Ich hörte seine mit Metall beschlagenen Ledersohlen auf dem Holzparkett klappern.
    »Was tust du, Zariza?« fragte Marie Hamilton mich erstaunt.
    »Ich werde meinem Stiefsohn einen Besuch abstatten«, erklärte ich ruhig.
    »Aber …« Sie schien besorgt.
    »Aber was?« fragte ich, während mir mein leichter Umhang aus weichem Satin in kaiserlichem Grün um die Schultern gelegt wurde. Ich zögerte, überlegte kurz und ließ mir von Marie dann noch eine Kette aus Türkisen und Diamanten umlegen, die fast meinen gesamten Ausschnitt bedeckte. Dazu reichte Marie mir die Ohrgehänge. Ich streckte die Arme aus, und sie griff aus der offenen Schmuckschatulle auch noch die dazu passenden Armreifen. Der Verschluß rastete leise nahe meiner Haut ein.
    »Alexej hat heute abend Gäste im Winterpalast«, sagte sie vorsichtig. Sie sah verschreckt aus und schlug mit ihren langen Wimpern wie eine junge Eule mit den Flügeln.
    »Und? Meinst du, ich habe noch kein ausgelassenes Bankett gesehen? Keine Sorge, ich bin so einiges gewohnt«, gab ich verwundert zurück, während ich mich kurz im Spiegel musterte. Gut. Ich wandte mich zum Gehen. »Komm jetzt, ich muß mit ihm reden, ehe er zu betrunken ist!« befahl ich über meine Schulter hinweg. Marie Hamilton knickste so tief, wie sie konnte, und eilte mir mit besorgtem Gesicht nach. Die engen Gänge und das kleine Treppenhaus des Sommerpalastes an der Fontanka waren noch von der Sonne des Tages warm, als wir das Haus verließen.
     
    In der Karosse konnte ich wohl sehen, daß Marie gegen Übelkeit ankämpfte. Das Gefährt rüttelte über den unregelmäßigen Grund des von Peter so sorgsam angelegten Gartens um den Sommerpalast,

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