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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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noch verwirrt aufsetzte, ließ das Mädchen ihren straffen Schenkel herausfordernd auf dem Rücken des Zaren ruhen. Ihre schlanken Finger spielten in seinem krausen, ergrauenden Brusthaar. Sie lächelte mich mit vollen Lippen an, und ihre eigentümlichen, mit Gold gesprenkelten blauen Augen waren schmal wie die einer Katze. Ihr honigfarbenes Haar lag wie ein Kranz aus Sonnenstrahlen auf dem Kissen. Sie machte keinerlei Anstalten, sich zu bedecken.
    Es war Maria Kantemir.
    »Katerinuschka, was machst du denn so früh am Morgen schon hier …«, wiederholte Peter lahm. Maria dagegen lächelte mich an, streckte ihre schmalen Arme und stützte sich auf ihre Ellenbogen auf. Sie neigte anmutig den Kopf und sagte mit frecher Ehrerbietung: »Zariza, meine immerwährende Treue und Ergebenheit!« Ihre Brüste waren voll und rund, ohne im mindesten nach unten zu hängen. Neid durchfuhr mich. Wie schön sie war! Mein eigener Körper glich nach elf Niederkünften und dem übermäßigen Genuß von smetana, blintschiki und Wodka einem nassen Sack voll schwerer Steine.
    »Batjuschka, du Riesenmann, du bist schwer! Laß mich mich unter dir bewegen!« gurrte sie. Peter errötete. »Natürlich, meine Prinzessin …«, stammelte er.
    Ich wollte meinen Ohren nicht trauen! Sie räkelte sich und schlug die langen Beine übereinander. Peter stieg aus dem Bett und warf sich seinen alten grünen Hausmantel über. » Matka , weshalb kommst du auch hier so einfach herein …«, sagte er hilflos, als er die Tränen in meinen Augen sah.
    »Ich wollte dir etwas sagen, mein Zar«, konnte ich nur mit leiser Stimme antworten. Er legte seinen Arm um meine Schultern und führte mich an eines der Fenster.
    »Mir etwas sagen? Was denn?« fragte er und warf einen unruhigen Seitenblick auf sein Bett. Maria Kantemir hatte sich auf den Bauch gedreht. Ihren Kopf hatte sie auf ihre Hände gestützt. So beobachtete sie uns mit keck hochgezogenen Augenbrauen. Ich zwang mich zu einem Lächeln und beugte mich näher zu Peter. Leise, ganz nahe an seinem Ohr sagte ich: »Ich bin wieder guter Hoffnung, mein Zar. Ein Zarewitsch für das Reich!«
    Er dagegen lachte auf und meinte: »Das ist wunderbar, Katerinuschka! Laß uns das heute abend feiern!« Peter sah mich abwartend an. »Gibt es noch etwas, was du mir sagen wolltest?«
    Ich schüttelte erstaunt den Kopf. Peter sah zu Maria Kantemir, die ihre Schenkel spreizte und ihre goldenen Waden wippen ließ.
    »Na, dann …«, sagte er und zuckte mit den Schultern. Ich verstand nicht sofort. »Ich sehe dich zum Abend, bei Tisch«, sagte er nun bestimmt und schob mich zur Tür. Ich war verabschiedet.
    Noch in der Tür des Schlafzimmers sah ich, wie Peter an sein Bett trat und Maria Kantemirs Hüften mit Schwung nach oben zog. »Ich sollte dir die Peitsche geben lassen, frech wie du bist! Wenn das nicht zu schade um deine zarte Haut wäre …«, knurrte er.
    Sie lachte weich und rollte auf ihren Rücken. Ihre schlanken Arme streckten sich nach dem Zaren aus. Die Tür schloß sich hinter mir.
    Der junge Kammerherr sah mich mit betretenem Gesicht an. Er eilte, die kleine Tür in der Tapete zu öffnen. Ehe ich ging, fragte ich ihn noch: »Wer hat dir den Befehl gegeben, mich nicht einzulassen? Der Zar oder Prinzessin Kantemir?«
    Er zögerte mit seiner Antwort, murmelte dann jedoch: »Die Prinzessin Kantemir.«
    »Und du hast ihr gehorcht?« fragte ich erstaunt. Er senkte nur den Kopf und wagte es nicht, mich anzusehen.
     
    Erst als ich allein in dem kleinen Gang stand, merkte ich, daß meine Finger sich schmerzhaft in das kleine chinesische Buch verkrampft hatten. Ich konnte keines des Bilder mehr erkennen, weil meine Tränen mich blind werden ließen. Meine Knie gaben unter mir nach, und ich sank zu Boden. Ich wischte mir die Tränen von den Wangen. So konnte ich Ulrike nicht unter die Augen treten. Ja, ich trug ein Hemd aus Seide statt aus härer Wolle, und der Boden unter meinen Füßen war aus edlem Holz statt aus festgetretener Erde. Sonst schien es, als habe sich wenig in den vergangenen zwanzig Jahren geändert. Ich sah mich dem Schicksal hilflos gegenüber: Mein Sohn war tot, und im Bett meines Mannes lag einen andere, junge Frau.
    Die Schatten erweckten die bunten Bilder in meiner Hand zum Leben. Die Frau, die darauf einem Mann Lust schenkte, sah im Kerzenschein aus wie aus Gold gemeißelt.
    Ich begann, langsam eine Seite aus dem Buch nach der anderen in Fetzen zu reißen.
     
    Das sehr kalte Frühjahr ging in den

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