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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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drehen. Die Gäste schlossen sich ihnen an, doch vor Trunkenheit fielen wir nur durcheinander. Je mehr wir uns anstießen und ausrutschten, um so mehr mußten wir lachen. Schließlich griff Peter sich die Trommel eines Wachmannes und begann sie dröhnend zu schlagen. »Die Hochzeitsnacht! Es ist Zeit für die Hochzeitsnacht! Zu Bett! Zu Bett mit dem jungen Paar!« schrie er, als sei er ein Bote auf einem Marktplatz. Menschikow, Apraxin und Pawel Jaguschinski griffen den Prinzen Buturlin an Händen und Füßen, luden ihn sich auf die Schultern und stolperten die Palasttreppen mit ihm hinunter ins Freie.
    Die frische Herbstluft belebte uns soweit, daß wir sicher den Weg zur Brautkammer fanden: Peter hatte im Erdgeschoß des kabak »Vier Fregatten« ein Bett aus Fässern voll Schnaps errichten lassen. Die Prinzessin Sotowa konnte kaum noch stehen vor Trunkenheit, so daß Peter ihr selber ins Bett helfen mußte. Peter Iwanowitsch Buturlin schien die Idee einer Hochzeitsnacht weniger zu mißfallen: Er begann an den Bändern ihres Kleides zu ziehen. Wir tranken noch ein Glas schweren französischen Likör auf ihr Wohl und zogen uns dann in den Nachbarraum zurück. Dort drängten wir uns lachend an die Wände, denn Peter hatte darin Gucklöcher bohren lassen. Wir konnten das Bett aus den Fässern sehen und klammerten uns vor Heiterkeit aneinander, als wir die welken Brüste der Sotowa und die vergeblichen Bemühungen des Sauf-Popen Buturlin um seine erschlaffte Manneskraft sahen.
    So feierten wir den Frieden von Nystad eine ganze Woche, und mit jedem Tag hatte Peter sich komischere und verrücktere Dinge ausgedacht: Ich erinnere mich, wie der gute Buturlin in einem riesigen Faß voller Bier das Schwimmen lernen mußte, während ein als Meeresgott verkleideter Matrose versuchte, ihn unterzutauchen, und ihn mit seinem Dreizack anstach. Peter Iwanowitsch Buturlin stank für Wochen nach Malz und Hefe. Wer von den Würdenträgern des Reiches in dieser Woche ohne Narrenkleider auf den Straßen gesichtet wurde, erhielt Peitschenschläge, mußte hundert Rubel bezahlen und zwei Adlertassen zur Strafe trinken.
     
    Eine Woche nach den Feiern von Nystad begann ich in den frühen Morgenstunden zu bluten. Die Geburt setzte um Wochen zu früh ein. Mein kleiner Sohn kam in den Morgenstunden eines der ersten Oktobertage leblos zur Welt. Peter besuchte mich in meinen Gemächern. Sein Gesicht war grau vor Verzweiflung, und ich fühlte mich, als sei mir neben meinem Leib auch noch mein Herz zerrissen. Er schien meinen Blick zu meiden.
    »Was ist passiert, Blumentrost?« fragte er leise, als er an meinem Lager saß. Der Arzt zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, mein Zar. Ich habe getan, was ich konnte. Es war ein gesunder und starker Junge. Aber die Nabelschnur hat sich um seinen Hals geschlungen: Er ist wohl schon im Mutterleib erstickt. Deshalb hat auch die Geburt zu früh eingesetzt. Mehr kann ich nicht sagen.«
    Peter nickte. Er hatte genug gehört. Blumentrost jedoch zögerte und fuhr zu sprechen fort: »Und, auch wenn dies eine empfindliche Angelegenheit ist …«
    »Ja, was?« fragte der Zar. Seine Stimme klang fast hilflos. Ich merkte, er wollte gehen.
    Blumentrost holte tief Luft, um das, was er sagen mußte, so schnell als möglich hervorzubringen. »Die Geburt war schwer, mein Zar. Sehr schwer sogar. Die Zariza hat viel Blut verloren. Ich kann noch nicht sagen, wie es um sie steht.« Ich schloß die Augen vor dem, was kommen mochte, doch leider waren meine Hände zu schwach, um sie mir auf die Ohren zu legen. Blumentrost fuhr fort. »Meiner Ansicht nach ist es besser, wenn die Zariza keine Kinder mehr bekommt.«
    Die Ungeheuerlichkeit des Gesagten türmte sich zwischen Peter und mir auf. Jedes Wort schien mir wie ein Stein, der eine unüberwindbar hohe Mauer zwischen uns errichtete. Zwölfmal hatte Gott mir die Gelegenheit gegeben, dem Reich einen Erben zu schenken. Zwölfmal hatte ich versagt. Nun sollte alles vorbei sein.
     
    Peter, so hörte ich, ging noch an demselben Abend mit Maria Kantemir zu einem Festessen in Menschikows Palast. Sie trank aus seinem Glas, und er fütterte sie mit kleinen Happen von seinem Teller.
     
    Einige Tage später kannten wir den vollen Wortlaut des Friedensvertrages von Nystad. Ich kleidete mich für das Te Deum in der Dreieinigkeitskirche, als Peter in meine Gemächer kam. Ich war noch immer schwach und benötigte für die einfachsten Handgriffe die Hilfe meiner Hofdamen.

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