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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Ulrike Villebois und ihre Gehilfinnen versanken sofort in einen tiefen Knicks, was Peter ärgerlich abwehrte. »Macht weiter, meine damy ! Ich will nur sehen, daß Ihr die Zariza so schön macht, wie es der heutige Anlaß erfordert«, meinte er geheimnisvoll. Ich hob den Kopf, auf dem mir der parikmacher gerade meine Haare in dicken Zöpfen um meinen Kopf auftürmte. »Bin ich nicht schön genug für die Verlesung des Friedensvertrages?« fragte ich. Dabei gab ich meiner Stimme einen heiteren Klang. Nichts verjagt einen Mann schneller als der Geschmack von Essig in den Worten einer Frau. Er küßte mich leicht in den Nacken, und meine jüngeren Damen kicherten verlegen.
    »Oh, sicher – aber man weiß ja nie, was der Tag noch bringt«, meinte er. »Ulrike …«, er wandte sich an die Admiralin Villebois, »… bringe der Zariza die Halskette, die ich ihr am Tag ihrer Hochzeit geschenkt habe.«
    Ulrike kam gehorsam mit der flachen Schatulle aus dem Nebenraum, und Peter legte mir das schwere Halsband um. Die Perlen lagen kühl auf meiner Haut, und die bunten Edelsteine in den Schwingen des russischen Doppeladlers funkelten herausfordernd. Peter musterte mich und schien zu überlegen. »Die Frisur ist gut. Ulrike, das Kleid aus rotem Samt, mit den Ranken aus Silber für die Zariza«, befahl er dann. Ich wollte protestieren, da ich die kaiserlich grüne Seide tragen wollte. Aber er hob abwehrend die Hand. »Ich weiß, was ich tue, matka . Widersprich mir nicht vor deinen Damen, sonst muß ich dich peitschen lassen«, sagte er freundlich.
    Als ich gekleidet war, ging er prüfend um mich herum. »Gut«, erklärte er zufrieden. »Laß uns gehen.« Er reichte mir den Arm, und wir schritten gemeinsam die Treppe in den Hof hinunter, wo unsere geschmückten Schlitten auf uns warteten und die Fußmänner wegen der frühen Kälte von einem Bein auf das andere sprangen. Ehe er einstieg, drehte er sich noch zu mir. »Meinst du, ich muß meine Perücke aufbehalten?« Ich musterte ihn. Sein eigenes von grauen Strähnen durchzogenes Haar sah schon wieder hier und dort unter der Perücke hervor, da er sie schon mehrmals auf- und abgesetzt hatte. Ich nickte lachend. Er zuckte mit den Schultern. »Wenn es sein muß. Aber ich komme mir vor wie ein Affe«, brummte er und schob sich das falsche Haar schief auf dem Kopf zurecht.
     
    Peter schien während des langen Te Deums unfähig, auch nur einem der wohlgewählten Worte aus dem Mund von Feofan Prokopowitsch zu lauschen. Ich ertappte ihn mehrere Male dabei, daß seine Füße ungeduldig auf den Boden schlugen. Seine Augen eilten fliehend über die Reihen seiner Freunde und Würdenträger. Einmal traf mein Blick den von Alexander Menschikow. Ich hob fragend die Augenbrauen, doch er zog nur ebenso unwissend die Schultern nach oben. Ich richtete meine Gedanken auf die Messe. Die Worte von Feofan Prokopowitsch reihten sich wie eine Perle an die andere. Seine Sätze waren eine vollkommene Kette von Sinn und Schönheit. Was für eine Gabe dieser Mann besaß! Ich schloß mit meinen Augen die Welt aus. Seine Stimme hallte von der goldenen Kuppel der Dreieinigkeitskirche wider:
    »Ich wünsche mir, daß unser gesegnetes Volk weiß, was Gott der Herr für uns getan hat! Gott der Herr und unser Zar durch seinen Willen! Wir müssen beiden danken, mit unserem ganzen Herzen und unserer ganzen Kraft. Der Friede aber ist ein zerbrechliches Gut: Wir dürfen in unseren Bemühungen um ihn nicht nachlassen. Denn wollen wir, daß Rußland dasselbe Schicksal wie die Griechen und die griechischen Könige erleidet?«
    Seine Worte donnerten in meinen Ohren, und ich schüttelte eilig den Kopf, ohne zu wissen, welches denn ihr Schicksal gewesen war. Als ich sah, daß Alex ander Danilowitsch dasselbe tat, mußte ich mir ein Lachen verbeißen. Wir waren beide so unwissend!
    Nun sollte sich die Menge zu einem Gebet auf den Knien niederlassen. Feofan Prokopowitsch jedoch gab Peter Schafirow ein Zeichen. Er berührte das schwere Brustkreuz, die Panagia, auf seiner Brust und senkte das Haupt.
    Schafirow erhob sich von seiner Bank. Mir fiel auf, wie ausladend er geworden war. Aus dem spindeldürren kleinen Mann, der Peter durch seinen Übertritt vom Judentum zur russischen Kirche gefiel, war ein fetter, selbstgefälliger Prinz geworden: Seine Jacke, die aus blauer Seide geschnitten und mit Gold und Diamanten bestickt war, tat nichts dazu, dies zu verbergen. Die hellen, engen Hosen spannten um seine von Wasser schweren

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