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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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tollten wir durch die Straßen, ehe wir uns zu einem Kostümfest in den Palast zurückzogen. Ich sah aus wie eine holländische Bäuerin, mit Blumen in meinem Haar und einem blau-weiß gemusterten Gewand, während Peter wie ein Segler aus dem Friesland aussah. So mischten wir uns unter die Narren, die Feen, die Hirten und die persischen Prinzen, die mit uns in den Morgen tanzten und feierten. Zum Morgen hin sah ich, wie Peter Maria Kantemir nahe bei meinem Stuhl auf einen Diwan zwang: Er schob ihr geschickt ihr gefaltetes Gewand bis über die nackten Hüften und spreizte ihre Schenkel. Dabei klirrten die kleinen Glocken und Schellen, die sie an den Fuß- und Handgelenken trug, leise. Sie legte ihre Hände um seinen Kopf. Ihre langen Finger wanden sich durch sein dichtes, von grauen Strähnen durchzogenes Haar wie Giftschlangen im hohen Gras. Zu meinem Erstaunen jedoch bestieg er sie nicht, sondern beugte demütig sein Haupt und begann sie zu lecken. Das zarte Haar zwischen ihren Schenkeln sah aus wie der goldene Flaum frisch geschlüpfter Küken. Sie warf den Kopf zurück und ließ es mit genußvoll geschlossenen Augen geschehen. Dann sah ich sie sich aufbäumen und erschauern. Peter öffnete sich die Hose und wollte in sie eindringen. Sie jedoch lachte auf und schloß die Schenkel. Er sah sie erstaunt an, doch sie griff nur seinen Kopf und küßte ihn. Er lachte nun ebenfalls, nahm sich mit einer Hand eine Flasche Wodka. Mit der anderen Hand hob er sie auf und legte sie sich über die Schulter. Dort ließ sie sich schlaff wie eine junge Katze hängen. So sah ich die beiden in den Gängen des Palastes verschwinden.
    Ich schenkte mir die Adlertasse voll Branntwein, und seine warme Schärfe brachte mir Vergessen.
     
    »Hast du Schnupfen, Katerinuschka? Deine Augen sind so rot!« sagte Peter am nächsten Morgen verwundert, als wir unsere Plätze unter den Baldachinen für die Narrenhochzeit des Sauf-Popen Peter Iwanowitsch Buturlin und der Witwe des Prinzen Nikita Sotow einnahmen. Die Hochzeit war von Maria Kantemir und Peter als Herzstück der Feiern und als Auftakt für eine trunkene Synode geplant worden. Sowohl Buturlin als auch die Prinzessin Sotowa hatten erst vor einigen Tagen erfahren, daß sie zur Feier von Nystad die Ehe miteinander schließen sollten. Beide hatten um Hilfe bei mir vorgesprochen, doch ich wußte, ich konnte nichts für sie tun. Als ich nun jedoch Braut und Bräutigam so stehen sah, mußte ich selber lachen: Die Prinzessin Sotowa war bereits ein altes Weib von fast sechzig Jahren. Die frischen Blüten in ihrem grauen Haar und das bunt geschminkte, faltige Gesicht nahmen sich doch äußerst drollig aus. So mußte ich auch lachen, und Peter zwickte mich in den Arm: »Ich mag es, wenn du lachst, Katerinuschka! Du hast viel zuviel geweint, und das schlägt dem Zarewitsch aufs Gemüt.« Damit tätschelte er meinen Bauch, ehe er dem Bräutigam Peter Buturlin auf den Thron neben ihm half. Er schlug ihm auf die Schulter. »Na, der junge Bräutigam, bist du aufgeregt?«
    Buturlin zwang sich zu einem Lächeln. Die Witwe des Prinzen Sotow nahm nun neben mir Platz. Peter klatschte in die Hände, die Musik spielte auf, und die Türen des Festsaals öffneten sich: Herein liefen die Diener mit den Trögen voll Wodka und Branntwein. Sie waren so schwer, daß vier Mann sie gleichzeitig anheben mußten. Ihnen folgten Männer, die sich Weinkühler aus Silber auf die Schultern geladen hatten. Die Gefäße waren so groß, daß Anna und Elisabeth bequem darin hätten baden können. Sie begannen, die Adlertassen der Gäste mit großen Schöpfern zu füllen. Es gab kaum etwas zu essen, und die Soldaten überwachten, daß auch jeder seine Tasse zügig leerte. Sie winkten sofort die Diener mit ihren gefürchteten Schöpfern wieder heran. Ich sah, wie der Franzose Campredon sich mit blassem Gesicht bekreuzigte. Er hatte sich gerade erst von der Schiffstaufe der Fregatte »Friedmacher« mit ihren 86 Kanonen erholt: Er hatte an jenem Tag ebenso viele Gläser Wein leeren müssen. Jenes Fest war so wild gewesen, daß Apraxin, James Bruce und auch der Admiral Cruys lieber die fünfzig Rubel Strafe für ihre Abwesenheit zahlten, als daran teilzunehmen. Damit kamen sie noch milde davon, erinnerte ich mich: Der alte Prinz Prosorowski bekam zehn Peitschenschläge als Strafe für sein Fehlen auf der Werft.
    Die Musik spielte auf, und Peter Iwanowitsch Buturlin begann unbeholfen und trunken, seine Braut im Takt der Musik zu

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