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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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dem gesichtslosen Körper zu meiner Überraschung einen kräftigen Tritt.
    »Das geschieht ihm recht – dem Hund! Man sollte ihn kleinhacken, zermahlen und seinen Säuen zum Fraß vorwerfen!«
    Ich zog scharf die Luft ein und bekam prompt Schluckauf. Sofia wandte sich wieder mir zu. Ihr Gesicht war nun ernst und nachdenklich. Offensichtlich waren ihre Gedanken schon einen Schritt weiter.
    »Was machen wir jetzt mit dir? Und: Wie erklären wir das Ganze? Sie werden dich der Tortur unterwerfen und dann hinrichten … Dies ist wolnenije der schlimmsten Art! Du weißt, was darauf steht!«
    Ich nickte und begann wieder zu schluchzen. Wolnenije war jeder Akt des Ungehorsams einer Seele gegenüber seinem pomeschtschik . Natürlich wußte ich, was auf wolnenije stand: Der Tod auf dem Rad, oder in meinem Fall konnte ich auch lebendig bis zum Kopf eingegraben werden, so daß ich langsam verhungerte und verdurstete. Nur in leichteren Fällen wurden Frauen, die Verbrechen begangen hatten, bis an ihr Lebensende zur Zwangsarbeit in den Spinnereien verdammt. Meine Zähne schlugen aufeinander, und meine Arme und Beine zitterten wie wild: Ich konnte sie bei bestem Willen nicht ruhig halten.
    »Komm mit«, sagte Sofia nach einem Augenblick des Schweigens entschieden. Sie zog mich hoch und wischte mir mit einem Zipfel ihrer alten Decke den Rotz und die Tränen vom Gesicht. »Wir müssen schnell handeln. Es ist bald Morgen«, erklärte sie.
    Ich folgte ihr gehorsam aus der Küche und vermied es dabei, in Wassilis Blut zu treten, das überall auf dem Küchenboden verschmiert war. Ich weinte noch immer haltlos. Sofia watschelte vor mir den Gang entlang. Mit der Kerze in ihrer Hand sah sie in der Dunkelheit aus wie ein Irrlicht unserer weißen Nächte. Zu meiner Überraschung erklomm sie die Stiege zu Wassilis Arbeitsraum, dessen Tür offenstand. Ich war nur ein- oder zweimal in dem Raum gewesen, in dem Wassili all seine Besucher empfing und seine Geschäfte ab wickelte.
    Auf seinem breiten Schreibtisch aus dunklem Holz stand eine leere Flasche aus geschliffenem Glas, in der er normalerweise seinen Wodka aufbewahrte. Sofia nahm sie, schnupperte am Hals der Flasche und schnaubte verächtlich. Er mußte sie geleert haben, um sich Mut für die Nacht und seine Grausamkeit anzutrinken. Neben der leeren Karaffe war auch einer der Beutel mit dem geheimnisvollen weißen Pulver. Er war nur noch halbvoll. Sofia feuchtete zu meinem Erstaunen einen Finger an, tauchte ihn in das Pulver und zog es kräftig durch die Nase ein.
    Dann fuhr sie mit einer einzigen, schwungvollen Bewegung über die Tischplatte, so daß alle Papiere und Rechnungen Wassilis durch die Luft wirbelten. Sie nahm seine Bücher und warf sie durch das Zimmer, so daß die Einbände aus Schweinsleder sich lösten und die Seiten flatterten, bis sie aufgeklappt und zerfleddert liegenblieben. Der Staub, der sich auf ihnen angesammelt hatte, tanzte durch die Luft und ließ mich niesen. Sofia zog die schweren Schubladen aus dem Schreibtisch und kippte ihren Inhalt auf den Boden. Federkiele, Rechenstäbe, Münzen, Messer, Tintenbehälter, Lederbeutel, Dosen, Pfeifenstopfer und Papiere über Papiere fielen in einem kunterbunten Durcheinander vor meine Füße. Schließlich riß Sofia noch einen der Vorhänge halb herunter und stieß den Stuhl vor dem Schreibtisch mit einem kräftigen Fußtritt um.
    Vor Erstaunen vergaß ich zu weinen. »Was machst du da?« fragte ich sie verständnislos und sah mich in der Unordnung um, die sie geschaffen hatte.
    Sie zuckte nur die Schultern. »Wie soll man mir sonst glauben, daß Einbrecher hier waren? Erinnere mich daran, nachher die Scheibe von außen mit einem Stein einzuschlagen!«
    »Einbrecher?«
    »Ja – die, die unseren Herrn getötet haben! Was für ein tragisches Geschehen!«
    Sie sah mich, wie mir schien, heiter und ruhig an, und ihre kleinen, tiefsitzenden Augen glitzerten schlau. Erst jetzt verstand ich. Dann sagte sie wieder: »Aber nun: Was machen wir mit dir, Martha? Du mußt von hier verschwinden, noch vor Morgengrauen!«
    Mein Hals wurde trocken, und ich bekam Angst. Was hatte sie vor? Sie war plötzlich nicht mehr die Sofia, die ich kannte. »Aber wohin soll ich gehen? Ich habe doch niemanden, Sofia!« jammerte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern und zog ihre Decke fester um ihre Schultern. »Ich kann dir nur mit einem helfen …«
    Sie ließ ihre Hand hinter einige Bücher gleiten und förderte einen kleinen Schlüssel zutage.
    Damit

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