Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
schmeckte, verspürte er jähen Zorn. Wie so oft, seit sie Shakara verlassen hatten, hätte er den jungen Elfen am liebsten zurechtgewiesen und ihn für seine Arroganz gescholten. Dass es nicht dazu kam, lag an dem Wirt, der soeben zurückkehrte und ihnen zwei hölzerne Teller kredenzte, die mit einem dicken, rötlich-braunen Brei gefüllt waren.
»Euer Eintopf«, erklärte er dazu nicht ohne Stolz.
»Was ist da drin?«, wollte Granock wissen.
»Eintopf«, wiederholte der Wirt und ging wieder.
Nimon, der die Menschensprache nicht beherrschte, schaute Granock fragend an. »Was hat er gesagt?«
»Guten Appetit«, übersetzte Granock frei.
Nimon griff nach dem Löffel, der in dem Brei steckte, und stocherte lustlos darin herum. »Das kriege ich nicht hinunter«, meinte er dann.
»Was du nicht sagst.« Granock nahm selbst einen Löffel voll und schob ihn sich in den Mund. Beinahe hätte er sich übergeben, so grässlich schmeckte die angebliche Spezialität des Hauses. Aber er wollte, dass der Elf davon aß, und wenn er sie ihm eigenhändig in den Schlund stopfen musste. »Los doch«, forderte er seinen Schützling auf. »Rein damit!«
»Nein.« Nimon schüttelte bestimmt den Kopf.
»Iss schon«, verlangte Granock, dem nicht entgangen war, dass der feiste Kaufmann bereits herüberschaute. »Oder willst du unbedingt Aufsehen erregen?«
Nimon lugte argwöhnisch nach beiden Seiten. Dann überwand er sich und kostete eine Löffelspitze. Noch nie zuvor hatte Granock einen Elfen derart das Gesicht verziehen sehen.
»Komm schon«, meinte er. »So schlimm ist es auch wieder nicht.«
»Es ist sogar noch schlimmer. Was haben Eure Artgenossen da nur reingetan? Rattendärme? Hühnerkot?«
»Nur weiter so.« Granock grinste freudlos. »Für jede dieser Unverschämtheiten wirst du einen weiteren Löffel essen, so wahr du Aspirant bist und ich Meister.«
Der Elf schaute ihn durchdringend an, Wut blitzte aus seinen Augen. Genau wie damals bei Aldur, dachte Granock unwillkürlich.
»Ein Meister mögt Ihr sein«, räumte Nimon ein, »aber Ihr seid auch ein Mensch. Und wenn ich mich hier umblicke, dann beginne ich zu ahnen, warum Ihr so seid, wie Ihr seid.«
»Du kannst von Glück sagen, dass wir nicht auffallen dürfen«, konterte Granock, ohne mit der Wimper zu zucken, »sonst würde ich dir für diese Frechheit hier und jetzt vor all diesen Menschen deinen eingebildeten Hintern versohlen.«
»Das würdet Ihr nicht wagen«, zischte der Aspirant, wobei sich seine Augen zu Schlitzen verengten und seine hohen Wangen vor Empörung röteten. »Vergesst nicht, dass ich Nimon bin, des Nydians Sohn.«
»Hier bist du ein Niemand«, brachte Granock ihm in Erinnerung. »Der Sohn eines Elfenfürsten zu sein, bedeutet in den Ostlanden überhaupt nichts. Dein Name, auf den du dir so viel einbildest, ist hier einen feuchten Kehricht wert.«
Der junge Elf zuckte unter all diesen Verunglimpfungen wie unter Stockhieben zusammen, und Granock ertappte sich dabei, dass es ihm eine gewisse Genugtuung verschaffte.
»Warum, bei Sigwyns Krone, hasst Ihr mich nur so sehr?«, fragte Nimon kopfschüttelnd.
»Ich hasse dich nicht.«
»Tatsächlich nicht? Seit unserer Abreise aus Shakara habt Ihr keine Gelegenheit ausgelassen, um mich zu maßregeln und zu demütigen. Ihr habt mir minderwertige Nahrung zu essen gegeben und mich gezwungen, auf dem nackten Boden zu schlafen! So etwas ist eines Elfen von vornehmem Blut einfach unwürdig.«
»Eines vornehmen Elfen vielleicht, aber nicht eines Zauberers«, hielt Granock dagegen. »Ich hasse dich nicht, Nimon. Aber ich will dir die Augen öffnen für die wirkliche Welt. Du wolltest hierherkommen und die Städte der Menschen besichtigen? Dann schau dich nur um. Hier gibt es keine weißen Mauern und keine vornehmen Paläste, sondern nur elende Hütten und steinerne Festungen, und bis auf wenige Ausnahmen sind die meisten Menschen froh, wenn sie sich ab und an ein solches Bier und ein Gericht wie dieses leisten können. Du hingegen lehnst beides ab, weil dein verwöhnter Gaumen beleidigt ist.«
»Das ... ist nicht wahr.«
»Du bist verweichlicht«, lautete Granocks unbarmherziges Fazit. »Ein verzogener Bengel, der trotz der Jahre, die er nun bereits in Shakara lebt, nie begriffen hat, worum es dabei eigentlich geht.«
»Das stimmt nicht!«, protestierte Nimon energisch. »Ich habe große Anlagen!«
»Große Anlagen, in der Tat«, räumte Granock ein, »aber was zählt alle Begabung, wenn man nichts
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