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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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den Nazis. Und sie waren mindestens so gefährlich wie die. Wenn sie einen Boche erwischten, brachten sie ihn nicht einfach um, sie rissen ihn in Fetzen, wenn sie Gelegenheit dazu hatten.
    Oft gab es bei den Aktionen der Partisanen viele Tote und Verletzte, aber in der Nacht des 26. Juli 1944 lief alles wie geschmiert. Den Boches wurde zum Verhängnis, dass sie den Zug nicht genügend bewachten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. So kam es, dass die wenigen deutschen Begleitsoldaten schnell gefallen waren, nachdem um Punkt 7.38 Uhr eine Sprengladung die Lokomotive zum Entgleisen gebracht hatte. Es war alles so schnell vorbei, dass ich nicht einen einzigen Schuss abgeben konnte. Die Wachleute der Banque de Paris, die alle Franzosen waren, ergaben sich und händigten ihre Waffen unserem Anführer aus. Der schoss mit jeder Waffe ein paar Mal und gab sie ihnen wieder, damit sie sagen konnten, sie hätten versucht, uns in die Flucht zu jagen. Gegen 8.30 Uhr war der Zug ausgeladen. Wir haben eine Menschenkette von der Bahnstrecke zur Straße gebildet und die Geldsäcke und die Kisten mit den Kunstwerken zu den Lastwagen durchgereicht.
    Erst Jahre später habe ich erfahren, dass dieser Zug, in heutige Währung umgerechnet, zig Millionen Francs geladen hatte. Wie viel von dem Geld ist wohl bei André Malraux und Charles de Gaulle angekommen? Ich weiß es nicht, aber man munkelt, dass mehrere Geldsäcke und einige der Kunstwerke es nur bis nach Ruac geschafft haben. Wer weiß, was da dran ist. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass es eine gute Nacht für die Résistance und eine ziemlich gute Nacht für mich war. Ich habe mich nach dem Überfall gewaltig betrunken und hatte mit meinen Kameraden einen Riesenspaß.«
     
    Luc sah noch den Rest des Kartons durch, konnte darin aber keinen Hinweis auf das verschollene Gemälde finden. Immerhin hatte er aber eine handfeste Verbindung zu Ruac entdeckt und ging nun voller Begeisterung die restlichen Kartons an.
    Am Spätnachmittag verließ Chantelle das Büro, um zwei Tassen Kaffee zu holen. Die Leuchtstofflampen über dem Schreibtisch waren nun heller als das Tageslicht, das durch die großen Fenster hereinfiel. Es gab nur noch zwei Kartons, und wenn Luc mit denen fertig war, würde er sich ein Taxi zurück nach Paris nehmen und sich mit Isaak treffen. Kiste 29 enthielt hauptsächlich ein Fotoarchiv, Hunderte von Aufnahmen auf schwerem, altem Fotopapier. Luc sah sie rasch durch, und gerade, als die junge Frau mit dem Kaffee zurückkam, fand er ein Foto, auf dessen Rand jemand mit schwarzer Tinte geschrieben hatte: »GEN. DE GAULLE EHRT DIE LOKALE PARTISANENEINHEIT VON RUAC – 1949.«
    Der großgewachsene de Gaulle, der einen schwarzen Anzug trug und in die grelle Sonne blinzelte, überragte alle anderen auf dem Foto um einen guten Kopf. Mit fünf Männern und einer Frau stand er vor dem Café von Ruac, das damals nicht viel anders ausgesehen hatte als jetzt, und schüttelte einem alten Mann die Hand.
    Lucs Blick wanderte von dem Alten weiter zu dem jüngeren Mann neben ihm und dann zu der Frau.
    »Nehmen Sie Zucker in Ihren Kaffee?«, fragte Chantelle, aber Luc gab keine Antwort. Er starrte gebannt auf das Foto.
    Der alte Mann darauf sah genauso aus wie Bürgermeister Bonnet, der jüngere wie sein Sohn Jacques, und die Frau glich seiner Tochter Odile wie ein Ei dem anderen.
    Luc sah sich wieder und wieder ihre Gesichter an und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Die Ähnlichkeit war einfach verblüffend.
     
    Paris funkelte in der Dämmerung, aber Luc hatte kaum Augen dafür, selbst, als der angestrahlte Eiffelturm am Fenster seines Taxis vorbeizog. Im Feierabendverkehr kam es immer wieder zu Staus, sodass Luc von Glück sagen konnte, wenn er noch rechtzeitig ins Hotel kam. Isaak wollte ihn in der Lobby zum Abendessen abholen. Inzwischen wünschte Luc, er hätte sich nie mit ihm verabredet. Er musste nachdenken, Fakten sortieren, Puzzleteile zusammenfügen und hatte keine Zeit für seichtes Geplauder. Viel lieber hätte er den Abend auf seinem Zimmer verbracht und seine Gedanken schriftlich geordnet. Am nächsten Tag hatte er einen Termin bei Colonel Toucas, und bis dahin brauchte er eine überzeugende Theorie, um nicht wirres Zeug zu schwafeln. Wenn es noch einen Zug nach Bordeaux gegeben hätte, wäre er am liebsten heimgefahren.
    Luc beschloss, das Abendessen abzusagen, und rief per Handy bei Isaak an.
    »Das muss Gedankenübertragung sein«, sagte Isaak. »Ich bin gerade mit

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