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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Innern, was er ihr antat.
    »Aber ich glaube, ich kann es noch einmal ertragen.« Sie nickte bedrückt.
    »Denk daran, denk immer daran«, sagte er, »diesem Ungeheuer Mavis McGuire aus dem Weg zu gehen.« Wenn du kannst, dachte er.
    Plötzlich leuchtete Lottas Gesicht auf. »Joe Tinbane hat kürzlich Nachforschungen über Ray Roberts angestellt. Vielleicht kann ich das Material von ihm bekommen.« Ihre Miene verriet überschwengliche, selige Erleichterung. »Dann brauche ich nicht zur Bibliothek zu gehen.«
    »Einverstanden«, sagte Sebastian. Warum nicht? Es lag nahe, daß sich die Polizei von Los Angeles mit Roberts befaßte; schließlich würde er bald in ihrem Zuständigkeitsbereich auftauchen. Wahrscheinlich hatte Tinbane bereits alles Wissenswerte erfahren; um es ganz brutal zu sagen, er hatte wahrscheinlich bessere Arbeit in der Bibliothek geleistet – Gott behüte, aber es war zweifellos richtig – als Lotta es je konnte.
    Als er auflegte, dachte er: Ich bete zu Gott, daß sie Joe Tinbane erreicht. Aber er bezweifelte es; die Polizei hatte jetzt sicher alle Hände voll zu tun; wahrscheinlich war Tinbane für den Rest des Tages beschäftigt.
    Er hatte das Gefühl, daß Lotta Pech haben würde; sehr bald und im großen Umfang. Bei diesem Gedanken fuhr er zusammen; er fühlte mit ihr.
    Und er fühlte sich noch schuldiger.
    Er kehrte zu seinen Leuten am offenen Grab zurück und sagte: »Beeilen wir uns mit dem hier. Damit wir uns mit dem wichtigeren Fall beschäftigen können.« Er hatte sich endgültig entschieden; sie würden den Leichnam des Anarchen jetzt ausgraben, bei diesem Einsatz.
    Er hoffte, daß er es später nicht bereuen würde. Aber er hatte das sichere und unerschütterliche Gefühl, daß ihn seine Hoffnung trog.
    Und dennoch erschien es – zumindest ihm – als das Beste, was er tun konnte. Er konnte diese Überzeugung nicht abschütteln.

    7. K APITEL

    Du und ich, wir werden eins, wenn wir
miteinander diskutieren. Denn wenn ich verstehe,
was du verstehst, werde ich ein Teil deines
Verständnisses und, auf eine bestimmte,
nicht zu beschreibende Art, ein Teil von dir.
– Eriugena

    Joseph Tinbane flog mit seinem Schwebewagen Streife, als er über Polizeifunk die Meldung bekam. »Eine Mrs. Lotta Hermes möchte mit Ihnen sprechen. Handelt es sich um etwas Dienstliches?«
    »Ja«, log er; was blieb ihm anderes übrig? »Okay«, sagte er. »Ich rufe sie an. Ich habe die Nummer; danke.«
    Er wartete bis vier Uhr, bis zum Ende seiner Dienstzeit, und rief sie dann in Zivil aus einer Vidfonzelle an.
    »Ich bin so froh, daß Sie sich melden«, sagte Lotta. »Wissen Sie was? Wir brauchen alle verfügbaren Informationen über diesen Ray Roberts, den Führer dieses Udi-Kultes. Sie waren doch letztens wegen der gleichen Sache in der Bibliothek, und ich dachte, vielleicht könnte ich das Material von Ihnen bekommen.« Sie sah ihn flehend an. »Ich war heute schon mal in der Bibliothek; ich kann einfach nicht noch einmal dorthin, es ist so schrecklich, alle starren einen an, und man muß ganz still sein.«
    »Treffen wir uns auf eine Portion Sogum«, schlug Tinbane vor. »In Sams Einlauf-Palast; wissen Sie wo das ist und wie Sie hinkommen?«
    »Und dann erzählen Sie mir alles über Ray Roberts? Es ist schon sehr spät; ich fürchte, die Bibliothek wird bald schließen. Und dann kann ich nicht …«
    »Ich kann Ihnen alles sagen, was Sie wissen müssen«, versicherte Tinbane. Und noch eine Menge mehr, dachte er.
    Er legte auf und flog zu Sams Einlauf-Palast an der Vine Street hinüber. Lotta war noch nicht da; er setzte sich in eine Nische im hinteren Teil des Lokals, von der aus er die Tür im Auge behalten konnte. Und schließlich erschien sie, in einem viel zu großen Wintermantel, mit einem besorgten Ausdruck in den Augen; zögernd kam sie herein, blickte sich suchend um, sah ihn nicht, schien zu befürchten, daß er nicht gekommen war und so weiter. Er stand auf und winkte sie zu sich.
    »Ich habe Papier und Bleistift für meine Notizen mitgebracht.« Atemlos nahm sie ihm gegenüber Platz, so glücklich, ihn gefunden zu haben …
    »Wissen Sie, warum ich mich mit Ihnen hier treffen wollte?« fragte er. »Und mit Ihnen Zusammensein will? Weil«, erklärte er, »ich mich in Sie verliebt habe.«
    »O Gott«, stieß sie hervor. »Dann muß ich doch noch in die Bibliothek.« Sie sprang auf, griff nach Handtasche, Papier und Bleistift.
    Er stand ebenfalls auf und versicherte ihr: »Das bedeutet nicht,

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