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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Erkenntnis, daß die Prophezeiung eines Tages Wirklichkeit werden würde, daß sie kein Mythos war …
    Er ging an den weniger eindrucksvollen Grabsteinen vorbei und erreichte schließlich den prunkvollen granitenen Gedenkstein an Thomas Peak-1921-1971.
    Das Grab war – Gott sei Dank – seit seinem letzten Besuch unverändert. Unberührt. Niemand war zu sehen, niemand würde Zeuge dieser strafbaren Handlung werden.
    Aber um sicherzugehen, kniete er am Grab nieder, schaltete das Megaphon ein, das er bei solchen Gelegenheiten benutzte, und sagte: »Können Sie mich hören, Sir? Wenn ja, geben Sie mir bitte ein Zeichen.« Seine Stimme dröhnte und hallte; er hoffte, daß er dadurch nicht die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich lenkte, die zufällig am Friedhof vorbeikamen. Er zog den Kopfhörer heraus, setzte ihn auf und legte das hochempfindliche Mikrofon auf den Boden. Er horchte.
    Keine Reaktion von unten. Kalter Wind fegte durch die hohen, wild wuchernden Grasbüschel, durch die Wildnis dieses kleinen, abgelegenen Friedhofs … Er schob das Mikrofon auf dem Grab hin und her, versuchte es an dieser und an jener Stelle, horchte angestrengt auf ein Zeichen, eine Antwort. Nichts.
    Ein paar Meter entfernt, aus einem anderen Grab, drang eine leise Stimme. »Ich kann Sie hören, Mister; ich lebe und ich bin hier unten eingesperrt; es ist so dunkel. Wo bin ich?« Panik klang in der dumpfen, einsamen Stimme mit. Sebastian seufzte; er hatte mit dem Megaphon einen anderen Toten geweckt. Nun, auch darum würde man sich kümmern müssen; er schuldete es dem Altgeborenen, der in seinem Grab eingesperrt war und litt. Er ging zu dem aktiven Grab hinüber, kniete dort nieder und legte das Mikrofon auf den Boden, obwohl es im Grunde überflüssig war.
    »Keine Angst, Sir«, sagte Sebastian in das Megaphon. »Ich bin hier oben und weiß, wie Sie sich fühlen. Wir werden Sie bald herausholen.«
    »Aber …« Die Stimme schwankte, verebbte, verklang. »Wo bin ich? Was ist das für ein Ort?«
    »Sie liegen in einem Grab«, erklärte Sebastian. Die Situation war ihm vertraut; bei jedem Auftrag, den seine Firma abwickelte, gab es dieses seltsame kurze Intervall zwischen dem Zeitpunkt, an dem der Tote erwachte, und dem Moment, in dem sie ihn heraufholten und befreiten … und trotzdem hatte er sich nie daran gewöhnen können. »Sie sind gestor ben«, erklärte er, »und begraben worden, und jetzt hat sich die Zeit umgekehrt, und Sie leben wieder.«
    »Zeit?« wiederholte die Stimme. »Pardon? Ich … ich verstehe nicht; Zeit für was? Kann ich hier heraus? Es gefällt mir hier nicht; ich möchte zurück in mein Bett, in mein Zimmer im La Honda-Krankenhaus.«
    Die letzten Erinnerungen. An das Krankenhaus, in dem er gestorben war. »Hören Sie, Sir«, sagte Sebastian in das Megaphon. »In Kürze haben wir die Ausrüstung und die Leute hier, um Sie herauszuholen; versuchen Sie, so wenig wie möglich zu atmen; versuchen Sie, so wenig Luft wie möglich zu verbrauchen. Können Sie sich entspannen? Versuchen Sie es.«
    »Ich heiße Harald Newkom«, drang die zittrige Stimme zu ihm herauf, »und ich bin Kriegsteilnehmer; ich habe Vorrang. Ich finde, Sie sollten einen Kriegsteilnehmer nicht so behandeln.«
    »Glauben Sie mir, es ist nicht meine Schuld«, versicherte Sebastian. Ich mußte es auch durchmachen, dachte er düster; ich weiß genau, wie es ist. In der Dunkelheit zu erwachen, in der Kleinen Kammer, wie man sagt. Und einige, durchfuhr es ihn, erhalten keine Antwort auf ihr Flehen … weil unsere Arbeit durch die verdammten bürokratischen Gesetze behindert wird, die man in Sacramento erlassen hat, Gesetze, die uns die Hände binden und unser Geschäft erschweren, überflüssige Gesetze, zum Teufel mit ihnen.
    Er stand steif auf – er wurde nicht schnell genug jünger – und kehrte zum Grab des Anarchen zurück.

    Als Bob Lindy, Dr. Sign und Pater Faine eintrafen, sagte er: »Wir müssen uns zuerst um einen Auferstandenen kümmern.« Er zeigte ihnen das Grab, und Bob Lindy trieb seinen Bohrer sofort in die festgetretene Erde, um den Altgeborenen mit Luft zu versorgen. Das war also erledigt; der Rest war reine Routine.
    An seiner Seite sagte Dr. Sign sardonisch: »Was für ein Glück. Jetzt haben Sie eine Ausrede für Ihr Hiersein, falls die Polizei auftaucht. Sie haben Ihre übliche Runde über die Friedhöfe gemacht und diesen Mann gehört … richtig?« Er kehrte zum Grab zurück; die Erde flog in alle Richtungen, als Bob Lindy die

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