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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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großen Gruppengeist-Kult. Ich wußte nicht, daß er wieder lebt.«
    Was konnte er sagen? Worte, dachte er von Entsetzen erfüllt, die sich nicht wegerklären ließen. Sie ließen nur eine Deutung zu; sie verrieten alles, daß Peak auferstanden und daß er, Sebastian Hermes, dabeigewesen war. Folglich befand sich der Anarch im Vitarium Flasche des Hermes. Nachdem er soviel gesagt hatte, konnte er ebensogut offen darüber reden. »Wir haben ihn heute wiederbelebt«, erklärte er, und er fragte sich, welche Bedeutung das für sie hatte; er kannte sie nicht, so gut wie überhaupt nicht, und vielleicht war es ihr gleichgültig, ein müßiges Thema, oder nur von theologischem Interesse, oder andererseits … Er mußte es einfach darauf ankommen lassen. Mathematisch gesehen, war es unwahrscheinlich, daß Ann Fisher irgendwelche Verbindungen zu einer der am Anarchen interessierten Gruppe hatte; von jetzt an mußte er das Risiko eingehen. »Er ist drüben im Vitarium; deshalb kann ich nicht bei dir bleiben – ich habe ihm versprochen, daß ich heute abend noch mit ihm reden werde.«
    »Kann ich mitkommen?« fragte Ann Fisher. »Ich habe noch nie einen Altgeborenen in den ersten Stunden nach seiner Rückkehr gesehen … Man sagt, daß sie einen gewissen, einzigartigen Ausdruck im Gesicht haben. Von dem, was sie gesehen haben. Sie sollen noch immer etwas anderes sehen, etwas Ungeheures. Und sie sollen manchmal geistreiche, rätselhafte Dinge sagen, wie: Ich bin du. Oder: Nichts ist. Hintergründige Zen-Satori-Aussprüche, die für sie völlig klar sind, aber für uns …« Im Dämmerlicht der Nacht gestikulierte sie heftig, offenbar vom Thema mitgerissen. »Für uns sind sie bedeutungslos … ja, du hast recht; man muß es selbst erfahren.« Sie sprang aus dem Bett, ging barfuß zum Schrank, nahm BH und Höschen heraus und zog sich rasch an.
    Schließlich zog er sich ebenfalls an, und er fühlte sich alt und müde.
    Ich habe einen Fehler gemacht, erkannte er. Ich werde sie jetzt nie mehr los; etwas an ihrer Hartnäckigkeit ist tödlich. Wenn ich die Zeit nur zurückdrehen, meine Worte zurücknehmen könnte … Er sah zu, wie sie in einen Angorapullover und eine enge Röhrenhose schlüpfte, dann zog er sich weiter an. Sie ist klug; sie ist attraktiv; und sie weiß, daß sie einer großen Sache auf der Spur ist, dachte er. Ich habe es geschafft, ihr unterhalb der verbalen Ebene zu enthüllen, daß dieser Fall anders ist. Gott weiß, dachte er, wie weit sie gehen wird, ehe ihr Interesse befriedigt ist.

    11. K APITEL

    Nichts kann über Gott ausgesagt werden,
weder im Wortsinn, noch bejahend.
Im Wortsinn ist Gott nicht, weil Er das Sein transzendiert.
– Eriugena

    Sie flogen mit einem Taxi über Burbank zum Vitarium Flasche des Hermes.
    Von außen wirkte das Institut leer und geschlossen und dunkel, völlig verlassen in der Nacht. Als er es sah, konnte er kaum glauben, daß im Innern der Anarch Peak in einem provisorischen Bett lag, umsorgt zumindest von Dr. Sign.
    »Wie aufregend«, sagte Ann Fisher, preßte ihren schlanken Körper an ihn und fröstelte. »Es ist kalt; beeilen wir uns und gehen wir hinein. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu sehen; du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gespannt ich bin.«
    »Wir können nicht lange bleiben«, erklärte Sebastian, als er die Tür aufschloß.
    Die Tür schwang auf. Und vor ihnen stand, eine Pistole in der Hand, Bob Lindy, blinzelnd und wachsam wie eine Eule.
    »Ich bin es«, sagte Sebastian; er war überrascht, aber es befriedigte ihn, daß seine Mitarbeiter so auf der Hut waren. »Und eine Freundin.« Er schloß die Tür und sperrte sie von innen ab.
    »Diese Pistole macht mir Angst«, sagte Ann Fisher nervös.
    »Stecken Sie sie weg, Lindy«, befahl Sebastian. »Damit können Sie sowieso niemanden aufhalten.«
    »Vielleicht doch«, widersprach Lindy. Er führte sie nach hinten; die Innentür öffnete sich, und plötzlich fiel Licht heraus. »Es geht ihm schon viel besser; er hat Cheryl bereits diktiert.« Er warf Ann Fisher einen kritischen Blick zu und fragte mit zynischer Vorsicht: »Wer ist sie?«
    »Eine Kundin«, sagte Sebastian. »Wir verhandeln über Mrs. Tilly M. Benton.« Er trat ans Bett; Ann Fisher folgte ihm atemlos. »Eure Heiligkeit«, begann er förmlich, »wie ich höre, haben Sie sich erholt.«
    Mit wesentlich kräftiger klingender Stimme antwortete der Anarch: »Es gibt so vieles, das ich festhalten möchte; warum haben Sie kein Tonbandgerät? Jedenfalls,

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