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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Vielleicht in mein Haus.«
    »Vielleicht ist es hoffnungslos«, murmelte Sebastian.
    Bob Lindy, der das Vidfongespräch ebenfalls mitangehört hatte, sagte: »Schafft den alten Mann in einen Schwebewagen; es stehen drei davon auf dem Dach. Schafft ihn hier weg – sofort!« schrie er.
    »Übernehmen Sie das«, sagte Sebastian mit belegter Stimme.
    Dr. Sign und Bob Lindy verschwanden im Hinterzimmer; Sebastian stand reglos da und hörte, wie sie den Anarchen aus dem Bett holten; er hörte den Anarchen protestieren – er wollte weiterdiktieren –, und dann hörte er, wie sie die Treppe hinauf zum Dach polterten.
    Das Dröhnen eines Schwebewagenmotors. Dann Stille.
    Cheryl Vale kam auf ihn zu. »Sie sind fort. Alle drei. Glauben Sie …«
    »Ich glaube«, erklärte Sebastian, »daß ich ein Maulloch bin.«
    »Dann können Sie sie ja heiraten«, sagte Cheryl. »Diese süße kleine Frau.«
    Sebastian ignorierte sie. »Dieser Interessent aus Italien. Giacometti. Ich denke, daß wir an ihn verkaufen werden.«
    »Ja, Sie schulden ihm etwas.«
    Und ich war gerade im Bett mit ihr, dachte er. Vor einer Stunde. Wie kann jemand so etwas tun? Sich selbst so benutzen? »Sie sehen, warum Lotta mich verlassen hat«, sagte Sebastian. Er fühlte sich vollkommen nutzlos. Und besiegt, auf eine für ihn neuartige Weise. Es war keine normale Niederlage, sondern sie betraf seinen intimsten und persönlichsten Bereich; etwas in seinem tiefsten Innern, als Mann und als Mensch.
    Eines Tages werde ich diese Frau wiedersehen, sagte er sich. Und dann werde ich ihr etwas antun. Zum Ausgleich.
    »Gehen Sie nach Hause«, forderte er Cheryl auf.
    »Das hatte ich auch vor.« Sie griff nach ihrem Mantel und ihrer Handtasche, schloß die Tür auf und verschwand in der Dunkelheit der Nacht. Er war allein.
    An einem Tag, dachte er, haben sie uns beide erwischt; sie haben Lotta erwischt und sie haben mich erwischt.
    Er suchte in allen Räumen, bis er Lindys Pistole fand, die er zurückgelassen hatte, und setzte sich an das Empfangspult, von wo aus er die Tür im Auge behalten konnte. Zeit verging. Dafür bin ich von den Toten auferstanden, dachte er. Um unendlichen Schaden in einer endlichen Welt anzurichten. Er wartete weiter.
    Zwanzig Minuten später klopfte es an der Vordertür. Er erhob sich, schob die Pistole in die Manteltasche und ging mit steifen Schritten zur Tür, um zu öffnen.
    »Wiedersehen«, sagte Ann Fisher keuchend, als er sie hereinließ, und drängte sich mit dem Tonbandgerät und einem Stapel Bänder in den Händen an ihm vorbei. »Soll ich alles nach hinten bringen?« fragte sie. »Zu ihm?«
    »Sicher«, nickte er und ließ sich wieder an der Rezeption nieder. Ann Fisher schleppte ihre Last an ihm vorbei; er traf keine Anstalten, ihr zu helfen. Er saß nur da und wartete, wie er es die ganze Zeit getan hatte.
    Einen Moment später kam sie zurück; er spürte, daß sie neben ihm stand, groß und geschmeidig, schweigend.
    »Er ist fort«, sagte Ann schließlich.
    »Er ist nie hiergewesen. Es war ein Schwindel. Für dich
    inszeniert.« Er mußte improvisieren. Seltsamerweise fürchtete er sich. Er fühlte sich schwach und verängstigt.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Ann.
    »Wir haben einen Tip bekommen«, erklärte er. »Über dich.«
    »Oh?« Ihre Stimme klang plötzlich scharf; sie machte eine fundamentale, fast metabolische Veränderung durch. »Und was sagt man so über mich?« Er antwortete nicht. »Ich möchte es gern wissen«, sagte Ann. »Anonyme Hinweise – ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren.« Er sagte noch immer nichts. »Nun«, seufzte sie, »ich schätze, du brauchst mein Tonband nicht mehr. Oder mich. Wenn du mir nicht vertraust.«
    Ohne aufzublicken, fragte er: »Was hat deine Mutter heute in der Bibliothek mit meiner Frau gemacht?«
    »Nichts«, sagte sie sachlich; sie ließ sich in einem der Gästesessel nieder und schlug die Beine übereinander. Schließlich zog sie eine Packung Zigarettenstummel heraus und zündete einen an, atmete ein, blies Rauch aus, atmete ein.
    »Es reichte«, stellte er fest, »um sie dazu zu bringen, mich zu verlassen.«
    »Ah, sie bekamen Angst, sie und ihr Bullenfreund. Sie hat dich nicht verlassen, weil Mutter ihr irgend etwas angetan hat; dieser Bulle versucht schon seit Monaten, sie ins Bett zu kriegen. Wir wissen, wo sie sind; sie verstecken sich in einem Hotel irgendwo in San Fernando.«
    »Wo wir beide waren«, bemerkte er. »Vor kurzem.«
    Sie gab darauf keine Antwort; sie

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