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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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spürte, daß er in seiner Wohnung war, im Bett neben Lotta; er spürte, daß er geträumt hatte, und der Traum wich – und hinterließ eine seltsame Ruhe.
    Eine Botschaft, dachte er, als er sich umdrehte und aufsetzte, die Bettdecke zurückschlug und unsicher aufstand, neben dem Bett verharrte, tief in Gedanken versunken. Er versuchte, sich soviel wie möglich von dem Traum in Erinnerung zu rufen.
    Was muß ich tun? fragte er sich. Was wollte mir der Anarch sagen? Daß ich sterben muß? Der Traum sagte ihm nichts, nur, daß er sich gefangen und ohnmächtig vorkam, daß er sich grenzenlos schuldig fühlte, weil er den Anarchen in der Bibliothek gelassen hatte; alles, was er auch im wachen Zustand wußte. Eine großartige Hilfe, dachte er düster.
    Er stolperte in die Küche – und sah drei Männer in schwarzer Seidenkleidung am Tisch sitzen. Drei Jünger der Macht. Die drei Männer machten einen übermüdeten und besorgten Eindruck. Vor ihnen auf dem Tisch lag ein Stapel zerknitterter handschriftlicher Notizen.
    »Das ist der Mann«, sagte einer von ihnen und deutete auf Sebastian, »der den Anarchen in der Bibliothek zurückgelassen hat. Obwohl er ihn hätte befreien können.«
    Die drei Jünger der Macht betrachteten Sebastian mit gemischten Gefühlen.
    »Wir greifen heute nacht die Bibliothek an«, erklärte der Sprecher der Jünger. »Wir gehen rücksichtslos vor; wir bringen eine Kanone in Stellung und beschießen sie mit Nukleargranaten, bis sie auseinanderfällt. Vielleicht können wir den Anarchen nicht befreien, aber zumindest können wir sie erledigen.« Sein Tonfall verriet Verachtung und wütende Feindseligkeit.
    »Sie glauben also nicht, daß Sie eindringen und ihn herausholen können?« fragte Sebastian. Die Plumpheit ihres Plans entsetzte ihn. Der Nihilismus. Den Anarchen nicht retten, aber die Bibliothek zerstören; sie hatten gar nicht begriffen, worum es ging.
    »Es besteht eine minimale Chance«, gab der Sprecher der Jünger zu. »Deshalb sind wir zu Ihnen gekommen, um mit Ihnen zu reden; wir wollen genau wissen, wo Sie den Anarchen gefunden haben und wie er bewacht wird … durch wieviele Männer und mit welchen Waffen. Natürlich wird sich alles geändert haben, bis wir zuschlagen – wahrscheinlich hat sich schon alles geändert –, aber vielleicht gibt es etwas, das für uns von Nutzen sein kann.« Er sah Sebastian abwartend an.
    Lotta tauchte mit verschlafenen Augen in der Küchentür auf. »Sind sie hier, um uns umzubringen?« fragte sie und hakte sich bei ihm ein.
    »Offenbar nicht«, beruhigte Sebastian sie; er tätschelte ihren Arm, versuchte sie zu beruhigen. »Ich erinnere mich nur an bewaffnete Bibliothekswächter«, wandte er sich an den Jünger. »Ich kann mich nicht mehr erinnern, in welchem Büro ich ihn gefunden habe, nur, daß es im vorletzten Stockwerk war. Es schien ein ganz gewöhnliches Büro gewesen zu sein, wie alle anderen; wahrscheinlich hat man es auf Geratewohl genommen.«
    »Haben Sie seitdem vom Anarchen geträumt?« fragte der Sprecher der Jünger zu seiner Überraschung. »Wir haben gehört, daß der Anarch in seinem früheren Leben mit seinen Anhängern manchmal in ihren Träumen in Verbindung trat.«
    »Ja«, sagte Sebastian wachsam. »Ich habe von ihm geträumt; er hat mir etwas gesagt, über mich. Daß ich etwas tun muß. Er sagte, daß man das Jahr Vier vor Christi Geburt schriebe und daß ich der Erlöser der Menschheit sei. Wenn ich tun würde, was er von mir verlangt.«
    »Nicht sehr hilfreich«, bemerkte der Sprecher der Jünger.
    »Aber in gewisser Hinsicht stimmt es«, meldete sich ein anderer Jünger zu Wort. »Wenn er den Anarchen herausgeholt hätte, dann wäre er zum Erlöser der Menschheit geworden. Das ist es, was der Anarch von ihm verlangt hat; wir brauchen keinen Traum, um das zu wissen.« Stirnrunzelnd machte er sich Notizen.
    »Sie haben Ihre Chance verpaßt, Mr. Hermes«, sagte der erste Jünger. »Die größte Chance Ihres Lebens.«
    »Ich weiß«, sagte Sebastian hölzern.
    »Vielleicht sollten wir ihn töten«, schlug der dritte Jünger vor. »Sie beide töten. Jetzt, und nicht erst nach dem Angriff auf die Bibliothek.«
    Sebastian blieb das Herz stehen; er spürte, wie sein Körper starb. Wie in der letzten Ruhestätte. Aber er sagte nichts; er drückte nur Lotta an sich.
    »Nicht, solange er uns noch nützen kann«, sagte der Sprecher kategorisch. Erneut musterte er Sebastian. »Sind Sie auf gefährlichere Waffen als Laserstrahler und

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