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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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wenigstens die Uditen helfen. Aber so …«
    »Ich habe es versucht«, wiederholte er mechanisch. »Du hast gehört, was Ann Fisher gesagt hat; ich konnte nichts für ihn tun. Ich habe genommen, was ich kriegen konnte – dich –, und dann nichts wie weg. Ray Roberts wird sich damit abfinden müssen; es ist die Wahrheit.« Aber tief im Innern wußte er, daß er nie ernsthaft versucht hatte, den Anarchen zu befreien. Er hatte nur an Lotta gedacht. Wie Roberts gesagt hatte, es war ein fast biologischer Trieb gewesen. Ein Trieb, den Roberts gefürchtet, den er erwartet, der sich letztlich durchgesetzt hatte. Sobald er in der Bibliothek gewesen war, hatte sich all das Gerede über den »transzendentalen Wert der Geschichte« im Rauch der LSD-Granate aufgelöst.
    »Ich würde sehr gern zum Mars gehen«, sagte Lotta. »Wir haben darüber gesprochen, weißt du noch? Es muß faszinie rend sein … Man bekommt eine Art unbestimmtes Gefühl für den Kosmos, für die ehrfurchtgebietende Tatsache, daß der Mensch die anderen Planeten erreicht hat. Es heißt, daß man es selbst erleben muß, um es zu verstehen.«
    »Alles, was ich habe«, gestand Sebastian, »ist meine Spürnase.«
    »Um jene Toten zu finden, die vor der Rückkehr ins Leben stehen?«
    »Du weißt, daß das mein einziges Talent ist.« Er gestikulierte. »Was würde es mir auf dem Mars nützen? Auf dem Mars ist die Hobart-Phase so gut wie wirkungslos.« Und er hatte auch noch einen anderen Grund. Dort würde er wieder normal altern, was sich bei ihm bald als tödlich erweisen mußte; in dieser Richtung lagen Krankheit und Tod nur ein paar Jahre entfernt.
    Für Lotta würde es natürlich anders sein. Unter dem Einfluß der Normalzeit hatte sie noch Jahrzehnte vor sich; um genau zu sein, mehr als unter dem Einfluß der Phase.
    Aber was macht es schon aus, wenn ich bald sterbe? Ich habe es schon einmal durchgemacht; es ist gar nicht so schlimm. In gewisser Weise würde ich es sogar begrüßen … die große, endlose Ruhe. Die absolute Befreiung von allen Sorgen.
    »Das stimmt«, gab Lotta zu. »Es gibt keine Toten auf dem Mars. Ich habe es ganz vergessen.«
    »Ich müßte Arbeiter oder Büroangestellter werden«, sagte er.
    »Nein, ich glaube, daß deine Managerfähigkeiten, dein Organisationstalent viel wert wären. Zweifellos wird man dich einem Eignungstest unterziehen; ich bin fest davon überzeugt. Man würde all deine Begabungen feststellen. Du verstehst?«
    »Du hast den Optimismus der Jugend«, sagte er. Und ich, dachte er, die Verzweiflung des Alters. »Warten wir ab«, entschied er, »bis ich mit Ray Roberts gesprochen habe. Vielleicht kann ich ihm eine glaubwürdige Geschichte verkaufen. Ich meine«, fügte er hinzu, »vielleicht kann ich ihm begreiflich machen, in welcher Lage ich mich befunden habe. Und wie du schon sagtest, vielleicht können seine Kommandos den Anar chen befreien. Das ist eine Aufgabe für sie, nicht für mich. Ich werde auch darauf hinweisen.«
    »Viel Glück«, sagte Lotta schwermütig.

    Vor Ablauf einer Stunde rief Ray Roberts an.
    »Ich sehe, Sie sind zurück«, sagte Roberts und maß ihn mit nervösen – und kritischen Blicken. Er wirkte äußerst erregt, angespannt und erwartungsvoll. »Wie ist es Ihnen ergangen?«
    »Nicht gut«, antwortete Sebastian vorsichtig; er mußte seine Rolle glaubwürdig spielen, durfte sich keinen Fehler erlauben.
    »Der Anarch«, sagte Roberts, »wird noch immer in der Bibliothek festgehalten.«
    »Ich habe ihn gefunden«, erklärte Sebastian, »aber ich konnte ihn nicht …«
    »Was ist mit Ihrer Frau?«
    Mit erstarrter, grabgleicher Ruhe antwortete er: »Ich habe sie herausgeholt. Es war reiner Zufall. Sie – die Bibliothekare – haben beschlossen, sie freizulassen. Ich habe nicht darum gebeten; es war, wie gesagt, ihre Idee.«
    »Eine Detente«, nickte Roberts. »Sie haben Lotta bekommen und im Gegenzug das Bibliotheksgelände verlassen; Sie haben sich freundschaftlich mit ihnen geeinigt.«
    »Nein«, sagte er.
    »So sieht es aber aus.« Roberts sah ihn prüfend, mit ausdrucksloser Miene an; sein dunkles, wachsames Gesicht blieb unbewegt. »Sie haben sich kaufen lassen. Und …« Seine Stimme bekam einen scharfen Tonfall. »Die Bibliothek hätte das nicht getan, wenn Sie nicht die gute Aussicht gehabt hätten, den Anarchen herauszuholen.«
    »Es war Ann Fishers Entscheidung«, verteidigte sich Sebastian. »Ich wollte sie töten, und sie hat sich freigekauft. Ich habe sie mitgenommen; ich habe

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