Die Zeit der Androiden
Phänomen seine diskrete Erklärung hatte. Dieser glatte Bursche, Seth Mitchell, hatte vier Frauen in verschiedenen Zimmern, und offenbar wollte er noch ein separates Zimmer für sich allein.
Nachdem Seth Mitchell sein Einzelzimmer gebucht hatte, sagte Derek mit leiser Stimme: »Sie dürfen auf meine Diskretion zählen, Mr. Mitchell.«
Der Seth Mitchell vor dem Schalter hob seine Augenbrauen, dann nickte er mit einem kurzen Lächeln.
Derek war erfreut. Die Bemerkung sollte für ein Zwanzig-Dollar-Trinkgeld gut sein.
Er war noch dabei, sich zu beglückwünschen, als die Aufzugtür zurückrollte und einen anderen Seth Mitchell entließ, der den Empfangsschalter ansteuerte. Als er herankam, wandte der eben eingetroffene Seth Mitchell sich um und wollte dem Jungen folgen, der sein Gepäck zum Aufzug trug.
Die beiden Seth Mitchells prallten fast aufeinander. Beide machten ausweichende Bewegungen und murmelten nichtssagende Höflichkeitsformeln. Sie waren im Begriff, aneinander vorbeizugehen, als Derek Slade sich vom ersten Schock erholt hatte.
Es war einer seiner besten Momente, voll Geistesgegenwart und Entschlußfreudigkeit. Er hob seine Stimme ein wenig und sagte mit der genau richtigen Dosierung von Autorität: »Mister Mitchell.«
Die zwei Seth Mitchells waren bereits in einem leicht verwirrten Zustand. Bei der Nennung ihres Namens blieben sie stehen und wandten sich gehorsam um.
Derek sagte: »Mr. Seth Mitchell, ich möchte Sie mit Mr. Seth Mitchell bekanntmachen. Meine Herren, bitte warten Sie einen Moment.«
Er ließ sie ihre Zeit totschlagen – einer von ihnen schien sich rasch zu erholen, der andere blieb verwirrt –, während er die Zimmer der anderen Seth Mitchells anrief. Er mußte alle vier Räume rufen, aber bald darauf standen fünf Seth Mitchells vor ihm.
Von allen Anwesenden wurde Derek Slade am wenigsten beachtet. Er wollte es nicht anders, denn so konnte er beobachten.
Vier von den fünf Mitchells schluckten und stotterten miteinander. Der fünfte Mitchell trat mit einem leisen Lächeln beiseite, was die Verlegenheit der anderen noch verstärkte. Derek Slades kühle Stimme traf sie wieder im richtigen Moment: »Meine Herren, warum gehen Sie nicht in den Konferenzraum dort drüben und besprechen in aller Ruhe dieses merkwürdige Zusammentreffen?«
Als sie seiner Aufforderung folgten und durch die Halle gingen, betrat Marge Aikens das Hotel – gerade noch rechtzeitig, um das Profil des letzten Seth Mitchells zu sehen, bevor er im Konferenzraum verschwand.
»Seth!« rief sie sofort mit tränenerstickter Stimme. »Mein Gott, ich dachte, du seist tot!«
Sie rannte vorwärts, ergriff den Arm des Mannes – und erstarrte. Er hatte sich zu ihr umgewandt, und etwas Fremdes an ihm stürzte sie in Verwirrung.
Nachher, als alle gehört hatten, was Marge wußte, schlug sie vor, daß sie Edith in der Bücherei anrufen und sofort zum Hotel kommen lassen sollten, statt bis zum Abend zu warten.
Drei von den Seth Mitchells hatten Einwände. Der aus Montreal sagte: »Zuerst müssen wir uns vor den automatischen Urteilen dieser jungen Frau schützen, die schon dem Farmer und dem Detektiv Mitchell zum Verhängnis wurden.«
Ein anderer Mitchell, der sich durch eine etwas tiefere Stimme auszeichnete, machte sich Gedanken über Ashtar. »Wenn er die zweite Edith Price ermordet hat, um an den Kristall zu kommen«, sagte er, »dann wird Ashtar nicht zögern, auch diese Edith Price umzubringen, die die wirkliche Orientierungsperson des Kristalls ist. Darum ist es unsere Aufgabe, die hiesige Edith Price zu schützen.«
Man kam daraufhin überein, daß es das wichtigste Problem sei, Edith zum Hotel zu bringen. Danach könnten sie mit ihr sprechen und sie mit der gebotenen Eindringlichkeit auf die Gefährlichkeit unbedachter Urteile hinweisen.
Der dritte Mitchell sagte, das Problem sei nicht so sehr Ediths Einschätzung der Männer; vielmehr liege es in ihren klischeehaften Vorstellungen darüber, wie seine Frau sein sollte. Vermutlich habe der Kristall pflichtschuldig eine lange Reihe von Edith Prices erschaffen, die allesamt gewöhnliche menschliche Wesen mit wenig unterschiedlichen moralischen Maßstäben und Ansichten seien.
»Ich würde sie ersuchen, mit Hilfe des Kristalls eine völlig andere Edith Price zu erschaffen – eine, die telepathische Fähigkeiten hat. Warum? Damit sie diese ganze Situation verstehen und zu einer Lösung beitragen kann.«
Seine Worte brachten eine hoffnungsvolle
Weitere Kostenlose Bücher