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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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dieses Grasland gerodet, es umgegraben und Saatgut für zehn Pfund eingebracht habe!«, erwiderte Ida erbost. »Ist ja schön, dass er mir den fruchtbaren Boden jetzt anliefert, aber er macht damit meine Arbeit zunichte. Und deine auch, wir …«
    »Du lästerst Gott!« Jakob Langes Stimme klang wie die eines gestrengen Racheengels, als er jetzt seiner Tochter über den Mund fuhr. »Wie kannst du es wagen? Dabei mag es sein, dass gerade die Putzsucht und die ständigen Klagen unserer Weiber dieses Strafgericht über uns gebracht haben … Und der Ungehorsam unserer Söhne.«
    Die älteren Siedler grollten, da sich einige ihrer jüngeren Söhne in den letzten Wochen der Fronarbeit beim Hausbau und auf den Feldern entzogen und sich im Straßenbau verdingt hatten. Die New Zealand Company ließ mit Unterstützung der Regierung Straßen in der Region Nelson anlegen und zahlte recht gut. Den jungen Männern erschien dies attraktiver, als in Sankt Paulidorf Höfe und Werkstätten zu errichten, die dann doch nur ihre älteren Brüder erben würden. Sie hatten in Nelson auch das freiere Leben der Stadt kennengelernt und mochten sich nicht mehr gänzlich der Tradition – und damit ihren Vätern und Pastoren – unterordnen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatten sie eine Wahl, und die Mutigen entschieden sich für das Abenteuer.
    »Niemand hier ist putzsüchtig!«
    Ida widersprach ihrem Vater, aber der Anflug von Wut, den sie eben noch verspürt hatte, war schon wieder verraucht. Im Grunde fühlte sie sich nur müde, wie eigentlich fast ständig seit der Hochzeit. Zudem war jegliches Aufbegehren sinnlos. Jakob Lange sah die Argumente der Frauen nicht ein. Wenn sie um Stoff für Kleider baten, Hausrat und vernünftige Werkzeuge für die Gartenarbeit, so taten die Männer dies nur als Verschwendungssucht ab. In Raben Steinfeld, so brachten sie vor, habe man das alles nicht gebraucht. Ida und die anderen konnten ihnen noch so oft vorhalten, dass sie ohne Wolle nun mal nicht weben konnten und dass die Männer selbst darauf bestanden hatten, den größten Teil der Tassen und Teller, Töpfe und Pfannen in Mecklenburg zurückzulassen. Gerätschaften für die Gartenarbeit hatten die Siedler zwar widerstrebend angeschafft, aber die aus Nelson gelieferten einfachen Werkzeuge hielten der harten, mit den Wurzeln des robusten Tussockgrases verbundenen Erde nicht stand. Die Harken und Spaten zerbarsten leicht. Und auch die zwei oder drei Kleider, die die Frauen aus der alten Heimat mitgebracht hatten, waren inzwischen so abgetragen, dass sie ihnen fast vom Körper fielen. Die Männer mochten den Tatsachen jedoch nicht ins Auge sehen: In Raben Steinfeld waren die Familien praktisch Selbstversorger gewesen, hier dagegen musste vorerst alles gekauft und mühsam mit Booten über den Fluss hergebracht werden.
    »Aber wir müssen etwas essen!«
    Ida zwang sich, trotz ihrer Müdigkeit und des Tadels ihres Vaters weiterzusprechen. Seit dem Tag der Flut hatte sie wieder ständig Karls Stimme im Kopf. Das Land am Moutere River ist in gewisser Weise Marschland. Das heißt, es wird jedes Mal überschwemmt, wenn der Fluss anschwillt – und das tut er im Winter wie im Sommer regelmäßig … Wenn jetzt nichts geschah, wenn die Männer jetzt nicht bald umdachten, würde sich dieses Desaster womöglich wiederholen.
    »Und nun ist die erste Ernte weggeschwemmt …«
    »Und die zweite wird mit Gottes Hilfe umso reicher ausfallen!«, erklärte Lange. »So lange muss uns die New Zealand Company unterstützen. Rückschläge in der Landwirtschaft kommen vor.«
    Ida seufzte. Es stimmte, dass die New Zealand Company den Siedlern nach wie vor Lebensmittel schickte. Das war vertraglich zugesichert, die Einwanderer mussten versorgt werden, bis ihr neues Land etwas abwarf. Aber die Rationen wurden mit jeder Lieferung spärlicher. Frisches Obst und Gemüse gab es kaum, Gewürze, Butter oder gar Fleisch waren Luxus. Meist wurde Trockenfleisch geliefert, das stundenlang gekocht werden musste, bevor man es überhaupt kauen konnte, und dann schmeckte es nach nichts. Hinzu kam das Problem mit der Lagerung. Nach wie vor herrschte eine Rattenplage im Lager, und viele Lebensmittel verdarben. Die Frauen waren inzwischen schon dazu übergegangen, Wildkräuter zu sammeln oder auf gut Glück die Wurzeln heimischer Pflanzen zu kochen. Manchmal stießen sie dabei auf Schmackhaftes, was den Speisezettel bereicherte, aber oft lag auch die ganze Familie mit Magenkrämpfen oder

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