Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
auch nicht aus, als brauchtest du eine Zofe. Mal ganz abgesehen davon, dass Zofen und Mägde, die im Dienst guter christlicher Familien ein Kind erwarten, gewöhnlich nicht gehätschelt, sondern kurzerhand gefeuert werden. So wurde das jedenfalls bei den Beits gehandhabt. Mrs. Hansen hat Mary und mich ständig mit Warnungen überschüttet, wenn wir nur mal einen freien Abend hatten.«
»Wir könnten sagen, du bist meine Schwester«, überlegte Ida weiter.
Cat griff sich an die Stirn. »Wir sehen uns nicht ähnlich«, gab sie zurück. »Dafür dürften sich die Kinder umso ähnlicher sehen. Gib’s auf, Ida. Ich kann nicht bei euch bleiben, jedenfalls nicht, ohne dass Ottfried von der Schwangerschaft erfährt.«
»Aber wenn du zu den Maori gehst, und er kommt da hin mit diesem Gibson, dann sieht er das Kind auch irgendwann«, gab Ida zu bedenken.
»Ich werde eben ein bisschen weiterwandern, ich muss mich ja nicht an den erstbesten Stamm wenden«, sagte Cat entschlossen. »Und ich muss ihn das Kind nicht sehen lassen, wenn er doch mal auftaucht. Was nicht wahrscheinlich ist. Wach auf, Ida, dieser Gibson will nicht Ottfried, der will mich! Oder besser gesagt, der will jemanden, der ihm hilft, die Maori in ihrer eigenen Sprache über den Tisch zu ziehen. Wenn ich weg bin, ist Ottfried für den uninteressant.«
Ida senkte den Kopf. »Und dann hat er wieder keinen Job, und ich sitze mit ihm in Purau«, flüsterte sie.
Cat rieb sich die Stirn. »Damit hast du jetzt mal Recht«, gab sie widerwillig zu. »Also muss ich mich vorher auf den Weg machen. Ottfried ist dann hoffentlich klug genug, hier in Nelson zu bleiben. Wobei ich nicht die Gefahr sehe, dass er dich nach Australien schleppt. Der kriecht nicht mehr unter die Fittiche deiner Gemeinde, Ida! Darüber ist er hinaus. Ottfried sucht nach der nächsten verrückten Idee, ohne Arbeit reich zu werden …«
Cat rüstete sich also zum Aufbruch, während Ida sich nicht nur darüber grämte, Ottfrieds Launen demnächst wieder allein ausgesetzt zu sein, sie machte sich auch Sorgen darüber, wie er auf Cats Weggang reagieren würde – nun, da doch seine gesamten Zukunftspläne auf ihren Sprachkenntnissen fußten.
Ottfried Brandmann war felsenfest davon überzeugt, mit Cat und dem »Deal« mit Gibson den Schlüssel zum Reichtum zu besitzen, und brüstete sich damit gleich am Abend vor seinen Trinkkumpanen im Pub. Die Runde bestand größtenteils aus früheren Nachbarn und Freunden aus Raben Steinfeld und Sankt Paulidorf. Manfred Schieb, Robert Busche und andere, die bislang in Nelson von Gelegenheitsarbeiten lebten, diskutierten besorgt die Frage, ob sie Lange und Brandmann nach Adelaide in Australien folgen sollten. Ottfried bemühte sich nach Kräften, sie zu beeindrucken, indem er seine ehrgeizigen Pläne vor ihnen ausbreitete. Seine durchdringende Stimme reichte bis zu Ida, die sich in der Küche um das Essen kümmerte. Cat war an diesem Abend nicht bei ihr, sie hatte sich am Nachmittag nicht wohlgefühlt und sich hingelegt.
»Was euch fehlt, Jungs, ist der Wagemut!«, konstatierte Ottfried leicht lallend. »Ihr denkt nur an euer Land und eure Gemeinde. Aber damit kommt ihr zu nichts! Dies ist ein neues Land, Freunde! Da kann man sein Glück machen. Man muss es nur mit beiden Händen fassen …«
Robert Busche lachte. »Packst du der kleinen Cat dazu an die Brüste oder um die Hüften?«, erkundigte er sich. »Deine Frauen hast du im Griff, das kann man nicht anders sagen. Ein Wunder, dass Ida so ruhig dabei bleibt. Also Elfriede würde mir was anderes erzählen!«
Ottfried warf sich in die Brust. »Tja, da solltest du vielleicht mal durchgreifen. Wetten, deine Frieda will mit ihren Betschwestern nach Down Under?« Wichtig verwandte er den Spitznamen für Australien, wie es die englischen Siedler taten. »Und macht dir die Hölle heiß, wenn du keine Lust hast auf ein drittes Raben Steinfeld? Meine Ida dagegen, die spurt! Die ist ein braves Weib, der musst ich nur erst diesen Karl aus dem Kopf rammeln.«
Ida errötete zutiefst – und sah, wie Paddy hinter der Theke angewidert den Mund verzog. Sie hatte gar nicht gewusst, dass der dicke Wirt so viel Deutsch verstand.
Ottfried schwadronierte schon weiter. »Und das Kätchen, das ist natürlich eine Wilde. Die war schwerer zu zähmen. Aber …«
»Nun du mal halt die Mund, Otie!«
Ottfried verstummte tatsächlich verblüfft, als Paddy ihm ins Wort fiel. Der Wirt drehte sich zu Ida um und blinzelte ihr
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