Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
schließlich. »Rausgeschmissen hätten wir sie natürlich, mit Pauken und Trompeten! Und das hätten die Wilden mit Gibson auch tun können. Wenn’s denen irgendwie ankäme auf die Ruine hier, und wenn’s ihnen ernst wär mit deren Heiligkeit. Aber das ist es ja wohl nicht, Ida. Sie machen sich nichts aus dem Platz hier, oder sie trauen sich nicht, sich durchzusetzen. Gleichgültig oder feige. Ihr könnt es euch aussuchen. Und mir ist’s egal, wenn ihr’s wissen wollt. Denn auf die Dauer, auf die Dauer gehört in diesem Land hier sowieso alles uns. Die Wilden machen sich jetzt noch ein bisschen wichtig, und wir sind ja auch nett und kommen mit Geschenken, statt mit Musketen. Aber wenn die aufmucken, dann …«
»Willst du allein gegen die Maori antreten?«, fragte Cat spöttisch.
Ottfried zuckte die Achseln. »Brauch ich gar nicht. Wie du siehst, gehen sie ganz von selbst. Sie wissen, wo sie hingehören. Und wir nehmen uns das, was uns zusteht!« Entschlossen trat er ins Haus und warf seine Jacke über die Lehne eines der Stühle.
Joe Gibson folgte ihm mit dem Whiskey, dem Proviant und einem Beutel mit dem Bettzeug der Frauen. »Ihr Frauen könnt heute Nacht hier schlafen, Otie, Eric und ich richten uns woanders ein«, meinte er. Es klang begütigend, fast als habe Ottfrieds Ausbruch auch ihn schockiert, obwohl er natürlich kaum etwas davon verstanden haben konnte. »Morgen besprechen wir dann, wer auf Dauer wo unterkommt.«
Ida stand immer noch unschlüssig vor dem Haus. Das pa gefiel ihr nicht, doch sie war auch erschöpft und hungrig.
»Ist es besser, wenn wir draußen schlafen?«, wisperte sie Cat zu. »Wir könnten das Zelt aufbauen.«
Cat fühlte sich plötzlich todmüde. Sie glaubte nicht, dass sie es schaffte, jetzt noch mit dem Zelt herumzuwerkeln. Und es würde ja auch nichts ändern.
»Das ganze pa ist tapu «, ließ sie Ida wissen. »Also ob wir drinnen oder draußen schlafen, ist egal. Wir haben es auch jetzt schon entweiht. Te Ronga hätte gesagt: Wir sind in den Händen der Geister. Hoffen wir, dass sie uns gnädig sind.«
KAPITEL 5
Die Geister ließen die Frauen zumindest ruhig schlafen – nach der beschwerlichen Reise waren Ida und Cat so erschöpft, dass es eines sehr lauten Spuks bedurft hätte, um sie zu wecken. So verschliefen denn auch beide Bettys und Erics Aufbruch.
Als Cat sich langsam aus den Decken schälte, fand sie nur noch einen Zettel auf dem Tisch vor.
Wir sind fort nach Wellington, die Redwoods können uns sicher sagen, wie wir zum Hafen kommen. Haben etwas Brot und Käse als Wegzehrung mitgenommen. Bitte nicht böse sein!
Betty
»Tja, da können wir den beiden nur viel Glück wünschen«, meinte Cat gelassen, als sie Idas Sorge bemerkte. »Reg dich nicht auf, Ida, die kommen schon durch. Ich weiß nicht, wie es bei deiner Schwester aussieht, aber Eric ist heiß verliebt in sie, das ist nicht zu übersehen. Also wird er auf sie aufpassen. Oder wolltest du, dass sie hierbleiben?«
Ida schüttelte den Kopf. »Nein! Betty soll frei sein. Wenigstens eine von uns soll tun, was sie will. Ich möchte auch nicht, dass sie das hier mit uns rauskriegt. Meine … unsere Schande …«
Cat nahm sie tröstend in den Arm, sagte jedoch nichts. Sie hatte Ida wieder und wieder versichert, dass sie ihre Schwangerschaft von Ottfried zwar als lästig und unerwünscht, jedoch nicht als Schande betrachtete. Weder sie selbst noch das Kind waren an irgendetwas schuld. Und Ida schon gar nicht! Die war schließlich immer eine brave Ehefrau gewesen und hatte Ottfried keinen Grund gegeben, sie zu betrügen. Rein verstandesmäßig konnte Ida das auch nachvollziehen, aber sie wusste, dass man es in der Gemeinde anders sehen würde. Zumindest würde man darüber tuscheln, ob sie ihre Pflichten nicht doch verletzt und Ottfried damit Gründe gegeben hatte, auszuscheren. Und ihren Entschluss, Ottfrieds und ihren »Bastard« an Kindes statt anzunehmen, würde ganz sicher niemand billigen. Insofern machte es Ida schon äußerst verlegen, dass Joe zwangsläufig davon wissen würde. Das Geheimnis mit ihrer Schwester zu teilen hätte sie nicht ertragen.
»Es wird bestimmt alles gut werden«, murmelte Cat schließlich hilflos. »Irgendwie wird alles gut. Und jetzt gehen wir mal hinaus und sehen uns um. Schau, die Sonne scheint! Betty und Eric haben schönes Wetter zum Wandern, und das pa wirkt gar nicht mehr so gespenstisch, oder?«
Tatsächlich verlor die verlassene Festung im Sonnenschein an
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