Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Namen.
Ida überwand ihre Scheu vor der Reaktion ihres Vaters, wies schüchtern auf sich selbst und sagte »Eida«. Die Partridges applaudierten ihr begeistert.
»Kann ich auch einen neuen Namen bekommen?«, fragte Elsbeth missgünstig – und wurde gleich Elizabeth genannt.
»Or would you prefer Elsie or Betty? « , fragte Mrs. Partridge lachend und zog an Elsbeths blonden Zöpfen. »You are such a pretty little girl, but you need a bath!«
Ein Bad brauchten allerdings sämtliche Langes, und Ida und Anton brachten den halben Nachmittag damit zu, Wasser zu schleppen, um den Zuber der Partridges zu füllen. Ihre freundliche Gastgeberin brachte auch gleich frische Kleider und Unterwäsche für Elsbeth und Ida aus dem Laden unten im Haus, und Elsbeth bestand darauf, dass ihr Vater sie ihnen kaufte.
»Es dauert viel zu lange, bis wir uns selbst welche genäht haben!«, erklärte sie und drehte sich in dem blauen Kleid mit roten Bordüren, das Mrs. Partridge für sie ausgesucht hatte. »Und in den alten können wir nicht mehr herumlaufen, die sind ja völlig fleckig und verschlissen! Schau einmal, wie hübsch die Kleider sind, Vater! Ich hatte noch nie eines mit Spitzen!«
Jakob Lange sah den Zierrat an dem Kleid seiner Jüngsten eher ungern – solche Kleidung entsprach nicht dem Stand einer Häuslertochter und nicht der Weltsicht eines Altlutheraners. Im Allgemeinen kleideten die Frauen der Gemeinde sich schlicht und zweckmäßig.
Zu Elsbeths neuem Staat gehörte dagegen nicht mal eine züchtige Haube, und Mrs. Partridge hatte ihr das frisch gewaschene Haar nicht geflochten, sondern nur gebürstet und zwei Strähnen rechts und links des Gesichts abgeteilt und am Hinterkopf zusammengebunden. Obendrein mit einer blauen Schleife … Es sah unzweifelhaft hübsch aus, aber Jakob Lange war indigniert.
Ida, die so etwas geahnt hatte, trug ein schlichteres braunes Kleid, das nur am Ausschnitt und an den Ärmeln gelb abgesetzt war. Auch das jedoch aus besserem Stoff als alles, was sie je besessen hatte, und dabei war es gar nicht so teuer gewesen – zumindest soweit sie das umrechnen konnte. Man zahlte hier ja nicht mehr mit Pfennigen und Talern, sondern mit englischen Pfund.
Zum Nachtessen gab es Brot und Aufschnitt, und nachdem Mr. Partridge mittags nur ein kurzes Tischgebet gesprochen hatte, dankte diesmal Jakob Lange ausführlich, salbungsvoll und wieder so laut, als hätte er es bei den Partridges mit Schwerhörigen zu tun, Gott für die guten Gaben, die hochherzige Aufnahme in der Familie ihrer Gastgeber und erneut für die sichere Ankunft im neuen Land. Die Partridges lauschten geduldig, nur Paul schaute schon begehrlich über die gefalteten Hände hinweg auf das Essen.
»Thank you, Jakob!«, brummte Mortimer Partridge schließlich, als Lange »Amen«, die Partridges mit erkennbarem Aufatmen »Ämen« gesagt hatten. »But you have to learn English. God might understand you. But the rest of us …«
Ida schlief hervorragend, allein in ihrem sauberen, frisch bezogenen Bett, und als sie die Partridges am Morgen traf, begrüßte sie ihre Gastfamilie auf Englisch. Elsbeth wiederholte den Gruß, und erneut reagierte Mrs. Partridge euphorisch. Ida werde bestimmt schnell lernen, erklärte sie, und Betty desgleichen. Sie erbot sich eifrig, die Mädchen dazu unter ihre Fittiche zu nehmen, und wies sie gleich in die Zubereitung eines englischen Frühstücks ein. Ida kochte Porridge, Elsbeth coffee .
Jakob Lange begab sich sofort nach dem Frühstück in den Magistrat, um die Pässe abzuholen, sich über mögliche Neuigkeiten zu informieren und vor allem mit den anderen Mecklenburgern zu reden. Als er zurückkehrte, begleiteten ihn Peter und Ottfried Brandmann – und fanden die Lange-Kinder bei den verschiedensten Beschäftigungen. Mr. Partridge hatte Anton als Handlanger im Laden angestellt, rief ihn Tony und wies ihn an, Säcke zu stapeln und den Inhalt von Paketen in die Regale zu ordnen. Franz und Paul warfen sich im Hof einen eiförmigen Lederball zu, den Paul football nannte, und aus Mrs. Partridges Küche drangen die vergnügten Stimmen der Mädchen, die ein englisches Lied sangen und dabei Tierstimmen imitierten.
»And on his farm he had a cow … muh … muh!«
Elsbeth begrüßte die Männer begeistert. »Hörst du, Vater? Kuh heißt cow und Schwein heißt pig! Und ich bin jetzt Betty!«
Jakob Lange warf seinen Töchtern einen unzufriedenen, den Brandmanns einen bedeutsamen Blick zu. »Da seht ihr, was
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