Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
ihr Lied ausklingen, bevor er weitersprechen konnte. Captain Wakefields Männer, die sich endlich entspannt hatten, applaudierten, was die Maori offenkundig erfreut registrierten. Wahrscheinlich hatten auch die vorigen Tänzer mit Anerkennung gerechnet. Karl tat es leid, dass die Besucher sie enttäuscht hatten. Doch bevor die Maori noch mit ihrem Begrüßungsritual hätten fortfahren können, stand der Police Officer entschlossen auf.
»Jetzt ist aber mal Schluss hier mit der Rumhüpferei!«, rief Thompson. »Wer von euch ist Te Rauparaha?«
Fenroy reagierte alarmiert – wie auch auf der anderen Seite das blonde Mädchen. Der englische Übersetzer schob sich neben Thompson und das Mädchen neben einen eher kleinen, in einen aufwendig mit Federn geschmückten Mantel gehüllten Mann, der jetzt ebenfalls aufstand und, bevor Fenroy noch übersetzen konnte, auf den Officer zuging.
»Hier bin ich«, sagte er ruhig. Seine tiefe, laute Stimme durchdrang die nach Thompsons Ausbruch eingetretene peinliche Stille. »Was ihr wollen von mir?«
Der Häuptling hielt Thompson die Hand hin – und durch die Reihen der Maori ging ein erschrockenes Raunen, als der Police Officer sie wegstieß.
»Ich bin nicht hier, um Höflichkeiten auszutauschen oder ein paar nackte Mädchen tanzen zu sehen. Unmöglich das, in aller Öffentlichkeit! Dafür geht man in den Pub unter zivilisierten Menschen! Hier geht es um eine Festnahme. Ich …«
Der Häuptling verstand offenbar kein Wort, aber bevor Fenroy noch übersetzen konnte – er schien kurz zu zaudern und zu überlegen, wie viel von dieser Rede dem Häuptling wohl zuzumuten war, wenn man nicht sofort gefressen werden wollte –, erhob die blonde junge Frau die Stimme. In der melodisch klingenden Sprache der Maori wandte sie sich an den Häuptling.
»Sie übersetzen?«, raunte Karl Fenroy zu.
»Sozusagen …«, murmelte der und flüsterte ihm dann simultan die Worte zu, die das Mädchen dem Häuptling zutrug. »Der pakeha zeigt sich beeindruckt von unserem Tanz, auch wenn er englischen Gebräuchen nur begrenzt entspricht. Aber er bittet, den Austausch von Höflichkeiten jetzt beenden zu dürfen. Er …«
Während der Häuptling sich anscheinend kurz mit seinen Ratgebern besprach, richtete die junge Frau höflich das Wort an die Weißen. Sie sprach fließendes Englisch.
»Meine Herren, die Häuptlinge der Ngati Toa erbieten Ihnen zunächst ihren Gruß. Allen voran der Stammesführer Te Rauparaha. Er weiß, dass unsere Gebräuche die pakeha ermüden, deshalb möchte er Sie auf Ihre Art willkommen heißen, indem er Ihnen die Hand reicht …«
Officer Thompson blieb verstockt, aber Tuckett trat jetzt auf die Gruppe der maorischen Würdenträger zu und streckte ihnen die Hand entgegen. Auch Captain Wakefield besann sich. Er tauschte einen Händedruck mit Te Rauparaha. Den anderen Häuptling stellte die blonde junge Frau als Te Rangihaeata vor.
»Und mein Name ist Poti«, sagte sie dann mit einer leichten Verbeugung. »Cat, in Ihrer Sprache. Ich bin tohunga und darf für die Häuptlinge übersetzen.«
Christopher Fenroy schaute verzückt zu ihr hinüber und reichte ihr spontan die Hand. »Angenehm!«, sagte er galant, aber fast etwas heiser. »Ich … ich bin Chris Fenroy. Der zuständige tohunga für die pakeha .«
Die junge Frau blickte ihn ernst an. »Dann wollen wir beide hoffentlich dem Frieden dienen«, sagte sie bedeutsam.
Chris nickte.
Nun mischte sich auch wieder Thompson ein. »Ich habe hier einen Gerichtsbeschluss, der mich ermächtigt, dich, Te Rauparaha, wegen Brandstiftung und Zerstörung englischen Eigentums zu verhaften und nach Nelson vor Gericht zu bringen«, sagte er, nachdem er sich provokativ vor dem Häuptling aufgebaut hatte. Thompson wedelte mit einem Schreiben.
Fenroy warf dem blonden Mädchen einen verzweifelten Blick zu und übernahm die Übersetzung. Das Mädchen schien ein Lächeln zu unterdrücken.
»Was du gesagt?«, erkundigte sich Karl bei Fenroy, als der seine Rede beendet hatte.
»Dass die Ältesten in Nelson verwirrt und etwas erbost gewesen sind über die Zerstörung der Hütten der Landvermesser und dass sie darüber noch mal mit Te Rauparaha reden möchten.« Fenroy zwinkerte ihm zu.
Inzwischen äußerte sich wieder der Häuptling. Das Mädchen überlegte kurz und hob dann die Stimme.
»Te Rauparaha fühlt sich geehrt durch die Einladung, aber er möchte doch klarstellen, dass er nichts getan hat, was nicht rechtmäßig war. Ihre
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