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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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wehren, damit unsere Jäger ihren Mut beweisen müssen. Gestärkt durch sein Fleisch, werden wir ins Land der großen Herden ziehen und die Jagd wird gut sein.“ Erneut atmete Kar tief ein. „Und wenn das Große Himmelsfeuer wieder erwacht, dann werden wir nicht hierher zurückkehren; um dem Geist des alten Bären nicht zu zürnen, dessen Ruhe wir nicht stören dürfen! - Wir werden auf der anderen Seite des großen Tales leben und den Fluß nicht überqueren! Bis die jungen Bären größer und mächtiger sind, als es der alte Bär jemals war. Ihr Geist wird uns beschützen. So will es der Mächtige Bär! - Und wer sich seinem Willen widersetzt, wird sterben, so wie die Mutter von Werferin sterben mußte. - Werferin aber werde ich lehren, was Tochter des Bären mich lehrte; dann wird sie das Gewand von Tochter des Bären tragen. Durch sie wird der Mächtige Bär wieder zu euch sprechen. In mir wohnt die Stimme des Wolfes. In ihr aber wohnt die Stimme des Bären. Und ihr Haar wird so schwarz sein wie die Federn der Krahs!“
    Als Maramir das Funkeln in den Augen der Umstehenden sah, trübten aufsteigende Tränen der Freude ihren Blick. - Die Ahnen hatten zu Kar gesprochen. Sie hatten zu ihr gesprochen, wie nie zuvor ...
    Alle hatten Kars Worte vernommen wie einen warmen Wind in kalter Zeit. Der Mächtige Bär hatte ihre Sorgen und Sehnsüchte erhört. Eine Zeit des Umbruchs stand bevor ...
    Niemand ahnte, daß Kar die Geister der Toten herausgefordert und es gewagt hatte, achtlos im Namen des Mächtigen Bären zu sprechen. - Sie verhielt sich wie ein in die Enge getriebener Wolf, dessen einziger Ausweg darin bestand, sich die Flucht zu erbeißen.
    Der Grund dafür war, daß Kar auf dem Vorplatz der Höhle einen menschlichen Schädel und einige von Hyänen aufgebrochene Knochen entdeckt hatte. Der Koloss, der sich über den Kadaver hergemacht hatte, hinterließ Spuren. Die Hyänen waren erst später hinzugekommen. Aber die im feuchten Lehmboden eingedrückten Tatzenspuren jenes riesenhaften Bären, auf die Kar in der Höhle gestoßen war, beunruhigten sie zutiefst. Kar fürchtete nun die Rache des ruhelosen Geistes von Tochter des Bären, denn ihr Grab war leer. Der große Bär selbst hatte ihren Leichnam befreit ... und von ihrem Fleisch gegessen.
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    Schneller Läufer und Bärenpranke trugen die Botschaft und die Ereignisse der letzten Tage eilig in das entfernte Lager von Scharfe Zunges Sippe. Es war an der Zeit, gemeinsam zu beraten und den Bund zu erneuern, damit man vereint den Bären töten und ins Winterlager ziehen konnte. - Bärenpranke ahnte, daß Scharfe Zunge voller Mißtrauen auf die überbrachte Nachricht reagieren würde. Dennoch, so glaubte Bärenpranke, wären er und sein Sohn Schneller Läufer willkommen ...
    Geschlossen traten ihnen Scharfe Zunge, Schwarzlocke und einige andere Mitglieder der Sippe entgegen und versperrten ihnen den Weg. Kurze Zeit später hatte sich auch der Rest der Sippe um sie herum versammelt. Argwöhnisch starrten Männer und Frauen Bärenpranke an, als er deren Aufmerksamkeit verlangte. Er fürchtete die Stärke ihrer Gemeinschaft nicht, und so forderte er sie alle zusammen auf, ihm zuzuhören, bevor er zu schildern begann, was geschehen war.
    Barsch unterbrach ihn Scharfe Zunge schließlich: „Ich habe genug gehört“, erhob er seine Stimme über Bärenprankes. „Schwarzhaar“, fuhr er fort, „spricht nicht mit der Stimme des Bären, sondern mit der Stimme der fremden und feigen Plattgesichter. Zu einem Plattgesicht soll der Mächtige Bär sprechen?“ rief er verächtlich aus; und redete voller Abscheu von der Furcht der Plattgesichter, Großwild mit der Lanze zu töten und sich stattdessen lieber von dessen pflanzlicher Nahrung zu ernähren. Trotzdem willigte Scharfe Zunge schließlich zu einem Treffen vor der Höhle der Großen Mutter ein; nicht ohne dabei angewidert auszuspucken. Ein listiges Grinsen zeichnete sich in seinem grimmigen Gesicht ab.
    Bärenpranke und Schneller Läufer achteten den kräftigen Mann, mit dem Alter und Stand bezeugenden grauen Haar. Scharfe Zunge hatte das Recht auszusprechen, was er dachte. Er war nun der Älteste des Stammes. Seine Stellung ermächtigte ihn dazu, den Stamm zu führen. Nur deshalb nahmen Bärenpranke und Schneller Läufer seine Beleidigungen schweigend hin – obwohl ihre Gesichter unterdessen vor Zorn glühten.
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    Argwohn und Feindseligkeit bestimmten die Gemüter, als die Sippen auf dem Vorplatz der Höhle

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