Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
untersuchte den bewußtlosen Mann.
»Er ist in Ordnung, aber die bei der Reise verbrauchte Energie war ungeheuerlich«, stellte er fest.
Dom Rafael befahl: »Ruf den alten Gwynn, daß er hilft, ihn wegzutragen. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen und mehr.« Zusammen mit dem Corydom trug Bard den Fremden in sein eigenes altes Zimmer, legte ihn in sein Bett und verschloß die Tür der Suite. Nicht, daß das nötig gewesen wäre. Der Laranzu versicherte ihm, der andere werde einen Tag und eine Nacht lang und vielleicht noch länger nicht aufwachen.
Als Bard zurückkehrte, stellte er fest, daß Dom Rafael die Leroni in einen angrenzenden Raum geschickt hatte, wo von dem alten Corydom ein warmes Abendessen mit reichlich Wein bereitgestellt war. Bard, den verzweifelte Neugier wegen des Fremden quälte, versuchte, einen gedanklichen Kontakt mit seinem Vater herzustellen, aber aus irgendeinem seltsamen Grund hatte Dom Rafael sich völlig gegen ihn abgeschirmt.
Warum verbarrikadierte sein Vater seine Gedanken so fest? »Essen und Trinken ist für euch vorbereitet, meine Freunde. Auch ich bin Laranzu gewesen, ich weiß, welchen schrecklichen Hunger und Durst solche Arbeit erzeugt. Kommt, stärkt und erholt euch. Dann lasse ich euch Schlafzimmer anweisen, wo ihr ruhen könnt, solange ihr wollt.«
Die drei Leroni nahmen schnell am Tisch Platz und hoben die Weingläser. Auch Bard war durstig. Er wollte ein Glas ergreifen, aber sein Vater packte seinen Arm mit eisernem Griff und hinderte ihn daran. In diesem Augenblick schrie eine der Frauen auf. Es war ein schrecklicher, heiserer Schrei. Dann glitt sie leblos zu Boden. Der Laranzu würgte und spie entsetzt den Wein aus, aber es war schon zu spät.
Vergiftet! Furcht überlief Bard bei dem Gedanken, wie nahe er daran gewesen war. von diesem Wein zu trinken. Die andere Lero nis hob ihr Gesicht in blindem Flehen, und Bard fühlte ihren Schrecken, die Angst vor dem gewissen Tod. Sie hatte fast nichts von dem Wein geschluckt, und jetzt irrte ihr Blick auf der hoffnungslosen Suche nach einer Fluchtmöglichkeit hierhin und dahin.
Bard zögerte, denn die Frau war jung und nicht ohne Anziehungskraft. Sie nahm seine Verwirrung wahr, kam und warf sich ihm zu Füßen. »0 nein! 0 mein Lord, tötet mich nicht, ich schwöre, ich werde niemals ein Wort sagen … «
»Trink!« sagte Dom Rafael, und sein Gesicht war wie Stein. »Bard
-zwinge sie zu trinken.«
Bards Augenblick der Schwäche war vorbei. Sein Vater hatte recht. Sie durften die Leronis nicht leben lassen, damit sie von der Arbeit dieser Nacht redete. Dem alten Gwynn konnten sie ihr Leben anvertrauen, aber eine Leronis, deren Gedanken jemand anders mit Hilfe eines Sternensteins lesen mochte - nein, es war nicht möglich. Wesentlich für ihren Plan war, daß über seinen Doppelgänger nichts bekannt wurde. Die Frau umklammerte immer noch seine Knie und stammelte in Todesangst. Widerstrebend beugte er sich nieder. um seine Arbeit zu tun, doch bevor er sie berühren konnte, duckte sie sich weg, sprang auf die Füße und lief davon. Bard seufzte. Er sah eine scheußliche Jagd voraus und die Notwendigkeit, sie letzten Endes niederstechen zu müssen. Aber sie rannte um den Tisch, ergriff den Kelch und tat einen tiefen Zug. Noch vor dem dritten Schluck gab sie ein seltsames kleines Husten von sich und stürzte leblos über den ‘Fisch. Dabei warf sie ein Brett mit Brot um, das polternd zu Boden fiel.
    Das war also der Grund, warum sein Vater Melisandra nicht mitgenommen hatte!
Dom Rafael goß den Rest des vergifteten Weins auf den Steinfußboden.
»Hier ist eine gute Flasche«, sagte er. Ach wußte, wir würden sie brauchen. iß, Bard, denn das Essen ist unberührt, und wir haben Arbeit vor uns. Selbst mit Gwynns Hilfe werden wir die ganze Nacht brauchen, um sie alle drei zu begraben.«
    3. BUCH
    Der dunkle Zwilling
    1
Wenn er ich ist, wer zum Teufel bin ich?
Paul Harrell war sich nicht sicher, ob diese so laut in seinem Kopf widerhallende Frage sein eigener Gedanke war oder der des Mannes, der vor ihm stand. Es war schrecklich verwirrend. Zwei gegensätzliche Empfindungen stritten sich in ihm: Dieser Mann würde mich verstehen und Ich hasse ihn; wie kann er es wagen, so sehr das zu sein, was ich bin? Es war nicht seine erste Erfahrung mit einem innerlichen Widerspruch, aber noch nie war er sich seiner so quälend bewußt gewesen.
Der Mann, der sich als Wolf vorgestellt hatte, wiederholte den fremden Namen. »Paul Harrell. Nein, das ist

Weitere Kostenlose Bücher