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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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das?«
    »Leiser, habe ich gebeten. Man schaut schon her  ...«
    »Diese Dirne  ... Ich wollte sagen, Prinzessin  ... Sie soll ja hässlich sein  ... Wenn der Imperator sie erblickt  ...«
    »Wollt Ihr sagen, dass er sie noch nicht gesehen hat?«
    »Er hatte keine Zeit. Er ist vor einer Stunde erst aus Darn Ruach angekommen.«
    »Emhyr hat sich nie etwas aus Hässlichen gemacht. Aine Dermott  ... Clara aep Gwydolyn Gor  ... Und Dervla Tryffin Broinne ist schließlich eine wahre Schönheit  ...«
    »Vielleicht wird dieses Findelkind mit der Zeit hübscher  ...«
    »Wenn man sie richtig wäscht? Die Fürstentöchter aus dem Norden sollen sich ja selten waschen  ...«
    »Achtet auf Eure Worte. Ihr sprecht womöglich von der Gemahlin des Imperators  ...«
    »Das ist doch noch ein Kind. Sie ist höchstens vierzehn.«
    »Ich wiederhole, das wäre eine politische Verbindung  ... Eine reine Formalität.«
    »Wenn es so wäre, wäre die Goldhaarige Dervla bei Hofe geblieben. Das Findelkind aus Cintra würde politisch und formal neben Emhyr auf dem Thron sitzen  ... Und abends würde ihr Emhyr die Krone und die Kronjuwelen zum Spielen geben und selbst in Dervlas Schlafzimmer gehen  ... Zumindest so lange, bis die Rotznase das Alter erreicht, in dem sie gefahrlos Kinder zur Welt bringen kann ...«
    »Hmmm  ... Ja  ... Da ist etwas dran. Wie heißt diese  ... Prinzessin?«
    »Xerella oder so ähnlich.«
    »Woher denn, das stimmt nicht. Sie heißt  ... Sirilla. Ja, ich glaube, Sirilla.«
    »Ein barbarischer Name.«
    »Leiser, zum Henker  ...«
    »Und mehr Ernst. Ihr benehmt Euch wie Rotznasen!«
    »Achtet auf Eure Worte! Seht Euch vor, dass ich sie nicht als Missachtung betrachte!«
    »Wenn Ihr Satisfaktion wollt, wisst Ihr, wo Ihr mich findet, Markgraf!«
    »Leiser! Ruhe! Der Imperator  ...«
    Der Herold brauchte sich nicht besonders anzustrengen. Es genügte ein Schlag mit dem Stab auf den Boden, dass die mit schwarzen Baretten geschmückten Köpfe der Aristokraten und Ritter sich neigten wie Ähren unter einem Windstoß. Im Thronsaal trat Stille ein, so dass der Herold auch seine Stimme nicht übermäßig anstrengen musste: »Emhyr var Emreis, Deithwen Addan yn Carn aep Morvudd!«
    Die Weiße Flamme, Die Auf Den Grabhügeln Der Feinde Tanzt, trat in den Saal. Er marschierte mit seinem üblichen raschen Schritt durch das Spalier des Adels und schwenkte dabei energisch die Hand. Seine schwarze Kleidung unterschied sich in nichts von der Kleidung der Höflinge, abgesehen vom Fehlen einer Halskrause. Die dunklen Haare des Imperators, wie üblich nicht frisiert, wurden von einem schmalen Goldreif halbwegs in Ordnung gehalten, am Hals glitzerte die kaiserliche Kollane.
    Emhyr setzte sich recht lässig auf den erhöhten Thron, stützte einen Ellenbogen auf die Armlehne und das Kinn auf die Hand. Er warf kein Bein über die andere Armlehne des Throns, was bedeutete, dass das Hofzeremoniell weiterhin galt. Keiner der gesenkten Köpfe hob sich auch nur einen Zoll.
    Der Imperator räusperte sich laut, ohne seine Haltung zu verändern. Die Höflinge atmeten auf und richteten sich auf. Der Herold schlug abermals mit dem Stab auf den Boden.
    »Cirilla Fiona Elen Riannon, Königin von Cintra, Fürstin von Brugge und Herzogin zu Sodden, Erbfürstin von Inis Ard Skellig und Inis An Skellig, Herrin über Attre und Abb Yarra!«
    Aller Augen richteten sich zur Tür hin, in der die hochgewachsene und würdevolle Stella Congreve stand, die Gräfin Liddertal. An ihrer Seite aber ging die Besitzerin all der soeben aufgezählten imponierenden Titel. Schmal, hellhaarig, ungewöhnlich blass, leicht gebeugt, in langem blauem Kleid. In einem Kleid, in dem sie sich sichtlich fremd und unwohl fühlte.
    Emhyr Deithwen setzte sich auf dem Thron gerade, und augenblicklich verneigten sich die Höflinge. Stella Congreve schob das hellhaarige Mädchen unauffällig vorwärts, beide defilierten durch das Spalier der sich verbeugenden Aristokraten, der Vertreter der ersten Geschlechter Nilfgaards. Das Mädchen schritt steif und unsicher. Sie wird stolpern, dachte die Gräfin.
    Cirilla Fiona Elen Riannon stolperte.
    Unansehnlich und dürr, dachte die Gräfin, während sie sich dem Thron näherte. Ungeschickt und zu alledem noch unterentwickelt. Aber ich werde eine Schönheit aus ihr machen. Ich werde eine Königin aus ihr machen, Emhyr, wie du es befohlen hast.
    Die Weiße Flamme Nilfgaards musterte die beiden von der Höhe

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