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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Richter ist korporiert. 16 «
    Treffer und versenkt. Der Typ hatte mich im Kasten. Nichts konnte ich gegen ihn vorbringen. Absolut nichts. Er saß da wie ein Gott, massierte das Kreuz um seinen Hals in einer Tour, als wäre sein Werk, mich in die Hölle zu schicken, vollendet. Wie ein Gott … Stopp, da war noch was. Ich musste nachdenken.
    »Sagen Ihnen folgende Worte etwas: ›So wurden Himmel und Erde vollendet und ihr ganzes Gefüge. Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte.‹«
    Er war irritiert. Das Kreuz stach in die Finger. »Was soll das? Natürlich, das ist aus der Genesis. Jeder Priester weiß das«, sagte er mit aufkeimender Verunsicherung.
    Jetzt hatte ich ihn. Er wusste über den Papierschnipsel in Nikolas Hand nicht Bescheid, und ich wusste nicht, wohin mich diese Frage führen würde. »Beschreiben diese Zeilen nicht die Erschaffung der Welt durch Gott?«
    »Ja, tun sie«, antwortete er trocken. Er erhob sich und ging im Zimmer auf und ab. Das Kreuz machte Kapriolen in seiner Hand. Irgendetwas in ihm musste ich getroffen haben.
    »Wo haben Sie diese Textpassage her? Ich meine, wie kommen Sie jetzt darauf?«
    »Sie stammt von einem Papierfetzen, den Nikola in seiner Faust versteckt hielt. Ich habe die Spur bisher nicht verfolgt, da sie mir nicht wichtig …«
    »Ist sie aber!«, unterbrach er mich nahezu wütend. »Und er hatte diese Worte tatsächlich in der Hand versteckt?«
    »Mein Wort drauf.«
    »Nun gut«, sagte er bestimmend und setzte sich wieder.
    »Die Sache ist schlimmer, als ich befürchtet habe.«
    Er beugte sich nach vorn, ich tat es ihm gleich, und er begann mir eine sonderbare Geschichte zu erzählen. Vom »Werk Gottes«, auf Lateinisch »Opus Dei«, von Bruder Alvarez, der ihn damals hintergangen und an jenes Werk Gottes verraten hatte, und schließlich von einem Gespräch zwischen Nikola und ihm, das sich auf jene Bibelstelle, als geheimes Zeichen für den anderen, bezog. Neben mir an der Tür sah ich die Pupille des Wachmanns, wie sie durch den Spion auf mich gerichtet war. Er schien beruhigt, hatte ich doch die Haltung eines Büßers eingenommen.
    Und plötzlich kam die Rede auf Schwester Yasmina, Signora della Schiava, im Dienste des römischen Stuhls, als Speerspitze des Opus Dei vor Ort, und seiner Flucht vor ihr. Er kannte sie nicht, hatte aber einen Tipp aus Rom erhalten. Zu spät, wie es sich herausstellte. Erst als er in der Nacht nach Hause gekommen war, fand er die Nachricht auf dem Anrufbeantworter und machte sich eilends davon. Bruder Ninian, ich sollte mir diesen Namen gut einprägen, hatte ihn vor Yasmina gewarnt.
    »Ninian«, flüsterte er mir ins Ohr, »nicht vergessen.«
    Der Name kam mir seltsam bekannt vor, aber ich wusste nicht mehr, woher.
    »Wozu?«, fragte ich.
    »Heute Nachmittag findet die Beerdigung Nikolas statt. Das Requiem halte ich, das bin ich ihm schuldig. Zuvor werde ich eine Bitte an den Innenminister richten. Er ist mir noch etwas für eine Expertise schuldig. Jetzt kommen Sie ins Spiel. Suchen Sie Bruder Ninian …«
    *
    Der Plan hatte was. Und das Beste daran war, dass er funktionieren konnte.
    Mayfarth hatte wahr gemacht, was Heinlein und ich nie im Traum für möglich gehalten hätten – die tatsächliche Allmacht der heiligen, katholischen Kirche. Dem Anruf im Innenministerium folgte ein Rückruf beim örtlichen Polizeipräsidenten, der gab eine Anweisung an Oberhammer, und rechtzeitig vor Beginn der Beerdigung brachte mir ein verwunderter Heinlein einen meiner schwarzen Anzüge in die Zelle.
    Ich klärte ihn über das Vorhaben auf, er widersprach heftig, ich bat ihn um seine Unterstützung, er brachte berechtigte Einwände hervor, ich zweifelte. Danach wäre ich als ein unter Verdacht stehender und flüchtiger Mörder für immer gebrandmarkt. Ich sah keine andere Möglichkeit, mich aus dem System zu befreien, das mich zwingend vor eine Anklage stellen und zu lebenslanger Haft verurteilen würde. So ergriff ich jeden sich mir bietenden Strohhalm. Auch wenn dieser Flucht hieß. Dadurch würde ich zumindest Zeit gewinnen, bis sich neue Hinweise auf den tatsächlichen Mörder Nikolas ergaben. Mayfarth hatte mir seine Unterstützung versprochen, und ich wusste jetzt, was er bewegen konnte.
    Zu meiner »Vorführung« und Bewachung wurden Heinlein und ein Kollege von der Streife eingeteilt. Oberhammer setzte sich selbst mit auf die Ausflugsliste, da

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