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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Odyssee über abenteuerliche Passstraßen und verwaiste Kontrollstationen, durch die weiten Ebenen des Po und über verschlungene Bergstraßen der Toskana bog ich in der Morgendämmerung in die Via del Cipresso ein. Den Wagen hatte ich am Lungotevere Raffaello Sanzio mit offenem Seitenfenster und den Schlüsseln im Handschuhfach abgestellt. Bis zum Abend sollte auch diese Spur von den römischen Fachleuten ausgelöscht sein, bevor sich die italienischen Ex-Kollegen mit meinem Fahndungsfoto auf die Suche nach mir machten.
    Inmitten der holprigen Gassenschluchten von Trastevere, leicht abseits von der Via del Moro und der Vicolo de Cinque, lag das schmale erdfarbene Haus mit der Nummer 10. Ein kleiner Balkon mit schmiedeeiserner Umrandung ragte aus der Hausfront im ersten Stock hervor, der zweite schien verwaist, darüber im dritten öffnete sich die Front zu einem begrünten Umlauf unter gewellten und überhängenden Dachziegeln. Das dahinter liegende Zimmer sollte mir für die nächsten Tage einen unbehelligten Unterschlupf garantieren, so wie es früher der Fall war, wenn ich für bestimmte Ermittlungen in die Szene eintauchen musste. Dieser Stadtteil Roms, am rechten Ufer des Tiber und rund zwanzig Gehminuten südlich des Vatikans gelegen, war dafür bestens geeignet. Tagsüber, während der sengenden Hitze, blieben die Jalousien für ungebetene Fragesteller kategorisch geschlossen, hingegen mit Anbruch des Abends verwandelten sich die wild ineinander verschachtelten Gassen mit den zahlreich flanierenden Römern in ein unüberschaubares Dikkicht; selbst für die Carabinieri, die unweit der Via del Cipresso eine Station unterhielten.
    Von der Straße führten vier Stufen zu dem schmalen Eingang einer grün gelackten Holztür hinauf, über der ein schummrig beleuchtetes Messingschild mit der Aufschrift La casa dello strano hing. Ich klopfte an die Tür und wartete.
    Nichts geschah. Ich wiederholte mein Klopfen, dieses Mal stärker. Über mir am kleinen Balkon knarrte der Fensterladen, nun einen Spalt offen. Ich trat ein paar Schritte zurück auf die Straße.
    »Fremder, was willst du in aller Herrgottsfrühe?«, murrte jemand.
    »Ich brauche das oberste Zimmer für ein paar Tage.«
    »Komm später wieder.«
    »Also ist es frei?«
    »Kann sein.«
    »Wieso lässt du mich dann nicht jetzt schon rein? Ich bin müde und will schlafen.«
    »Wer um diese Uhrzeit an meine Tür klopft, ist entweder verrückt oder auf der Flucht. In beiden Fällen will ich nichts mit dir zu tun haben.«
    »Ich bin ein Pilger, der ein Dach über dem Kopf sucht.«
    »Katholiken bleiben grundsätzlich draußen. Geh zu deinem Papst, oder hilf dir selbst.« Der Laden schloss sich.
    »Du bist ein widerwärtiger, alter Sack, Enzo!«, rief ich nach oben. »Dein Gebiss soll dir im Mund verfaulen!«
    »Und du, Kiliano, bist ein verlauster Straßenköter, der mich nicht schlafen lässt!«
    »AS hat sich den Titel gekauft. Da spielen nur Penner.«
    »So wie bei deinen Bayern.«
    »Aber wir haben den Cup.«
    »Und ich bin ein Trasteverinno. 18 «
    »Stimmt, du alter Halsabschneider. Jetzt mach schon auf.«
    Der Laden schloss sich, und der alte Enzo schlurfte nach unten zur Tür. Reihum klackten fünf schwere Schlösser.
    »Was hast du denn schon wieder ausgefressen?«, fragte er mich, während er die Arme ausbreitete, um mich zu begrüßen.
    »Dieses Mal sind wirklich alle hinter mir her.«
    »Wer Charakter hat, fällt eben auf. Das war schon immer meine Rede. Komm rein, bevor dich die Carabinieri sehen.«
    Ich trat in den schmalen Gang, vorbei an dem Tresen, der für Polizei und Gewerbeaufsicht eine Rezeption darstellte, aber Enzos eigentliche Schaltzentrale für den Umschlag von Waren, Dienstleistungen aller Art und sein Wettbüro war.
    Er führte mich die Treppe hinauf in die Küche, die sich zu einem kleinen Hinterhof öffnete. »Grappa oder Carlos?«, fragte er mich.
    »Carlos. Sag, wie stehen die Dinge im Viertel?«
    »Es wird viel gebaut, renoviert und hergerichtet. Die Spekulanten stürzen sich wie die Geier auf mein altes Trastevere. Zu viel Geld ist im Umlauf. Das ist der Lauf der Dinge. Damals wie heute. Aber erzähl von dir. Was führt dich her?«
    Ich schenkte mir nach und begann.
    Als ich geendet hatte, stöhnten die ersten Lieferwagen um die Straßenecke. Die Sonne hatte sich eine Handbreit über die Dächer erhoben und sollte auch an diesem Tage ihr Versprechen auf einen heißen Sommertag in der Ewigen Stadt erfüllen.
    »Ich werde mich mal

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