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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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die
Zeit nicht bezwingen kann, doch neunhundert Jahre sollten
ausreichend sein für jedermann.«
    Die Gruppe blieb einen Tag in der Oase, um sich zu erholen und
die Kamele zu tränken, und kehrte dann an die Küste
zurück.

 
{ 42 }
DIE LETZTE NACHT
     
     
    Eine Woche nach ihrer aller Rückkehr nach Babylon
verkündete Bisesa, dass sie das Gefühl hatte, das Auge
des Marduk würde sie heimkehren lassen.
    Was auf allgemeine Ungläubigkeit stieß, selbst bei
ihren engsten Freunden. Sie spürte, dass Abdi es für
reines Wunschdenken hielt und dachte, ihre Vorstellung vom Auge
und von der Wesenheit, die sich dahinter verbarg, könnte
eine reine Phantasievorstellung sein – kurz gesagt, bei dem
Ganzen handle es sich um nichts als das, woran sie glauben
wollte.
    Alexander jedoch konfrontierte sie mit einer einzigen Frage:
»Warum du?«
    »Weil ich darum gebeten habe«, antwortete sie
einfach.
    Er überdachte ihre Worte, nickte und entließ
sie.
    Skeptisch oder nicht, ihre Gefährten, ob sie nun Briten,
Mazedonier oder aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert waren,
akzeptierten ihre Ehrlichkeit und unterstützten Bisesa bei
den Vorbereitungen für ihre »Rückkehr«. Sie
akzeptierten sogar den Zeitpunkt, den sie für ihren Weggang
genannt hatte. Sie selbst hatte immer noch keinen Beweis für
die Richtigkeit ihrer Annahme und konnte nicht einmal sicher
sein, ihre eigenen vagen Eindrücke vom Auge richtig zu
interpretieren. Aber alle nahmen sie ernst, was ihr schmeichelte
– auch wenn der eine oder andere sich diebisch darauf zu
freuen schien, wie dumm sie dastehen würde, falls das Auge
sie im Stich ließ.
    Als der letzte Tag näher kam, saß Bisesa mit Josh
im Heiligtum des Marduk, wo das Auge reglos und drohend über
ihnen schwebte. Sie hielten einander eng umschlungen, jenseits
jeder Leidenschaftlichkeit: Ungeachtet des kalten, starrenden
Gefunkeis des Auges hatten sie sich geliebt, doch selbst dann
konnten sie seine Gegenwart nicht aus ihrem Bewusstsein
verdrängen. Und alles, was sie jetzt brauchten, alles, was
sie voneinander verlangen konnten, war Trost und Beistand.
    »Glaubst du«, flüsterte Josh, »dass es
sie überhaupt interessiert, was sie angerichtet haben
– die Welt, die sie zerfetzt haben, die Menschen, die ums
Leben kamen?«
    »Nein. Oh, vielleicht haben sie sogar ein gewisses
akademisches Interesse an solchen Emotionen. Aber darüber
hinausgehend – nichts.«
    »Dann stehen sie unter mir. Wenn ich ein Tier sterben
sehe, dann kümmert mich das sehr wohl, dann bin ich
fähig, seinen Schmerz mitzufühlen!«
    »Das schon«, sagte sie geduldig, »aber,
Josh, dich kümmern doch auch die Millionen Bakterien nicht,
die jede Sekunde in deinen Eingeweiden sterben, oder? Wir sind
zwar keine Bakterien, wir sind komplexe, unabhängige,
denkende Wesen. Aber sie stehen so unendlich hoch
über uns, dass wir zu einem Nichts reduziert
werden!«
    »Warum schicken sie dich dann nach Hause?«
    »Das weiß ich nicht. Weil es sie amüsiert,
vermute ich.«
    Er sah sie finster an. »Was die wollen, ist im
Grunde irrelevant. Bist du sicher, dass du es willst,
Bisesa? Denn selbst wenn du nach Hause zurückkehrst – was ist, wenn Myra dich nicht haben will?«
    Sie wandte ihm das Gesicht zu. In dem Dämmerlicht der
Lampen erschienen ihr seine Augen riesengroß, seine Haut
sehr glatt und er selbst sehr jung. »Das ist doch
lächerlich!«
    »Wirklich? Bisesa, wer bist du? Wer ist sie? Nach
der Diskontinuität sind wir alle Zerrissene, verteilt
über Welten. Vielleicht könnte ja ein Splitter deiner
Person irgendeinem Splitter Myras zurückgegeben
werden…«
    Gereizt explodierte sie, als ihre komplizierten Gefühle
für Myra wie auch für Josh in ihr hochkochten:
»Du weißt doch gar nicht, wovon du redest!«
    Er seufzte. »Du kannst nicht zurück, Bisesa!
Es würde zu nichts führen. Bleib hier!« Er fasste
nach ihren Händen. »Wir haben Häuser zu bauen,
Saaten auszubringen – und Kinder in die Welt zu setzen.
Bleib hier bei mir, Bisesa, und setze meine Kinder in die
Welt! Diese Welt ist kein fremdartiges Kunstprodukt mehr; sie ist
unsere Heimat!«
    Plötzlich war sie besänftigt. »O Josh!«
Sie zog ihn an sich. »Lieber Josh. Ich möchte gern
bleiben, glaub mir. Aber ich kann nicht. Es ist nicht bloß
wegen Myra. Dies ist eine Gelegenheit, Josh, eine Gelegenheit,
die sie niemandem sonst geboten haben! Wie auch immer ihre Motive
aussehen, ich muss die

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