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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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soll«, gestand Bisesa.
    »Er ist ein Mensch des neunzehnten Jahrhunderts. Meine
Güte, er ist so jung!«
    »Aber er ist kein Kind mehr, Bis!«, sagte Casey.
»Männer, die jünger waren als er, starben
für uns, als sie gegen die Mongolen anrannten! Und du
weißt, dass er jederzeit sein Leben für dich geben
würde.«
    »Ich weiß.«
    »Also«, drängte Abdikadir, »was ist es,
das du ihm nicht verraten willst?«
    »Meine schlimmsten Befürchtungen.«
    »Betreffend was?«
    »Betreffend jene Tatsachen, die uns seit Tag Eins
eigentlich deutlich in die Augen springen müssten. Jungs,
unser kleines Stückchen Afghanistan – und der
Himmelsausschnitt darüber, der die Sojus vor dem Untergang
bewahrt hat – ist alles, was sich aus unserer Zeit
über die Diskontinuität hinweggerettet hat. Und so
angestrengt wir auch gesucht haben, es hat sich nichts gefunden,
was aus einer späteren Epoche stammt. Das heißt, wir
waren und sind die Letzten im Musterkatalog. Kommt euch das nicht
auch merkwürdig vor? Warum sollte ein zwei Millionen Jahre
dauerndes Projekt der Geschichte ausgerechnet mit uns
enden?«
    Abdikadir nickte langsam. »Ah, das ist es. Nun ja, weil wir eben die Letzten sind! Nach uns gibt es nichts
mehr, von dem man Muster ziehen könnte! Uns gehörte das
letzte Jahr, der letzte Monat – selbst die letzte
Stunde.«
    »Und ich denke«, fuhr Bisesa zögernd fort,
»dass an diesem allerletzten Tag etwas Schreckliches
passieren muss. Etwas Schreckliches für die Menschheit oder
für die Welt. Vielleicht sollten wir uns deshalb nicht
über Zeitparadoxa den Kopf zerbrechen – darüber,
in der Zeit zurückzugehen und die Geschichte zu
verändern. Denn nach uns gibt es keine Geschichte mehr auf
der Erde, die man verändern könnte…«
    »Und vielleicht beantwortet das eine Frage«, sagte
Abdi, »die sich mir stellte, als du über deine
Gedanken zu den Raum-Zeit-Rissen sprachst. Es gehört
zweifellos ein gigantischer Aufwand an Energie dazu, die
Raum-Zeit so zu zertrennen. Ist es das, was auf die Erde
zukommt?« Er machte eine weit ausholende Handbewegung.
»Eine gigantische Katastrophe: ein riesiger Energieschwall,
angesichts dessen die Erde nicht mehr ist als eine Schneeflocke
in einem Hochofen – ein Energiesturm, der Zeit und Raum
völlig zertrümmert?«
    Casey schloss die Augen und nahm einen Schluck Wein.
»Verdammt, Bis. Ich wusste, du würdest uns allen die
Laune vermiesen.«
    »Und vielleicht ist das sogar der Grund, weshalb der
Musterkatalog überhaupt angelegt wurde«, spann
Abdikadir seinen Gedanken weiter.
    So weit hatte Bisesa es gar nicht durchdacht. »Was
meinst du damit?«
    »Die Bibliothek brennt. Was machst du? Du rennst
zwischen den Regalen hindurch und nimmst alles mit, was du zu
fassen kriegst. Vielleicht ist der Aufbau von Mir ein Versuch zu
retten, was zu retten ist.«
    Die Augen immer noch geschlossen, fügte Casey hinzu:
»Oder zu plündern.«
    »Wie bitte?«
    »Vielleicht sind die Erstgeborenen nicht nur hier, um
unser Ende zu dokumentieren. Vielleicht haben sie es
herbeigeführt! Ich wette, daran hast du auch nicht
gedacht, Bisesa!«
    »Warum konntest du Josh das nicht sagen?«, fragte
Abdikadir.
    »Weil er so voll Hoffnung ist! Ich konnte sie ihm nicht
zerstören!«
    Eine Weile saßen sie schweigend da und brüteten vor
sich hin, dann begannen sie über ihre Zukunftspläne zu
reden.
    »Ich glaube«, sagte Abdikadir, »Eumenes
betrachtet mich als nützliches Werkzeug in seiner endlosen
Suche nach Abwechslung für den König. Ich habe eine
Expedition zur Quelle des Nils vorgeschlagen. Anscheinend
bewahren die Erstgeborenen Fragmente der Menschheitsentwicklung,
vielleicht sogar seit der allerersten Trennung von den Affen
– aber welche ist die allererste Trennung. Welche
Eigenschaft dieser frühesten, behaartesten unserer Vorfahren
betrachten sie als menschlich? Die Antwort auf diese Frage ist
der Preis, den ich Alexander vor den Augen baumeln
lasse…«
    »Ein schönes Ziel«, sagte Bisesa; bei sich
jedoch hatte sie ihre Zweifel, ob der König für eine
solche Sache zu begeistern war. Alexanders Weltsicht war es, die
die nahe Zukunft formen würde, und die bestand aus einer
Träumerei von Helden, Göttern und Mythen und nicht aus
dem Streben nach Antworten auf wissenschaftliche Fragen.
»Ich habe das Gefühl, du wirst deinen Platz finden,
egal, wohin es dich verschlägt.«
    Er lächelte. »Ich hatte immer schon einen Hang

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