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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Fähigkeit hat, mit einem anderen in
Kontakt zu treten. Doch für mich ist das Auge des Marduk ein
gewaltiges, bedrückendes Rätsel und zweifellos der Sitz
furchteinflößender Macht – aber es ist die Macht
einer Maschine, nicht die einer geistigen Kraft!«
    »Es ist keine geistige Kraft«, sagte Bisesa,
»es ist eher die Verbindung zu solchen Kräften
– die sich wie Schatten am Ende eines langen Korridors
abzeichnen. Aber sie sind da.« Es existierten keine
menschlichen Wörter für solche Wahrnehmungen, weil, so
vermutete Bisesa, kein Mensch je solche Wahrnehmungen gehabt
hatte. »Du musst mir vertrauen, Josh.«
    Er legte den Arm fester um sie. »Ich vertraue dir und
ich glaube dir. Sonst wäre ich nicht hier…«
    »Wisst ihr, manchmal denke ich, alle diese Schnipsel
verschiedener Epochen, die wir finden, das sind nichts als
Splitter einer Phantasie… Fragmente eines
Traums.«
    Abdikadir runzelte die Stirn, und seine blauen Augen blitzten
im Licht der Lampen. »Was meinst du damit?«
    Sie rang nach den richtigen Worten, um ihre Eindrücke zu
beschreiben. »Ich glaube, in gewissem Sinne sind wir enthalten im Auge.« Sie flüchtete sich in die
Sicherheit der Physik. »Stellt es euch so vor: Die
grundlegenden Bausteine unserer Realität…«
    »Die winzigen Strings…«, warf Josh ein.
    »Ganz recht. Sie sind nicht wirklich mit den Saiten
einer Violine vergleichbar. Es gibt verschiedene Arten, wie sie
um ihren Unterbau – ihren Resonanzboden – gewickelt
sein können. Stellt euch Saiten vor, die in Schlingen frei
über der Oberfläche des Resonanzbodens schweben, und
andere, die direkt drumherum gewickelt sind. Wenn man nun die
Ausmaße des Unterbaues verändert – wenn man ihn
dicker macht –, dann wird sich die Energie der
herumgewickelten Saiten erhöhen, die Vibrationsenergie der
Schlingen hingegen verringern. Und das muss Auswirkungen auf das
sichtbare Universum haben. Wenn man das lange genug macht, dann
werden die beiden Dimensionen, lang und kurz, ihre Plätze
tauschen… Sie stehen in einer reziproken
Beziehung…«
    Josh schüttelte den Kopf. »Da komme ich nicht
mit.«
    »Ich glaube, sie will uns sagen«, erklärte
Abdikadir, »dass in diesem physikalischen Modell sehr
große Distanzen und sehr kleine irgendwie äquivalent sind.«
    »Ja.« Bisesa nickte. »Genau das. Der Kosmos
und das Subatomare – eines ist die Umkehrung des anderen,
wenn man es aus einer bestimmten Richtung betrachtet.«
    »Und das Auge des Marduk…«
    »Das Auge enthält ein Bild von mir«, sagte
sie, »genau so wie sich auf meiner Netzhaut ein darauf
projiziertes Bild von dir befindet, Josh. Aber ich glaube, im
Falle des Auges des Marduk ist die Realität meines Bildes
und der Welt mehr als bloße Projektion.«
    Abdi zog die Brauen zusammen. »Dann sind also die
verzerrten Bilder am Auge des Marduk nicht nur Schemen unserer
Realität. Und indem es diese Bilder manipuliert, ist
das Auge in der Lage, das zu bestimmen, was in der
Außenwelt abläuft. Vielleicht konnte es auf diese
Weise sogar die Diskontinuität hervorrufen. Ist es das, was
du denkst?«
    »Wie Voodoo-Puppen«, warf Josh ein, hingerissen
von dieser Vorstellung. »Das Auge enthält eine
Voodoo-Welt… Abdi hat aber nicht so ganz Recht, nicht
wahr, Bisesa? Das Auge tut selbst gar nichts, denn du hast
gesagt, dass das Auge, wie erstaunlich es auch auf uns wirkt, nur
ein Werkzeug ist, und dass du das Vorhandensein von irgendetwas
hinter dem Auge gespürt hast, das es lenkt. Also ist das
Auge nicht irgendeine dämonische herrschende Wesenheit, es
ist bloß ein… ein…«
    »Ein Schaltpult«, flüsterte sie. »Ich
wusste es immer schon – du bist ein kluger Kopf,
Josh.«
    »Ah!«, rief Abdikadir aus. »Ich fange an zu
begreifen! Und du glaubst, du hast einen gewissen Zugang zu
diesem Schaltpult, du glaubst, dass du das Auge beeinflussen
kannst! Und das ist es, was dich erschreckt.«
    Sie konnte ihm nicht in seine hellen Augen sehen.
    Verwirrt fragte Josh: »Aber wenn du das Auge
beeinflussen kannst – worum hast du es gebeten?«
    Sie verbarg das Gesicht in den Händen. »Dass es
mich nach Hause gehen lässt«, wisperte sie. »Und
ich glaube…«
    »Was?«
    »Dass es das tun könnte…«
    Sprachlos starrten die beiden sie an. Aber sie hatte es
endlich ausgesprochen, und nun wusste sie, dass sie sich, sobald
diese Reise zu Ende war, dem Auge erneut stellen musste, es noch
einmal provozieren musste –

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