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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Sonne! Sie war im Freien.
Sie hatte die Arme weit ausgebreitet, weit weg vom Körper,
und ihre Finger scharrten im Boden.
    Sie warf sich herum, und als sie auf dem Bauch lag, kehrte
wieder Gefühl in Arme, Beine und Brust zurück. Immer
noch geblendet von der Sonne, konnte sie kaum etwas sehen.
    Eine Ebene. Roter Sand. Zerklüftete Hügel in der
Ferne. Selbst der Himmel sah rot aus, obwohl die Sonne hoch
stand.
    Josh lag neben ihr auf dem Rücken und schnappte nach Luft
wie ein hilfloser, plumper Fisch, den eine Woge auf diesen
seltsamen Strand geworfen hatte. Bisesa krallte die Finger in den
losen Sand und krabbelte näher zu ihm hin.
    »Wo sind wir?«, japste er. »Ist dies das
einundzwanzigste Jahrhundert?«
    »Ich hoffe nicht.« Beim Sprechen fühlte ihre
Kehle sich trocken und rau an. Sie schüttelte den Rucksack
ab und holte die Wasserflasche heraus. »Hier,
trink.«
    Dankbar nahm er einen großen Schluck Wasser. Schon stand
ihm der Schweiß auf der Stirn und sickerte ihm in den
Hemdkragen.
    Bisesa versenkte die Hände im Sand; hell, leblos und
trocken rieselte er zwischen ihren Fingern hindurch zu Boden.
Doch etwas glänzte darin, Splitter, die glitzerten, wenn ein
Sonnenstrahl sie traf. Bisesa zog sie hervor und legte sie auf
ihre Handfläche. Es waren münzengroße
Glasstücke, matt und mit gezackten Rändern. Sie
schüttelte die Plättchen und ließ sie wieder
fallen. Doch als sie mit dem Arm flüchtig über den
Boden strich, entdeckte sie überall weitere Glasstücke
– eine ganze Schicht davon, direkt unter der sandigen
Oberfläche.
    Versuchsweise stemmte sie sich auf die Knie hoch und richtete
sich auf – es machte sie zwar schwindelig, und es brauste
in den Ohren, aber sie hatte bestimmt nicht vor, in Ohnmacht zu
fallen –, und dann, langsam, einen Fuß nach dem
anderen, erhob sie sich. Jetzt konnte sie das Land besser
überblicken, aber es blieb bei dieser leblosen Ebene aus
glasdurchsetztem Sand, die sich bis zum Horizont erstreckte, wo
zerfressene Bergstümpfe der Ewigkeit harrten. Bisesa und
Josh befanden sich am tiefsten Punkt einer flachen Senke; rund um
sie beide stieg das Land an bis zu einem wenige Meter hohen Rand
in einer Entfernung von etwa einem Kilometer.
    Sie stand in einem Krater.
    Eine Atombombe könnte ihn verursacht haben, dachte sie.
Die Glasplättchen könnten sich bei der Explosion einer
kleinen Atomwaffe gebildet haben – Beton und Sand, zu Glas
verschmolzen. Wenn das stimmte, dann war nichts anderes mehr
übrig – falls es je eine Stadt hier gegeben hatte,
dann existierten keine Betonfundamente mehr, keine Knochen, nicht
einmal mehr die Asche der letzten Brände: nur noch die
Fragmente nuklearer Glasschmelze. Doch dieser Krater wirkte alt,
die Glasstücke waren unter einer Sandschicht begraben. Falls
es hier Krieg gegeben hatte, dann vor langer Zeit.
    Bisesa fragte sich, ob immer noch Radioaktivität
vorhanden war. Doch wenn die Erstgeborenen ihr schaden wollten,
dann hätten sie sie längst töten können
– und wenn nicht, würden sie sie sicher vor solch
einer elementaren Gefahr bewahren.
    Es schmerzte in der Brust beim Atmen. War die Luft hier so
dünn? Enthielt sie zu wenig Sauerstoff? Zu viel?
    Plötzlich wurde es etwas dunkler, obwohl keine Wolke an
diesem rötlichen Himmel stand. Sie blickte hoch. Mit der
Sonne stimmte etwas nicht, die Scheibe war verformt. Sie sah aus
wie ein Blatt, von dem ein großer Bissen fehlte.
    Josh stand jetzt neben ihr. »Mein Gott!«,
flüsterte er.
    Die Sonnenfinsternis schritt rasch voran. Die Luft fühlte
sich mit einem Mal kühler an, und in den letzten
Augenblicken des Lichtscheins sah Bisesa dunkle
Schattenbänder über den Boden huschen. Sie spürte,
wie ihre Atemzüge seltener kamen, wie sich der Herzschlag
verlangsamte; ihr Körper sprach selbst jetzt noch auf
elementare Rhythmen an, reagierte auf die Dunkelheit und machte
sich bereit für die Nacht.
    Als die Dunkelheit ihren Höhepunkt erreicht hatte, gab es
einen Moment tiefster Stille.
    Dann wandelte sich die Sonne zu einem funkelnd hellen Ring,
denn der Rand der dunklen Scheibe davor war ausgezackt, und das
Licht blitzte zwischen diesen Unregelmäßigkeiten
hervor. Die Scheibe war wohl der Mond, der sich zwischen Erde und
Sonne geschoben hatte und seinen Schatten auf die
Erdoberfläche warf. Bisesa konnte die Korona ausmachen, die
äußere Sonnenatmosphäre, die wie ein fiebriger
Kranz aus Licht die

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