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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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allen.«
    Eine junge Mutter, die Frau eines Soldaten, saß auf
einem niedrigen Schemel vor einem der Zelte, ihr Baby an der
Brust. Das Gesicht des Babys wirkte im schwachen Licht wie ein
blasser Mond. Die Mutter bemerkte, dass Bisesa sie ansah, und
lächelte.
    Eumenes sagte: »Die babylonischen Astronomen haben
entschieden, dass die Diskontinuität als Beginn eines neuen
Kalenders betrachtet werden soll, als neues Jahr – ja sogar
als Beginn eines ihrer gewaltigen Zyklen, ihrer
›Großen Jahre‹. An diesem Tag fing alles
frisch an, und die ersten Kinder, die auf Mir gezeugt wurden,
sind längst geboren. Sie existierten nicht in der jeweiligen
Welt, aus der wir kamen – das hätten sie auch nicht
können, denn ihre Eltern stammen häufig aus
verschiedenen Epochen. Doch ihre Vergangenheit ist nicht
entzwei gebrochen wie die unsere; sie existieren nur hier. Ich
frage mich, was aus ihnen wird, wenn sie erwachsen
sind.«
    Sie blickte ihm unverwandt ins Gesicht; seine braungebrannten
Züge lagen halb im Schatten des schwachen Lichtscheins.
»Ihr versteht so viel«, sagte sie.
    Er verzog den Mund zu einem entwaffnenden Grinsen.
»Casey sagt es ja immer: Wie alle alten Griechen bin ich
schwer auf Draht und deswegen auch ein arrogantes Arschloch. Habt
Ihr also etwas anderes erwartet?«
    Sie umarmten einander förmlich und gingen langsam
zurück in die Stadt.

 
{ 43 }
DAS AUGE DES MARDUK
     
     
    Als Bisesa am folgenden Morgen ins Heiligtum des Marduk trat,
wartete Abdikadir schon, während Casey mit dem Durchchecken
der Sensoren beschäftigt war. Sie waren ihretwegen da; ihr
Glaube an sie rührte Bisesa, und die Kompetenz, die die
beiden ausstrahlten, wirkte beruhigend.
    Wie immer schwebte das Auge gleichgültig über
ihnen.
    Josh war auch da. Während Bisesa ihren – oftmals
geflickten -Fliegeranzug anhatte, trug Josh einen zerknitterten
Flanellanzug, Hemd und – absurderweise – Krawatte.
Aber, dachte Bisesa, sie beide hatten ja wirklich keine Ahnung,
was sie heute noch erwartete – warum also nicht so gut
aussehen wie möglich.
    Aber sein Gesicht war weiß, und unter den Augen hatte er
dunkle Schatten. »In die Unendlichkeit mit einem brummenden
Schädel!«, sinnierte er. »Aber wenigstens
kann’s mir nicht noch schlechter gehen, was immer auch
geschehen mag…«
    Bisesa fühlte sich merkwürdig ungeduldig und
gereizt. »Machen wir weiter«, sagte sie.
»Hier.« Sie hielt ihm einen kleinen Rucksack hin.
    Josh sah ihn zweifelnd an. »Was ist da
drinnen?«
    »Wasser. Trockenrationen. Verbandzeug.
Medikamente.«
    »Du denkst, das werden wir brauchen? Bisesa, wir stehen
vor dem Eintritt ins Auge des Marduk, nicht vor einer
Wüstenwanderung!«
    »Sie hat schon Recht!«, schnauzte Abdikadir ihn
an. »Warum nicht soweit wie möglich auf alles
vorbereitet sein?« Er nahm den Rucksack und warf ihn Josh
zu. »Nimm ihn!«
    »Und wenn du die ganze Zeit meckerst«, sagte
Bisesa zu Josh, »dann lasse ich dich hier.«
    Seine vom Kater gequälten Gesichtszüge
kräuselten sich zu einem Lächeln. »Ich werde brav
sein.«
    Bisesa sah sich um. »Ich habe Eumenes und Grove
aufgetragen, alle Leute fern zu halten. Lieber wäre es mir
gewesen, die ganze verdammte Stadt zu evakuieren, aber ich nehme
an, das war nicht durchführbar… Haben wir irgendetwas
vergessen?« Sie hatte die Zähne geputzt, war auf der
Toilette gewesen – einfache menschliche Handlungen, aber
diesmal mit der Frage im Hinterkopf, wann und wo sie das
nächste Mal Zeit haben würde, für einfaches
körperliches Wohlbefinden zu sorgen. »Abdi, pass gut
auf mein Telefon auf.«
    »Das habe ich doch versprochen«, sagte er mit
sanfter Stimme. »Und – noch etwas.« Er hielt
ihr zwei Stück Papier hin, babylonisches Pergament,
ordentlich gefaltet und versiegelt. »Wenn es dir nichts
ausmacht…«
    »Von dir?«
    »Von mir und Casey. Falls es dir möglich
ist… und du unsere Familien findest…«
    Bisesa nahm die Briefe und steckte sie in die Innentasche
ihrer Jacke. »Ich sehe zu, dass sie sie kriegen.«
    Casey nickte. Dann rief er: »Es tut sich etwas!«
Er rückte seine Kopfhörer zurecht und tippte auf einen
elektromagnetischen Sensor, der aus dem Funkgerät des
abgestürzten Hubschraubers stammte. Er warf einen Blick
hinauf zum Auge und sagte: »Ich kann keine Veränderung
an dem Ding erkennen, aber das Signal wird stärker. Es
scheint, als würde dich jemand erwarten, Bisesa.«
    Sie griff nach

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