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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Stimme
zuzuhören, die versuchte, mit der Bodenstation Kontakt
aufzunehmen: »Stereo Eins… hier Stereo
Eins…«
    Sie hatten noch drei Stunden bis zum geplanten Beginn des
Abstiegs zur Erde, und die Besatzung der Sojus ging nun daran,
das Äußere der Raumstation zu inspizieren. Musa
startete ein Programm des Bordcomputers, und mithilfe ihrer
Steuerdüsen begann die Sojus eine Serie geradliniger
Sprünge, die sie rund um die Station führen sollten.
Jede kurze Raketenzündung klang, als würde jemand einen
Vorschlaghammer gegen die Hülle der Kapsel donnern lassen;
die Verbrennungsreste sprühten wie Kristalle in geometrisch
perfekten geraden Bahnen aus den kleinen Düsen, Erde und
Raumstation kreisten wie in einem langsamen Tanz um ihn herum,
aber Kolja hatte keine Zeit, den Anblick zu genießen; er
und Sable, die an den Fenstern saßen, fotografierten die
Station manuell, als Ergänzung zu den automatischen Kameras,
die an der Außenseite der Sojus angebracht waren. Da sie
beide dicke, zum Raumanzug gehörende Handschuhe trugen, war
dies eine schwierige Aufgabe.
    Jedes Flugmanöver brachte die Sojus ein Stück weiter
von der Raumstation weg. Schließlich brach der Funkkontakt
über die Richtantennen zusammen, und zum Abschied spielte
die Besatzung der Station ein bisschen Musik für sie. Als
der Straußwalzer blechern durch das Zischen und Krachen des
Hintergrundrauschens wirbelte, wurde Kolja neuerlich von ein
wenig nostalgischer Schwermut übermannt. Irgendwie war ihm
die Station ans Herz gewachsen. Er hatte gelernt, die sachten
Rotationen der großen Kiste zu erfühlen, die
Vibrationen, wenn die riesigen Solarzellenträger sich neu
ausrichteten, und das Rattern und Klappern des komplizierten
Belüftungssystems. Nach einem so langen Aufenthalt an Bord
hegte er mehr heimatliche Gefühle für die Raumstation
als für jedes Haus, in dem er je gewohnt hatte.
Schließlich und endlich: Welches Haus sorgte schon jede
Minute dafür, dass man am Leben blieb?
    Die Musik brach ab.
    Musa runzelte die Stirn. »Stereo Eins, hier ist Stereo
Eins. Bodenkontrolle, hier ist Stereo Eins, melden Sie sich, hier
ist Stereo Eins…«
    Sable sagte: »He, Kol, hast du die Station in Sicht? Sie
sollte längst auf meiner Seite sein.«
    »Nein«, antwortete Kolja und starrte aus dem
Fenster. Keine Spur von der Raumstation.
    »Vielleicht ist sie im Schatten«, sagte Sable.
    »Glaube ich nicht.« In Wirklichkeit war die Sojus
noch vor der Raumstation in den Erdschatten eingetreten.
»Dann würden wir zumindest die Lichter sehen.«
Er fühlte sich seltsam unbehaglich.
    »Würdet ihr beide den Mund halten!«, blaffte
Musa. »Wir kriegen kein Signal mehr vom Boden.« Er
drückte eine Reihe von Tasten auf seiner Schalttafel.
»Ich habe alles überprüft, auch die
Reservesysteme… Stereo Eins, Stereo
Eins…«
    Sable schloss die Augen. »Sagt bloß, ihr
Kartoffelbauern habt wieder Mist gebaut!«
    »Maul halten!«, knurrte Musa drohend und fuhr fort
mit seinen Versuchen, Kontakt aufzunehmen – wieder und
immer wieder, während Kolja und Sable schweigend
zuhörten.
    Die langsame Drehung der Raumkapsel erlaubte Kolja nun die
direkte Sicht auf das riesige Antlitz der Erde. Sie befanden sich
gerade über Indien, sah er, und in einem Sonnenuntergang;
die Schatten der Bergketten im Norden des Subkontinents waren
schon lang. Aber Kolja hatte den Eindruck von Veränderungen
auf der Erdoberfläche – von unruhigen Lichteffekten
wie beim Spiel von Sonnenstrahlen auf dem Grund eines bewegten
Sees.

 
{ 6 }
DIE BEGEGNUNG
     
     
    Zusammen mit der ersten Gruppe Soldaten trafen auch Josh und
Ruddy bei dem zu Boden gefallenen Flugapparat ein. Die Soldaten
hatten Gewehre in den Händen und umkreisten das Ding in
gebührendem Abstand mit aufgerissenen Augen und
Mündern. Keiner hatte je irgendetwas Ähnliches zu
Gesicht bekommen.
    Im Innern der großen Glasblase sah man drei Menschen:
zwei Männer auf Sitzen vorne und eine Frau dahinter. Sie
starrten eine Weile mit erhobenen Armen auf die Soldaten rundum.
Dann nahmen sie mit langsamen Bewegungen ihre hellblauen Helme
ab. Die Frau und einer der Männer schienen Inder zu sein,
der Dritte war weiß. Josh konnte deutlich sehen, wie
Letzterer vor Schmerzen das Gesicht verzog.
    Wenn man bedachte, wie hart er gelandet war – und dass
er offenbar leicht genug war, um überhaupt durch die Luft
fliegen zu können –, schien der Apparat

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